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Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Titel: Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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blickte dabei nicht in die Linsen der Kameras, wie die Leute es normalerweise tun, wenn sie an Millionen Fernsehzuschauer appellieren. Er sprach zu zwei Frauen, die ein Stück von ihm entfernt standen. Eine von ihnen weinte. Überraschenderweise schauten beide Frauen zwar in seine Richtung, ihn aber nicht an. Ihr Blick galt einem Mann, der sich ein wenig abseits hielt und offenbar nicht gesehen werden wollte. Der Mann machte mich neugierig. Auf dem Video 2, das vom Fernsehen ausgestrahlt wurde, sieht man weder die beiden Frauen noch diesen Mann, der sich später im allgemeinen Trubel zurückzog. Ich habe ihm nachgeblickt und gesehen, dass er in einen dunkelblauen Ford Sierra stieg. Ich weiß nicht warum, aber ich rannte zu meinem wie üblich falsch geparkten Wagen und folgte dem geheimnisvollen Herrn bis nach Paris. Und das war auch gut so. Damit begann alles. Ich habe alle Hebel in Bewegung gesetzt, um seinen Namen zu erfahren und herauszufinden, wo er arbeitete und wer er war. Und Freunde, was soll ich sagen? Ich wurde nicht enttäuscht. Dabei habe ich noch nicht einmal meine Kontakte im Polizeimilieu spielen lassen. Ich hatte einfach den richtigen Riecher.
    Den Abmarsch der beiden Frauen, darunter die Heulsuse, habe ich natürlich verpasst. Aber das spielt keine Rolle, weil ich die Kopie eines wenige Sekunden dauernden Videos in die Hände bekam (Video 3), auf dem sie alle beide zu sehen sind. Die eine konnte ich relativ schnell identifizieren. Es handelt sich um die Mutter Viviane Brial – es ist die Frau, die nicht weint (merkwürdig, oder?). Aber ich fand auch heraus, wer die andere war. Auf einem Fernsehclip, der außerhalb des Gerichtssaals gedreht worden war, sah ich die zweite Frau in ein Taxi steigen. Ich habe einen Kumpel vom Nachrichtendienst der Polizei angerufen und mir die Nummer heraussuchen lassen. Ein Taxi ist neutral, im Gegensatz zu einem Wagen, der jemandem gehört. Einen Anruf später hatte ich in Erfahrung gebracht, dass das Taxi die Dame in einem kleinen Dorf im Département Seine-et-Marne abgesetzt hatte. Diese Frau, die so herzzerreißend geweint hatte und aussah, als schaue sie gerne einmal tiefer ins Glas, machte mich neugierig. Am nächsten Tag war ich in diesem Dorf. Der Taxifahrer hatte mir die Adresse gegeben. (Es ist schon merkwürdig, wozu sich Männer hinreißen lassen, wenn eine Frau sie mit verführerischer Stimme etwas fragt. Sie würden sogar die PIN-Nummer ihrer Bankkarte preisgeben.) Am Briefkasten stand ›Odile Brial‹. Auf dem Heimweg war ich sehr nachdenklich.
    In dieser Affäre gibt es einen Haufen verfilzter Stränge. Es hat mich fünf Monate gekostet, sie zu entwirren. Als Nächstes werde ich zu den Dreharbeiten übergehen. Zuerst mit versteckter Kamera. Aber das wird dann wirklich wehtun.«
    Während Calderone die Niederschrift der Dimitrova vorlas, hatte Dalmate leise das Büro betreten. Calderone blickte ihn fragend an.
    »Was sind das für verfilzte Stränge?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe die Videos gesehen und das Dokument gelesen.«
    »Gab es noch andere Dinge in dieser Datei?«
    »Ja. Fotos.«
    Dalmate öffnete einen Ordner und entnahm ihm ungefähr zehn Fotos in Schwarz-Weiß und Farbe.
    »Ich habe sie digitalisieren lassen, damit man mehr erkennt.«
    Dalmate breitete die Fotos auf dem Konferenztisch in Mistrals Büro aus. Mistral bat die anderen aus dem Team dazu. Zu sechst beugten sie sich über die Bilder und studierten sie aufmerksam. Dalmate wies mit dem Finger auf einige Einzelheiten.
    »Diese hier zeigen Jean-Pierre Brial. Sie stammen von seinem Führerschein und seinem Personalausweis.«
    »Wo hatte sie die denn her? Immerhin handelt es sich um persönliche Dokumente.«
    »Sie war mit allen Wassern gewaschen und kannte Gott und die Welt in meiner früheren Dienststelle«, antwortete Dalmate. »Aber darum geht es gar nicht.«
    »Er sieht überhaupt nicht aus wie der Mann, den die Polizei festgenommen hat«, stellte Calderone nachdenklich fest.
    »Genau darüber habe ich auch nachgedacht«, nickte Dalmate. »Ich glaube schon, dass er es ist. Allerdings mit einem anderen Haarschnitt, ein paar Jahre jünger und vor allem schlanker als jetzt.«
    »Und wer ist der andere Kerl, den man nur von hinten oder von der Seite sieht und der immer auf Abstand bleibt?«, wollte Mistral wissen.
    »Meines Erachtens sind das genau die verfilzten Stränge, von denen Dimitrova spricht«, erwiderte Dalmate. »Unsere Experten haben sich zwar bemüht, die Abzüge zu

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