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Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Titel: Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Familienstammbuch in einer durchsichtigen Plastikhülle. Sie öffnete es vor Odile Brials Augen und las darin.
    »Sie haben ein Kind, Vater unbekannt. Der Junge wurde 1965 geboren und trägt den Namen François. Was ist aus ihm geworden?«
    »Keine Ahnung.«
    »Vater unbekannt? Wie ist das möglich?«, fragte Dalmate.
    »Ihre Fragen nerven. Warum sind Sie überhaupt hier? Sie haben es mir noch immer nicht gesagt.«
    »Wegen mehrerer Mordfälle. Mindestens drei, vielleicht mehr«, sagte Mistral, der immer noch an der Türfüllung lehnte.
    »Ich habe nie im Leben jemanden umgebracht.«
    »Wir würden gern Ihren Sohn sprechen.«
    »Ich habe ihn seit Ewigkeiten nicht gesehen und weiß nicht, wo er sich herumtreibt.«
    »Und wie halten Sie Kontakt mit ihm?«
    »Wir haben keinen Kontakt.«
    »Ruft er manchmal an?«
    »Nie.«
    »Arbeitet er?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Sie wissen nicht sehr viel.«
    Odile Brial bemühte sich, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Ihre Antworten fielen bockig aus. Sie zündete eine Zigarette nach der anderen an und hatte Mühe, das Zittern ihrer Hände zu unterdrücken. Wahrscheinlich hätte ein Glas Cognac ihr jetzt gut getan.
    In der anderen Kommodenschublade fand Ingrid Sainte-Rose ein Fotoalbum, das in ein Tuch gewickelt war.
    Odile Brial regte sich so sehr auf, dass sie einen Hustenanfall bekam.
    »Sie haben kein Recht, diese Dinge anzugrapschen. Das gehört mir, nicht meinem Sohn! Schließlich suchen Sie ihn und nicht meine Sachen.«
    Ingrid reichte das Album Mistral, der darin herumblätterte. Es enthielt etwa hundert Farbfotos. Alle zeigten das gleiche Kind in unterschiedlichem Alter, von etwa sechs Monaten bis ungefähr zum fünfzehnten Lebensjahr, und alle waren draußen aufgenommen. Sie endeten mit dem Jahr 1980.
    »Wer ist das?«
    »Derselbe wie auf dem Foto über meinem Bett. Mein Sohn François. Aber was geht Sie das an? Sagen Sie es mir! Was suchen Sie? Ich habe es immer noch nicht verstanden!«
    Mistral antwortete nicht, was die Frau rasend machte.
    »Warum gibt es nach 1980 keine Fotos mehr?«
    »Weil er es als Heranwachsender ablehnte, sich fotografieren zu lassen. Warum dies, warum das? Sie machen einfach weiter, ohne den Leuten Antworten zu geben. Ich mag das nicht. Sie nerven!«
    Mistral ließ sich nicht aus der Ruhe bringen . Die Dame regt sich auf, weil ich mir dieses Album ansehe , dachte er. Dafür muss es einen Grund geben .
    Eine halbe Stunde später war die Hausdurchsuchung beendet. Odile Brial packte einige persönliche Dinge in eine Tasche. Mistral nahm das gerahmte Foto von der Wand und beschlagnahmte es ebenso wie das Fotoalbum und das blutbefleckte Taschentuch.
    »Nehmen Sie das etwa alles mit?«
    Wieder bekam Odile Brial keine Antwort. Ihre Unruhe wuchs.
    Man legte ihr Handschellen an und setzte sie neben Paul Dalmate in den Fond des Wagens. Sie schloss die Augen. Mistral dachte nach, Ingrid Sainte-Rose fuhr.
    Während der Fahrt wurde kaum ein Wort gesprochen. Die Scheiben waren ein Stück heruntergekurbelt, um frische Luft ins Auto zu lassen, die Klimaanlage arbeitete auf vollen Touren. Mistral telefonierte ein paarmal mit Calderone, äußerte sich aber dabei so knapp, dass nur Dalmate und Sainte-Rose begriffen, worum es ging.
    Im Präsidium sorgte man dafür, dass die beiden Frauen nicht erfuhren, dass sie beide in Gewahrsam waren. Das Thema der Verhöre, die nun bald beginnen würden, war zu wichtig. Bernard Balmes spürte die Anspannung vor dem großen Augenblick und gesellte sich zu den beiden Teams. Mistral und Calderone überprüften rasch die bei den beiden Schwestern sichergestellten Dokumente, um die Linie der Gesprächsführung festzulegen.
    »Wie war es bei Viviane Brial?«
    »Nicht gerade angenehm. Sie lamentierte, weil man sie ausgerechnet am Tag der Freilassung ihres Sohnes festgenommen hat.«
    »Kann ich mir denken. Wie sieht es bei ihr daheim aus?«
    »Ihr Haus ist nicht sehr groß, sauber und ordentlich.«
    Mistral blätterte im Familienstammbuch von Viviane Brial.
    »Ihr Sohn Jean-Pierre, Vater unbekannt, ist nur drei Wochen nach dem Sohn ihrer Schwester geboren. Haben Sie sie dazu befragt?«
    »Ja, und sie hat mich ganz schön abblitzen lassen«, antwortete Calderone grinsend. »Außerdem ist sie stinkwütend geworden, als ich dieses Fotoalbum mitgenommen habe.«
    Mistral öffnete das Album von Viviane und legte es neben das von Odile.
    Die beiden Alben waren absolut identisch. Die gleichen Fotos von dem kleinen Jungen waren

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