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Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Titel: Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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dem Türblatt haben und nicht etwa nur einen Teil davon. Die DNA-Proben, die ich bekommen habe, stammen von dem kompletten Abdruck und von allen drei Türen. Sie enthalten ausreichend unbeschädigtes Material, um ein Profil zu erstellen. Ihre These wäre nur dann haltbar, wenn jemand dem Gefangenen ein Ohr abgeschnitten und es an die Türen gepresst hätte.«
    »Und was bedeutet das?«
    »Dass irgendwer die gleiche DNA hat.«
    »Aber nach Ihren Angaben ist das so gut wie unmöglich.«
    »Ich habe hier übrigens auch noch die Resultate der Spurensicherung bei Monsieur Léonce Legendre.«
    Der süffisante Tonfall, den der Biologe anschlug, gefiel Mistral ganz und gar nicht. Außerdem ärgerte er sich, dass der Mann das Gespräch nach eigenem Gutdünken lenkte und nicht auf seine Fragen einging. Dalmate und Sainte-Rose wechselten einen Blick im Rückspiegel.
    »In der Küche wurden Blutspuren gefunden, die jemand mit einem Reinigungsmittel zu entfernen versucht hat. Es waren zwar nur ein paar Tropfen, aber sie genügten für ein DNA-Profil.«
    »Sie werden mir jetzt sicher mitteilen, dass es die gleiche DNA ist wie die der Ohrabdrücke, was uns wieder zu unserem Verdächtigen in Pontoise bringt – richtig?«
    »Ja, Sie haben recht. Sind Sie gar nicht überrascht?«
    »Kaum noch. Haben Sie eine Erklärung dafür?«
    Mistral verbarg seinen erwachenden Enthusiasmus. Auf keinen Fall wollte er dem Laborchef einen Grund zur Genugtuung geben.
    »Natürlich«, erwiderte der Biologe ruhig. »Es gibt nur eine Möglichkeit, dass zwei Menschen die gleiche DNA besitzen – nämlich wenn es sich um eineiige Zwillinge handelt. Sie allein haben identisches Erbgut, stellen aber lediglich 0,04 Prozent aller Geburten dar.«
    »Letzte Frage: Haben eineiige Zwillinge auch die gleichen Fingerabdrücke?«
    »Nein. Die Papillarleisten bilden sich abhängig von den Bewegungen des Fötus im Fruchtwasser und sind damit von Individuum zu Individuum verschieden. Befriedigt Sie meine Antwort?«
    »Vom wissenschaftlichen Standpunkt gesehen habe ich keine andere Möglichkeit, als Ihnen zu glauben, aber als Polizist werde ich den Gegenbeweis antreten müssen. Der Mann, der in Pontoise einsitzt, ist ein Einzelkind. Er hat weder Bruder noch Schwester.«
    »Mir ist die Definition für Einzelkinder durchaus bekannt, vielen Dank.«
    Die beiden Männer legten gleichzeitig auf.
    Mistral rieb sich die Hände.
    »Das ändert ja alles!«, strahlte er seine Kollegen an.
    Dann wählte er die Nummer des Untersuchungsrichters Tarnos und berichtete ihm von den neuesten Erkenntnissen.
    »Ich rufe sofort im Gefängnis an und frage, wie weit sie mit der Entlassung sind«, sagte der Richter erregt.
    Eine Viertelstunde früher hatte Jean-Pierre Brial die Haftaufhebung unterzeichnet und nahm sein Eigentum an sich. Seine wenigen Habseligkeiten, darunter die Hefte, befanden sich einer Reisetasche aus Plastik. Langsam ging er von einem Wärter begleitet durch die einzelnen Höfe. Als sich das Gefängnistor öffnete, trat er hinaus, ohne sich umzusehen. Sein Anwalt erwartete ihn in einem Taxi. Ein Zivilfahrzeug der Polizei folgte dem Taxi in einigen Hundert Metern Abstand.
    Mistral informierte Calderone über die Resultate der DNA-Analyse, die mit dem Material von den Türen der drei Opfer erstellt worden war, und die neuen Schlussfolgerungen, die sich daraus ergaben.
    Tarnos’ Rückruf erreichte Mistral, als der Peugeot 406 langsam in das Dorf einbog. Der Richter teilte Mistral mit, dass Jean-Pierre Brial das Gefängnis bereits verlassen hatte. Dalmate lenkte den Wagen vor Odile Brials Haus.
    »Mann, du hast ja wirklich einen Straßenatlas im Kopf«, rief Ingrid Sainte-Rose bewundernd. »Hast du die Route vorher ausgearbeitet?«
    »Ja, und es war nicht einmal schwierig.«
    Mistral sagte nichts dazu. Mehrmals klingelte er an der Tür. Im Haus rührte sich nichts. Eine leichte Unruhe erfasste ihn.
    »Paul, Ingrid und ich gehen rüber zu diesem Haus dort auf der anderen Straßenseite, dessen Fenster offenstehen. Sie erkundigen sich im Dorf. Vielleicht hat jemand im Dorfladen oder auf dem Platz sie heute Morgen schon gesehen.
    Mistral hatte noch kaum geklingelt, als schon ein alter Mann eifrig die Tür öffnete. Trotz der Hitze trug er eine Wollkappe und ein Winterhemd.
    »Sind Sie von der Polizei? Wirklich? Ich habe gesehen, wie Sie bei der Frem ... bei Madame Brial geläutet haben. Was hat sie denn getan?«
    Innerhalb weniger Sekunden wurde Mistral klar, wie viel Feindschaft

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