Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)
und
Kinovorführungen, Kirchweihen und sonstigen Events zu verschaffen und mir
aufzuschreiben, wann ich wohin will, damit ich im Nachhinein nicht feststellen
muss, dass ich etwas verpasst habe, was ich unbedingt sehen wollte.«
»Das klingt ja so, als würde
mächtiger Freizeitstress auf uns zukommen.« Hackenholt grinste und fuhr Sophie
liebevoll durchs Haar, um ihr zu zeigen, dass er sie nur ein bisschen ärgern
wollte.
»Das sagst du nur, weil du
Ignorant bisher die schönsten kulturellen Seiten des Nürnberger Sommers links
liegen gelassen hast. Klassik Open Air. Bardentreffen. Brückenfestival.« Bei
jeder einzelnen Veranstaltung schnaufte Sophie theatralisch.
»SommerNachtFilmFestival. Rittertreffen. Poetenfest. Okay, Letzteres findet in
Erlangen statt, aber trotzdem! Nirgendwo bist du bisher hingegangen.«
»He! Wenn ich mich richtig
erinnere, waren wir die letzten Monate ständig unterwegs. Blaue Nacht. Rock im
Park. Fürth Festival. Stadtverführungen. Internationales
Figurentheaterfestival. Hab ich etwas vergessen?«
Sophie wurde rot. »Du hattest ja
auch jede Menge nachzuholen«, sagte sie dann grinsend. »Nächstes Wochenende
steht jedenfalls das Klassik Open Air im Luitpoldhain auf dem Programm. Da
warst du doch auch noch nie, oder?«
»Nein«, gab Hackenholt zu. »Sind
da nicht immer so schrecklich viele Menschen?«
»Aber genau die machen doch
gerade die Atmosphäre aus. Sich alleine auf eine Picknickdecke setzen, das kann
schließlich jeder. Aber zusammen mit fünfzigtausend Gleichgesinnten und toller
Musik ist das ein riesiges Ereignis. Außerdem zelebrieren das manche so richtig
stilvoll mit Tisch, Tischdecke, Porzellan und Kandelabern. Alleine all die
Leute zu beobachten ist schon eine Riesengaudi. Ich gehe jedenfalls am
Sonntagabend hin. Elke kommt mit ein paar Freundinnen mit, und Susanne hat auch
gefragt, ob ich vorbeischaue. Du kannst es dir ja noch überlegen. Aber jetzt
sei so lieb und schmeiß den Grill an, sonst bekommst du heute Abend keine
Bratwürste zum Kartoffelsalat.«
Hackenholt strahlte, denn frisch
gegrillte Nürnbergerle waren seine Leibspeise. In der Hitliste seiner
Lieblingsgerichte rangierten sie sogar noch vor Schäufele – allerdings nur in
der klassischen Variante der »Drei im Weggla« und nicht als »Nürnburger« im
Fastfood-Restaurant.
Dienstag
Am Morgen beschlossen
Hackenholt und Wünnenberg, das schöne Wetter zu genießen und zumindest auf dem
Hinweg nicht über die Autobahn nach Neumarkt zu jagen. Vielmehr fuhren sie nach
Diepersdorf und folgten dann der Staatsstraße 2240, die sie über Altdorf nach
Neumarkt führte. Wieder einmal bedauerte es Wünnenberg zutiefst, dass sich das
Polizeipräsidium Mittelfranken hartnäckig dagegen sträubte, Cabriolets als
Dienstwagen anzuschaffen. Dabei war das nicht immer so gewesen. Stellfeldt
hatte ihm vor einiger Zeit an einem Freitagnachmittag ein paar uralte Fotos
gezeigt, darunter auch eins, auf dem der Hof der Lenau-Wache zu sehen war –
voller VW -Käfer mit
heruntergeklapptem Verdeck.
Heinrich Grubers Schwägerin
hatte Hackenholt am Vortag ihre Adresse gegeben. Sie und ihre Tochter wohnten
in einer Neubausiedlung im Stadtteil Holzheim, im Norden von Neumarkt. Mit
Hilfe von Wünnenbergs privatem Navigationsgerät – denn auch an diesem Punkt
musste die Polizei sparen und konnte sich keine serienmäßigen Einbauten leisten
– fanden die beiden Beamten die Straße problemlos. Das gesuchte Haus stand als
letztes in einer Reihe von fünf Häusern an einer Ecke. Am Ende des Gartens
führte der Radweg direkt am Alten Kanal entlang. Trotz der nahe gelegenen
Staatsstraße war es hier herrlich ruhig.
»Gumoang«, begrüßte sie eine
Frau Mitte zwanzig in breitestem Oberpfälzisch. »Sans äbba foo da Boolidsei?«
Hackenholt nickte und zeigte
seinen Dienstausweis.
»Kumma’s doch eina, bittschee.«
Sie führte sie ins Esszimmer. »Setz’ns Sa se. Ich rouf nu grod d’Mudda.«
Die Beamten nahmen auf der
rustikalen Eckbank Platz.
»Mieng’s woos z’drinka?«
Hackenholt schüttelte den Kopf, doch Wünnenberg bat um einen Kaffee,
wenn es keine Umstände mache. Die junge Frau winkte ab und verschwand lachend
in der Küche.
»Kannst du die Befragung übernehmen?« Hackenholt sah seinen Kollegen
flehentlich an. »Ich bin mir echt nicht sicher, ob ich alles verstehe. Ich habe
ja so schon mit Saskias fränkischem Dialekt meine Schwierigkeiten, obwohl ich
jeden Tag mit ihr rede, aber das hier ist ein ganz anderes
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