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Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)

Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)

Titel: Die dunkle Seite des Sommers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Mohr
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Ende der Schlange, dann stiegen sie aus
und gingen zu dem uniformierten Kollegen, der neben dem ersten Streifenwagen stand
und eifrig in sein Notizbuch schrieb.
    »Was gibt es denn?«, fragte
Hackenholt.
    Der Kollege nickte ihm zur
Begrüßung zu. »Wir wurden von dem Klempner gerufen, weil aus der
Souterrainwohnung Verwesungsgeruch gedrungen ist. Angeblich soll die Mieterin
verreist sein, aber das überprüfe ich gerade. Jedenfalls waren alle Rollläden
heruntergelassen, sodass man von außen nichts sehen konnte. Also haben wir bei
der WBG angerufen und den
Verwalter gebeten, jemanden mit dem Schlüssel vorbeizuschicken. Die haben gleich
drüben, nur knappe hundert Meter von hier entfernt, in der Rothenburger Straße
eine Zweigstelle. Es hat also nicht länger gedauert, als wenn wir die Feuerwehr
gerufen hätten. Die brauchen ja auch immer eine Weile, bis sie das Schloss
knacken. Als wir in die Wohnung hinein sind, hat es tatsächlich fürchterlich
gestunken. Am liebsten hätten wir sämtliche Fenster aufgerissen, aber das haben
wir dann doch bleiben lassen. Da drin sieht es zwar total seltsam aus, aber
eine Leiche konnten wir nicht finden, obwohl wir überall nachgesehen haben: im
Klo, im Bad, sogar in den Bettkästen. Nichts. Auch kein alter verfaulter Müll
in der Küche, der für den Gestank verantwortlich sein könnte.«
    Wünnenberg runzelte die Stirn.
    »Ihr werdet schon selbst sehen.
Uns kam das jedenfalls ziemlich spanisch vor, deswegen haben wir lieber den
Dauerdienst und die Spurensicherung gerufen, damit die sich das alles mal
anschauen.«
    Hackenholt nickte und wandte
sich der Wohnanlage zu. Eine lange Häuserreihe, die im rechten Winkel zur Straße
stand. Ein heruntergekommenes Mehrfamilienhaus ging nahtlos in das nächste
über. Insgesamt waren es drei Gebäude. In den meisten Wohnungen standen die
Fenster offen. Musik dröhnte aus dem einen und lag im Wettstreit mit einem
schreienden Baby aus dem nächsten, das wiederum von streitenden Stimmen aus
einem anderen übertönt zu werden drohte. An manchen Fenstern hingen Fahnen
anstelle von Vorhängen – ganz wie zu WM -Zeiten
–, und monströse Satellitenschüsseln verunstalteten die Fassade. Neben dem
Fußweg, der die Beamten an dieser Pracht vorbei zum hintersten Haus führte,
erstreckte sich eine Rasenfläche, die in der sommerlichen Wärme verdorrt war
und braun aussah. Darauf verteilt standen mehrere alte Sofas, anscheinend vom
Sperrmüll, auf denen Männer jeden Alters saßen. Manche unterhielten sich, ein
paar beschäftigten sich mit Brettspielen, andere rauchten schweigend. Eins war
ihnen jedoch allen gemein: Sie beobachteten die Beamten mit unverhohlenem,
allergrößtem Misstrauen.
    »Reizende Gegend hier«, brummte
Wünnenberg.
    Vor dem letzten Haus drängten
sich Kinder, die eine Streifenbeamtin in Schach zu halten versuchte, indem sie
breitbeinig den Zugang zur Kellertreppe versperrte und nur Hackenholt und
Wünnenberg vorbeiließ. Schon auf dem Treppenabsatz stieg Hackenholt der
typische Verwesungsgeruch in die Nase, der sich mit jedem Schritt
intensivierte. Vor der Wohnungstür im Souterrain blieben sie stehen und
drückten auf die Klingel. Mur kam heraus und brachte ihnen Schutzanzüge. Mit
Argusaugen beobachtete sie die Kollegen, während die hineinschlüpften und sich
die Kapuzen über die Haare zogen, dann gab sie ihnen noch Handschuhe und
Überzieher für die Füße. Ausstaffiert wie für eine Mondbegehung betraten sie
schließlich einen schmalen Gang. Links führte eine Tür zur Toilette, rechts
eine zum Bad, und geradeaus kamen sie in einen großen Raum, der offensichtlich
Wohn- und Schlafraum in einem war. Dahinter ging es durch eine weitere Tür in
die Küche.
    Der Wohnraum sah aus, als ob
eine Bombe eingeschlagen hätte. Ein zerfetztes dunkelgraues Etwas war über den
Boden verteilt worden. Es dauerte lange, bis Hackenholt erkannte, dass es sich
dabei um die Stücke einer zersägten Mülltonne handelte. Überall lagen
Betonbrocken jeglicher Form und Größe herum. In der Ecke lehnte eine sehr große
Yucca-Palme ohne Blumentopf schräg an der Wand. Der Boden war mit grobkörnigem
Staub und der Pflanzenerde bedeckt. Leere Zementsäcke stapelten sich in einer
Ecke. Ein Stuhl mit abgebrochenen Beinen lag umgekippt unter dem Tisch, darüber
hingen ein zusammengeknülltes Handtuch und eine total verschmutzte
Baseballkappe. Einen krassen Gegensatz dazu bildeten die auf dem Boden
verstreuten Werkzeuge. Hammer, Säge, Meißel. Alles sah

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