Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)
Glas Sekt oder Champagner mit
ihnen an. Park, Picknick und Musik verschmolzen zu einer untrennbaren Einheit.
»Goudn Morng.« Saskia Baumann
stand gähnend in der Verbindungstür zwischen ihrem und Hackenholts Büro. »Schäi
wors gesdern, gell? Bsonders des Baroggfeierwerch. Dodaal glasse!«
Hackenholt lächelte sie an und
nickte. »Ja, es war wirklich sehr schön. Da habe ich die letzten Jahre so
einiges verpasst.«
»Was hast du die letzten Jahre
verpasst?«, fragte Stellfeldt, der gerade zur Tür reinkam.
»Nicht so wichtig«, erstickte
Hackenholt schnell den Smalltalk. »Sag du uns lieber, ob wir in den
Schrebergärten etwas verpasst haben.«
Stellfeldt wiegte den Kopf hin
und her. »Nicht direkt verpasst, aber ich erzähl euch alles gleich in der
Morgenbesprechung.«
Pünktlich um halb neun saßen
alle Beamten um den großen runden Besprechungstisch. Als Wünnenberg den ersten
Kaffee des Tages ausschenkte, stürmte Christine Mur ins Zimmer und schmiss den
mitgebrachten Packen Papier schwungvoll auf den Tisch, sodass die obersten
Blätter über die glatte Oberfläche rutschten und fast auf den Boden gesegelt
wären. Ohne innezuhalten, langte sie, Wünnenbergs Proteste ignorierend, nach
seinem Humpen Kaffee und nahm sich ein Stück Kuchen von der Platte.
»Hmmm, lecker«, schmatzte sie
mit vollem Mund. »Ist der von Sophie?«
Hackenholt nickte.
»Schade, dass ich euch gestern Abend nicht getroffen habe, dem
Kuchen nach zu urteilen gab es bei euch einen richtigen Festschmaus.«
»Ab hundertfünfzig Gramm wird’s undeutlich«, murmelte Wünnenberg,
während er sich eine neue Tasse heranzog und Kaffee eingoss.
Mur verdrehte die Augen, kaute, schluckte, trank einen Schluck
Kaffee und war mit einem Mal wieder zu verstehen. »Ist ja gut, Ralph, du bist
doch nur neidisch, weil wir Frauen multitaskingfähig sind. Außerdem bin ich in
Eile, ich habe volles Programm und muss gleich wieder los.«
»Dann lass uns doch einfach zur
Sache kommen«, schlug Hackenholt vor. »Was hast du uns da mitgebracht?« Er wies
auf die Papiere, die Mur mittlerweile wieder eingesammelt und zu einem
ordentlichen Stapel vor sich aufgetürmt hatte.
»Das sind die Ergebnisse der DNA -Analyse. Um es kurz zu machen und
euch nicht unnötig auf die Folter zu spannen: Heinrich Gruber wurde im
Gartenhaus mit der Stange bewusstlos geschlagen, das beweisen die Blutspuren.
Allerdings wahrscheinlich nicht von Jonas – die Hautpartikel, die wir an ihr
gefunden haben, stammen zumindest nicht von ihm. Im Klartext heißt das:
Entweder hat jemand anderes den Obdachlosen geschlagen, oder Jonas hat
Handschuhe getragen, und die Hautpartikel sind von demjenigen, der die Stange
davor verwendet hat.« Mur wischte sich die Finger an ihrer Hose ab und schob
dann die Ausdrucke zu Hackenholt hinüber. »In der Hütte und auf den
Chemikalienbehältern haben wir unzählige Fingerspuren gefunden, manche
verwischt, manche nur als Teilabdrücke. Selbst wenn wir die uns bisher
bekannten Abdrücke von Jonas, seinem Vater, Großvater und auch die von Heinrich
Gruber abziehen, sind es immer noch unzählige, die wir nicht zuordnen können.
Ich denke aber, es ist sicher zu sagen, dass außer Jonas noch mindestens drei
weitere Personen die Verpackungen erst unlängst in der Hand hatten.« Sie trank
ihre Tasse Kaffee aus und stellte den Humpen vor Wünnenberg ab. »Eine leckere Mischung!
Man könnte meinen, einen Hauch Kakao herauszuschmecken. Vielleicht solltest du
die Tasse mal mit Spülmittel abwaschen und nicht immer nur mit kaltem Wasser
ausschwenken?« Damit erhob sie sich. »Ich bin dann mal weg – aber keine Sorge,
mein Ziel ist nicht der Jakobsweg, sondern nur die Kollwitzstraße.«
Die zurückbleibende Runde schien
tief durchzuatmen, sobald sich die Tür hinter Mur schloss, allerdings machte
niemand eine diesbezügliche Bemerkung.
Nach einem Moment des Schweigens
ergriff Stellfeldt das Wort. »Ich war ja nun die letzten beiden Tage in den
Schrebergärten unterwegs.« Während er das sagte, betastete er behutsam seine
Glatze. Hackenholt bemerkte, dass sich der Sonnenbrand weiter verschlimmert
hatte. »Es will niemand etwas bemerkt haben, bis auf einen Nachbarn. Dem Mann
gehört der Garten, der an die Stirnseite des Petzold’schen Grundstücks
angrenzt. Er hat Jonas immer wieder mal gesehen. Einmal kam er ihm in
Begleitung eines Mädchens entgegen, als er mit dem Auto nach Hause fuhr. Beide
Jugendlichen schleppten eine große Sporttasche und etwas, das nach
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