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Die dunklen Engel (German Edition)

Die dunklen Engel (German Edition)

Titel: Die dunklen Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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Buchenwald. Sein Pferd harnte auf den Weg, und das Plätschern drang zwischen den Bäumen hindurch bis in ihr Versteck.
    Sie kauerte sich zu einem winzigen Ball zusammen, so wie als Kind, wenn Toby sie gejagt hatte. Sie erinnerte sich an die köstliche Angst dieses Spiels. Damals war ihr der Wald viel größer vorgekommen, viel beängstigender, wozu Tobys Geschichten über Hexenmeister und Kobolde und mädchenfressende Unholde das Ihre beigetragen hatten. Diese kindischen Geschichten wurden jetzt wahr.
    Wieder hörte sie die Hunde, die zur Musik der Jagd bellten, und sie erkannte, dass die Jagdhunde des Schlosses losgelassen worden waren. Sie lächelte. Dachten sie wirklich, die Jagdhunde würden ihr etwas zuleide tun?
    Wie lange sie wohl brauchen würden, um Sconce Hill abzusuchen? Sobald sie merkten, dass sie dort nicht war, würden sie in diesen Teil des Waldes kommen, und sie wusste, voller Angst, dass sie weiterlaufen musste. Doch jeder Schritt würde sie weiter von Lazen fortbringen, weiter weg von der Zuflucht, die sie in dieser Nacht brauchte.
    Zwei Jagdhunde stürmten mit wedelndem Schwanz auf den Weg unter ihr, und der Mann brüllte sie an, wieder im Unterholz zu verschwinden. Er hatte eine Peitsche dabei, die er jetzt knallen ließ, dann brüllte er wieder, und Campion nutzte den Lärm, den er machte, um ihr Farnversteck zu verlassen und weiter nach Westen zu laufen.
    Hier öffnete sich der Wald zu einem riesigen, von Reitwegen durchzogenen Gebiet, einem Dschungel aus Sträuchern und Bäumen. Stellenweise brach die Sonne durch die Grün-, Gold- und Gelbtöne des Herbstes und ließ die Fraben aufscheinen. Ihre Füße rissen am Gras, am welken Laub, am Farn. Sie lief einen sanften Hang hinunter, hielt sich stets nah an den hellen, offenen Raum des Parks. Wenn sie ihren Verfolgern entkam, würde sie im Schutz der Nacht den Park durchqueren und sich dann nach Osten in Richtung Ortschaft wenden.
    In einem Dickicht aus Lorbeer und Liguster verbarg sie sich.
    Sie wartete. Unter sich konnte sie das Dach des Tempels sehen. Sie dachte gerade, dass die Kuppel eine Schicht Kalktünche vertragen könnte, als sie hinter sich ein lautes Knacken hörte. Im Herumfahren musste sie einen Schrei unterdrücken, dann sah sie einen Hirsch, der aus dem Park in den Wald gekommen war. Der Hirsch spürte ihre Gegenwart und sprang davon, sein Spiegel blitzte weiß auf, dann war es wieder ganz still.
    Ein Wolkenschatten jagte über den Park, verdunkelte den Wald und ließ sie vor Angst zittern. Er zog vorbei, und die Sonne schien wieder hell. Über ihre Stirn strich eine kühle Brise.
    Sie lauschte dem Vogelgezwitscher und kam zu dem Schluss, dass ihre Verfolger nicht in der Nähe sein konnten, solange es ungestört erklang. Einmal erschreckte ein Specht sie. Sie biss sich auf die Unterlippe.
    Damit hatten sie nicht gerechnet. Eine trotzige Freude durchströmte Campion. Sie hatten geglaubt, sie wäre geschlagen! Doch sie hatte, ebenso entschlossen und mutig wie die erste Campion, ihren Feinden getrotzt! Fest packte sie ihren groben, mit Pilz bewachsenen Knüppel.
    Sie dachte an Toby. Um seinetwillen würde sie ihnen weiter trotzen, um seinetwillen würde sie sie besiegen und um seinetwillen Lazen zurückgewinnen. Um ihres toten Bruders willen würde sie dafür sorgen, dass diese Männer für das, was sie an diesem Tag getan hatten, in der Hölle schmorten.
    Dann hörte sie plötzlich eine Kinnkette klimpern und den festen Schlag eines Hufes. Eine Stimme rief nicht weit weg von ihr: «Hier ist sie nicht!», und sie erkannte Lord Culloden.
    Gott! Wie nah er war! Er musste sich sehr leise genähert haben, das Hufgeklapper gedämpft vom Gras und dem verrotteten Laub. Sie hörte, wie sein Pferd sich bewegte, wie er ihm den Hals tätschelte und etwas murmelte, sie hörte das Knarren seines Sattels, und dann war da noch ein anderes Geräusch, und sie sah entsetzt, wie eine der Jagdhündinnen von Lazen in den Liguster getollt kam und mit in die Luft gereckter Nase und wedelndem Schwanz vor Freude bellte.
    Campion streichelte sie verzweifelt. Die Hündin stieß ihr die Nase ins Gesicht, leckte sie ab, drehte sich um, um ihr Hinterteil an ihrer zusammengekrümmten Schulter zu reiben, rollte sich auf den Rücken, weil sie am Bauch gekrault werden wollte, und fing dann wieder von vorne an. Wie die meisten Jagdhunde bekam sie keinerlei menschliche Zuwendung. Und das schien sie an diesem warmen Nachmittag nachholen zu wollen.
    Campion wünschte mit

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