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Die dunkle Seite des Mondes

Die dunkle Seite des Mondes

Titel: Die dunkle Seite des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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Spitzkegelige Kahlköpfe, dreißig Stück. Blank pflückte alle. Er würde sie brauchen, sobald er einen Bläuling gefunden hatte.
    Er überquerte die Weide rasch und verschwand im Schutz des Waldes.
    Er erreichte die farnbewachsene Mulde von Nordwesten her. Sobald er von weitem das Tannendickicht erkennen konnte, setzte er das Fernglas an. Das Tännchen stand an der richtigen Stelle.
    Blank steckte das Fernglas zurück in die Hülle, die er am Gürtel trug. Vorsichtig setzte er Schritt vor Schritt auf den zerklüfteten, farnüberwachsenen letzten Metern bis zur Dichtung. Ein Geruch, der nicht hierher gehörte, ließ ihn stehenbleiben.
    Drei Monate im Wald hatten Blanks Sinne geschärft. Der Wind war günstig. Er hatte ihm die Witterung einer Brissago zugetragen.
    Langsam wandte er sich um und ging Schritt um Schritt den Weg zurück, den er gekommen war.
    Er hatte den Rand der Mulde schon beinahe erreicht, als eine Stimme »He!« rief.
    Blank ging weiter.
    »Halt!«
    Noch ein paar Meter bis zur Stelle, wo ihn eine Gruppe moosüberzogener Felsblöcke den Blicken entzog.
    Eine andere Stimme rief: »Stehenbleiben, Polizei!« Fast gleichzeitig begann ein Hund zu bellen.
    Blank ging jetzt rascher. Nach den Felsblöcken begann er auf allen vieren den Hang hinaufzuklettern.
    Er kam gut voran. Die Rufe wurden leiser. Aber das Bellen des Hundes schien näher zu kommen.
    Auf einem kleinen Absatz legte Blank den Rucksack ab. Mit seiner Taschensäge, einem aufgerollten, gezahnten Stück Drahtseil mit zwei Griffen, sägte er einen Ast von einer Fichte, entfernte das Laub und spitzte ihn mit dem Jagdmesser zu. Mit dieser Lanze stellte er sich an den Rand des Absatzes.
    Der Hund kam in Sichtweite. Es war ein deutscher Schäfer. Als er Blank sah, überschlug sich sein Bellen. Er hetzte mit hochgezogenen Lefzen die letzten steilen Meter zum Absatz hinauf. Blank erwartete ihn mit seinem Speer.
    Als die Schnauze des Schäferhundes beinahe Blanks Schuhspitze erreicht hatte, stieß er mit aller Kraft zu.
    Er hatte erwartet, daß das Bellen in ein Winseln übergehen würde. Aber es hörte augenblicklich auf. Der Speer war unter dem Brustbein eingedrungen und mußte das Herz getroffen haben.
    Das Tier rutschte mitsamt dem Speer ein paar Meter den Hang hinunter und verschwand im Streifenfarn, der aus einer Felsspalte wuchs. Blank wartete, bis er wieder zu Atem gekommen war, zog den Rucksack an und setzte den Aufstieg fort.
    Weit unten hörte er es pfeifen und »Pascha« rufen.
    Ein Zelt, eine Blache, Topfset, Kocher, Teller, Becher, Hose, Unterwäsche, Hemd, Wollmütze, Handschuhe, Seil, Karabinerhaken, Tierführer, Pflanzenführer, Survival-Lexikon, Pilzatlas, verschiedene Vorräte, darunter getrocknete Fleischstücke, Pilze, Salz, Pflanzenfett, Mehl, Zucker, eine Tafel Schokolade, ein Landjäger, vier Seifen, sowie verschiedene selbstgefertigte Gefäße und Gebrauchsgegenstände stellte die Kantonspolizei sicher.
    Fritz Fenner half den Beamten, die Fundgegenstände bis nach Rimmeln zu tragen, wo sie ihre Fahrzeuge abgestellt hatten. Der Gefreite Welti, der Hundeführer, blieb zurück. Er wollte warten, bis Pascha zurückkam.
    Ida von der Molkerei Rimmeln identifizierte Salz, Pflanzenfett, Mehl, Zucker, Streichhölzer, Batterien und Seifen als bei ihr gekauft und gab eine Beschreibung des Wanderers ab, die mit der von Fenner übereinstimmte.
    Unterdessen versammelten sich vor dem Laden ein paar Dorfbewohner. Fritz Fenner erzählte ihnen immer wieder, wie er das Versteck entdeckt und die Polizei informiert habe. Er habe gleich gewußt, daß der Mann ein Verbrecher sei.
    Als die Polizisten aus der Molkerei kamen, fragte Benziger: »Warum ist er euch entwischt?«
    Der älteste der Polizisten zeigte auf Fritz Fenner. »Weil der da ums Verrecken seine stinkige Brissago rauchen mußte.«
    Blank hatte seinen Rhythmus gefunden. Er ging wie ein Automat, immer Richtung Nordosten, meistens bergauf. Er hatte das Gebiet seiner Karte im Maßstab 1:25 000 längst verlassen und mußte sich mit der Landeskarte 1:500000 behelfen. Er wollte den Hügelzug, an dessen Flanke er die letzten Monate verbracht hatte, so rasch wie möglich verlassen. Dazu mußte er ihn überqueren. Laut Karte war er etwa vierzehnhundert Meter hoch. Es gab eine selten befahrene Paßstraße. Sobald er sie gefunden hatte, wollte er ihr im Schutz des Waldes folgen.
    Jede Stunde machte er kurz halt. Er trank einen Schluck Wasser. Mittags aß er ein wenig Schwarzbrot und Salami. Neben

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