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Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Titel: Die dunklen Farben der Begierde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Lloyd
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sich zu bedecken, zerrte an einem Petticoat und angelte nach ihrem Unterkleid. Aus der Halle waren leise Stimmen zu hören, und so griff sie nach Olivias Umhang, warf ihn sich über, während sie sich auf den Treppenabsatz hinausstahl, um zu lauschen. Sie hörte, wie sich die Eingangstür schloss, und Schritte von mehr als einer Person auf dem unteren Teil der Treppe. Sie zerrte an den Bändern, bemühte sich, das durchsichtige Kleidungsstück, das sie trug, ein bisschen weniger unanständig wirken zu lassen.
    «Kitty!», rief sie aus, als sie das flachsblonde Mädchen mit Julian auf der Treppe auftauchen sah. «Was, um Himmels willen, tust du hier?»
    «Es scheint so, als sei Gabriel nicht nach Hause zurückgekehrt», antwortete Julian. «Was bedeutet, dass die Situation deutlich schlimmer ist, als wir erwartet haben. Oder besser, aber das würde ich bezweifeln.»
    «Du kannst sie nicht hier heraufbringen», zischte Lucy, kreuzte ihre Hände über der Brust, um ihren Busen zu verstecken, der sich unter dem durchsichtigen Stoff abzeichnete. «Du kannst sie nicht mit ins Schlafzimmer bringen.»
    «Aber natürlich kann ich das», gab er zurück. «Es gibt viele Dinge zu besprechen. Ich denke, Kitty wird ihren Dienst bei Madame Jane möglichst bald antreten müssen. Also wird sie sich an Anblicke gewöhnen müssen, die sich weitaus verdorbener ausnehmen werden als unsere leichtbekleidete Nachspielszenerie.»
    Lucy drehte sich ruckartig um, als sich knarrend die Schlafzimmertür hinter ihr öffnete.
    «Das wird verdammt nochmal nötig sein», bekräftigte Olivia. Sie stand da, wundervoll ruhig und vollkommen nackt.
    «Ich fass es nicht», sagte Kitty mit erstickter Stimme und glotzte auf Olivias große Brüste.
    «Dann kommt mal herein, Miss Preedy», sagte Olivia. «Ich habe das Gefühl, Ihr habt noch ziemlich viel zu lernen.»

Kapitel elf
    Marldons Dienstboten waren nicht wie anderer Leute Bedienstete. Sie bekamen ihre Anweisungen, aber sie bekamen auch ihre Vergnügungen, denen sie ebenso unverhohlen und roh nachgingen wie ihr Herr.
    Die ganze Nacht lang war das Echo ihres Gelächters und ihres lüsternen Stöhnens durch die Gesindeschlafräume im Keller des Hauses gezogen. Die Geräusche waren in Gabriels schreckliche Träume eingedrungen. Träume, in denen der Kammerdiener, der Kellner, die Lakaien und die Stallburschen Schlange gestanden hatten, um es mit einer willigen Clarissa zu treiben; Träume, in denen sie ihn verhöhnt hatte, wenn er an der Reihe gewesen wäre; Träume, in denen Marldon sterbend am Boden lag, mit einem Messer in der Brust, an der Stelle, wo eigentlich sein Herz sitzen sollte.
    Gabriel ging rastlos auf und ab. Der Raum schien mit jedem Augenblick kleiner zu werden, den er darin zubringen musste, aber immerhin war es jetzt ruhig. Eine Flucht schien so gut wie unmöglich. Das Fenster war eigentlich eher ein verglaster Schlitz, hoch oben in einer der Wände. Die Tür war sicher von außen verschlossen, und wann immer ein Diener hereinkam, um Essen zu bringen oder einen Befehl mitzuteilen, so stand draußen immer noch der finstere Stallmeister. Gabriels Aussichten schienen trostlos.
    Er stieg unterhalb des Fensters auf einen Stuhl und sah durch die rechteckige Scheibe, so wie er es bestimmt schon tausendmal getan hatte, seit er in dieser winzigen spartanischen Bude eingekerkert war. Auf Augenhöhe erstreckte sich der Hof bis hin zu der tristen roten Ziegelmauer, die Asham House umgab. Ein Jüngling lief neben einem Pferd her und ließ es dann in einem großen Kreis traben. Sonnenlicht glänzte auf den Hufen des Tieres, und selbst wenn Gabriel den Himmel nicht sehen konnte, so wusste er doch, dass er von strahlendem, grausamem Blau war.
    Das unbekümmerte Strahlen des Nachmittagshimmels schien sich über ihn lustig machen zu wollen: Weder verdunkelte seine Verletztheit die Welt, noch ließen seine Qualen dunkle Wolken am Firmament aufziehen. All das war nur in seinem Herzen und in seinem Kopf, und niemand anderes als er selbst hatte darunter zu leiden. Clarissa liebte ihn nicht. Jeder Narr konnte das sehen. Er brauchte keine Diener, die es ihm erzählten, um zu begreifen, dass es keine Ausnahme war, wie sie sich Marldon gestern Abend so vollkommen unterworfen hatte. Sie hatte all das nicht getan, um Gabriel vor irgendetwas zu bewahren; sie hatte es nicht unter Zwang getan. Sie hatte es freiwillig getan, begierig und ohne Rücksicht auf seinen Schmerz. Marldon war der Mann, den sie begehrte, nicht

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