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Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Titel: Die dunklen Farben der Begierde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Lloyd
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sein.
    Die Musik erreichte ihren schwungvollen Höhepunkt, und Gabriel wirbelte sie in einer letzten, atemlosen Drehung. Als Clarissa in einen Knicks sank, beugte er sich über sie und flüsterte, nahe an ihrem Kopf: «Hättet Ihr Lust, ein wenig durch den Garten zu bummeln? Ich denke, das Feuerwerk wird gleich beginnen.»
    Einen Augenblick lang dachte Clarissa, er hätte ihre verlangenden Gedanken gelesen. Aber er meinte genau, was er gesagt hatte. An den hohen Türen nach draußen versammelte sich eine munter plaudernde Gesellschaft und ergoss sich hinaus in den Garten. Clarissa war erleichtert, sich anschließen zu können.
    Nach der Hitze des Ballsaals kühlte die Nachluft angenehm ihre erhitzten Wangen. Der mit allerlei Laubgehölzen angelegte Garten wirkte durch Statuen und Pflanzschalen dekorativ aufgelockert und wurde von chinesischen Lampions durchzogen. Die farbenfrohen Lichter bewegten sich im Wind und glitzerten wie kostbare Edelsteine in den Fontänen des Brunnens.
    Ein plötzlicher Knall kündigte die erste Rakete an. Die Zuschauer ließen erschrockene, dann zunehmend in Bewunderung übergehende Rufe ertönen, als Sternenregen aus roten, grünen und silbernen Funken den Nachthimmel zerrissen.
    «Kommt», sagte Gabriel und ergriff mit seinen behandschuhten Fingerspitzen sanft die ihren, «es gibt viel wundervollere Dinge als dies hier.»
    Clarissa folgte ihm, getrieben von einem unstillbaren Hunger, als er sich einen Pfad durch die aufgekratzte Menge bahnte und in die Schatten eintauchte. Sie wusste, dass sie etwas Falsches tat. Tante Hester wäre entsetzt; ihr Vater würde ihr so etwas nie verzeihen. Aber abgesehen davon: Wäre ihre Kusine Lucy nicht hellauf begeistert? Eine verbotene Liebschaft, hatte sie doch gemeint, wäre in der feinen Gesellschaft durchaus gestattet. So weit ginge es sogar, dass eine Frau, die sich mit nur einem Mann begnügen würde, als wenig begehrenswert gälte bei den Leuten, die gesellschaftlich den Ton angaben.
    Eine Baumreihe trennte einen Teil des Gartens ab, und so schlüpfte Gabriel zwischen zwei schlanken Stämmen hindurch und ermunterte sie, ihm zu folgen. Nach einem Augenblick des Zögerns tat sie, wie ihr geheißen. Ein belaubter Säulengang erhob sich über ihren Köpfen, dessen Düsternis vom sanften Schein der Laternen erhellt wurde. Durch das Blattwerk blickten Statuen, unheimlich und starr, eingefroren in ihrer Nacktheit.
    «Noch ein bisschen weiter», drängte er sie.
    Die entfernten Klänge des Orchesters schwebten durch die Nachtluft, und weit über ihnen zerstob leise das Feuerwerk. Das Lärmen der Menschen wurde immer leiser und undeutlicher. Clarissas Blut raste vor Angst und Aufregung. Sie wollte ihn und hatte erwartet, dass er sie sofort küssen würde, aber er schien sie immer weiter ins Innere des Gartens entführen zu wollen. Vielleicht, dachte sie, glaubte er, sie sei eines dieser unanständigen Weibsbilder, die ihm im Schutz der Bäume ihren Körper schenken würden. Panik durchbohrte sie.
    «Mr. Ardenzi», setzte sie an, «ich muss doch … ich bin nicht, was Ihr –»
    «Schweigt», sagte er. «Das weiß ich.»
    Er zog sie beiseite in eine Laube, die aus Geißblatt und anderen Rankgewächsen bestand. Die zarten Blüten erfüllten die Luft mit ihrem würzig-süßen Aroma, und im Eingang hing eine in mattem Rot leuchtende Laterne. Gabriel streifte seine Handschuhe ab, ließ sie auf den Boden fallen, um dann Clarissas Kinn mit einem schlanken Finger anzuheben.
    «Ich möchte dich malen», flüsterte er. «Versprichst du mir, dass du bald für mich Modell sitzen wirst?»
    Erleichterung und Enttäuschung rumorten in Clarissas Magen. Wie gut er aussah, dachte sie, mit seinem dunklen Haar, auf dem das rötliche Licht lag wie ein Heiligenschein, welches auch seine Haut in einen warmen Schimmer tauchte. Aber war das alles, was er wollte? Dass sie ihm Modell sitzen würde?
    «Ich frage allerdings nicht immer um Erlaubnis», ergänzte er, als er von ihr keine Antwort erhielt.
    Clarissa warf einen Blick auf die goldgeränderte Karte, die er ihr entgegenhielt, und erkannte erschrocken ihr Porträt als Bleistiftzeichnung. Um Himmels willen, wie gesetzt und ehrbar sie aussah! Sie war sich sicher, dass ihr Gesicht im Moment weit von diesem Ausdruck entfernt war.
    «Dasselbe gilt übrigens fürs Küssen», sagte er und umarmte sie sanft. «Obgleich ich deinen Augen ansehe, dass du es auch willst.»
    Sein Mund neigte sich zu ihrem herab, und ein Schauer der Lust

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