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Die dunkle Seite des Mondes

Die dunkle Seite des Mondes

Titel: Die dunkle Seite des Mondes
Autoren: Martin Suter
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etwas Salz, Fett, Zucker, Pemmikan und einer Dose Sardinen war es der einzige Proviant, den er nicht im Lager zurückgelassen hatte.
    Am Nachmittag begegnete er den ersten Föhren. Immer öfter wurde der Wald durch große Lichtungen unterbrochen, die er auf beschwerlichen Umwegen umgehen mußte.
    Es fing schon an zu dämmern, als er einen Motor hörte. Kurze Zeit später lichtete sich der Wald. Blank hatte einen Felsgrat erreicht. Unter ihm lag die Paßstraße. Er faltete die Karte auf. Die Stelle, in der er das Rubliholz vermutete, lag eine gute Autostunde von hier. Mit etwas Glück konnte er sie in drei Tagen erreichen.
    Er baute eine Feuerstelle, die die Flammen verbarg, und entfachte ein kleines Feuer. Auf den warmen Steinen legte er die Spitzkegeligen Kahlköpfe, die er am Morgen unter der Wetterfichte gefunden hatte, zum Trocknen aus. Er richtete sich für die Nacht ein und wünschte, er hätte Wollmütze und Handschuhe dabei.
    Die Kantonspolizei nahm die Sache nicht sehr wichtig. Es war niemand ausgebrochen, es wurde niemand gesucht, der Mann hatte nichts verbrochen, und im Wald übernachten war nicht verboten.
    Der einzige, der die Sache nicht auf die leichte Schulter nahm, war der Polizeigefreite Welti, der Hundeführer, den man von der Stadtpolizei angefordert hatte. Er wartete, bis es dunkel wurde, auf Pascha und ging am nächsten Tag mit zwei Kollegen und ihren Schäferhunden zu dem versteckten Lager zurück. Die Hunde nahmen dort, wo das Zelt gestanden hatte, Witterung auf und fanden rasch die Fährte des Mannes. Keine Stunde später entdeckten sie den Felsspalt, in dem Pascha lag.
    »Dich krieg ich, du Schwein«, murmelte Welti, als sie den Kadaver mit Erde, Farn und Fichtenästen zudeckten. Die Kollegen klopften ihm auf die Schultern. Welti hatte Tränen in den Augen.
    Der Polizeigefreite Welti war es, der dafür sorgte, daß am Kochgeschirr und an den Büchern Fingerabdrücke gesichert wurden.
    Er war es auch, der im Pilzatlas die handschriftliche Randbemerkung »Pius Otts Scherzpilz!« fand.
    Pius Ott war den ganzen Tag mit einer seiner Dachsbracken auf Pirsch gewesen. Er war schon seit ein paar Wochen hinter einem Dreistangenbock her, der gut in seine Sammlung abnormer Trophäen gepaßt hätte.
    Er hatte sich bereits damit abgefunden, auch diesmal mit leeren Händen nach Hause zu kommen, und war schon auf dem Rückweg, als er ihn am Rand einer kleinen Lichtung sah. Der Wind war gut, der Bock hatte ihn nicht bemerkt. Er äste ruhig. Ganz deutlich waren seine drei Stangen auszumachen.
    Ott entsicherte seine Repetierbüchse und schlug an. Das Büchsenlicht war schwach, aber die Entfernung betrug nur etwa hundert Meter, und seine modernen Teilmantelpatronen entwickelten einen Gasdruck von gut dreitausend bar. Er war ein sicherer Schütze. Blattschüsse auf über zweihundert Meter Distanz waren bei ihm keine Seltenheit.
    Er sah den Bock im Zielfernrohr, suchte das Blatt, faßte den Druckpunkt und schoß.
    Der Bock brach wie vom Blitz getroffen zusammen. Ott stieß einen leisen Fluch aus. So reagierte Wild, das gekrellt war. Er mußte damit rechnen, daß er den Bock nur ganz oben an einem Dornfortsatz der Wirbelsäule getroffen und betäubt hatte. »Fuß«, befahl er seiner Bracke und ging langsam auf den Anschuß zu.
    Er hatte kaum die halbe Distanz zurückgelegt, als der Rehbock aufsprang. Ott war auf einen Fangschuß vorbereitet, aber das Tier war zu nahe an der Deckung. Bevor er zum Schuß kam, war es im Unterholz verschwunden. Diesmal stieß Ott einen lauten Fluch aus.
    Am Anschuß kniete er nieder und untersuchte den Boden. Er fand ein Haarbüschel mit etwas Haut. Aus der Farbe der Haare zu schließen, stammten sie vom Rücken. Tatsächlich: ein Krellschuß. Wie ein Anfänger.
    Ott brach einen Zweig von einer Tanne und markierte den Anschuß mit einem Bruchzeichen. Es war zu spät für eine Nachsuche. Er würde am nächsten Tag in der Frühe zurückkommen.
    In seinem Dodge Adventure Pickup auf der Fahrt nach Hause hörte er die Nachrichten ab, die ihm seine Sekretärin auf die Combox gesprochen hatte. Die einzige, die sein Interesse weckte, betraf einen Stadtpolizisten namens Welti, der um einen Rückruf bat. Ott stellte die Nummer ein.
    Es ging um eine handschriftliche Notiz mit seinem Namen. In einem Pilzatlas, der unter seltsamen Umständen gefunden worden war. Der Polizist bat ihn, sie sich anzuschauen. Vielleicht konnte er die Handschrift identifizieren.
    »Eilt das, Herr Welti?« fragte
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