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Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Titel: Die dunklen Farben der Begierde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Lloyd
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musste ihn vergessen und sich einen anderen Verehrer suchen.
    Aber Clarissa konnte ihn nicht vergessen, und sie wollte keinen anderen Liebhaber. Am allerwenigsten wollte sie Erklärungen. Am allermeisten wollte sie – ja, was eigentlich? Würden ein halber Sommer mit geheimen Treffen und verstohlenen Zärtlichkeiten ihr genügen? Sie bezweifelte es, aber es war alles, worauf sie überhaupt noch hoffen konnte.
    Als sie den ziegelroten Reitweg entlangtrabte, folgten ihr die wohlwollenden Blicke der jungen Männer, die elegant über den Balkonbrüstungen lehnten. Clarissa ließ das völlig kalt; eine solche Aufmerksamkeit war ihr zuwider.
    «Ho, Brandy», sagte sie und straffte die Zügel, als sie sich Hyde Park Corner näherte. Dort trafen sich elegant gekleidete Reiterinnen. Sie plauderten in kleinen Grüppchen und zogen reitend kleine Kreise.
    Sie klopfte ihrer rotbraunen Stute den Hals und hielt Ausschau nach Lucy, deren goldene Ringellocken unter einem winzigen Dreispitz hervorquollen. Als sie zu ihr hinüberritt, lächelte Clarissa höflich in die Gesichter, die ihr während der letzten Wochen vertraut geworden waren.
    «Da steht ein Herr in einer roten Kutsche», sagte sie und brachte ihr Pferd neben Lucy zum Stehen. «Dort hinten. Sein Diener sagte, er würde gern mit uns sprechen. Bitte komm. Er erwähnte deinen Namen.»
    «Hast du auf das Wappen geachtet?», fragte Lucy neugierig.
    «Nein, ich befürchte nicht. Ich war nicht nah genug dran.»
    Lucy berührte mit der Gerte die Seite ihres Wallachs, und Clarissa folgte ihr in geringem Abstand. Begleitet von gleichmäßigem Hufgetrappel, trabten sie etwa eine Meile, bis sie den Teil des Parks erreichten, wo sich die Bäume zu beiden Seiten des Weges lichteten. Im Schatten einer Eiche standen zwei Apfelschimmel, die vor eine dunkelweinrote Kalesche gespannt waren. Das niedrige Verdeck war geschlossen, was bei diesem Wetter ungewöhnlich war, und hüllte den Insassen in Dunkelheit. Auf dem Bock saß ein Kutscher mit goldgerändertem Zylinder, hielt seine Peitsche hoch erhoben und wartete ungerührt auf ihr Eintreffen.
    Lucy lenkte ihr Pferd so, dass sie neben der Kutsche stand. Aus dem Halbdunkel des Innern lehnte sich ein Mann vor und legte seinen Arm in die Türöffnung. Ein Diamant blitzte an seiner Hand auf. Es war Lucys geheimnisvoller Liebhaber, der Mann aus der Bibliothek.
    Clarissa erinnerte sich schuldbewusst, und ihr Puls beschleunigte sich rasend. Der Mann sah Lucy mit kühlem Interesse an und lächelte wissend. Die Erinnerung an ein erregendes Erlebnis kreiste durch Clarissas Körper – ein Vorkommnis, das, obwohl es ihre Lenden erhitzte, ihr Blut kalt werden und ihr Herz gefrieren ließ.
    Lucy senkte ihre ausgestreckte Hand. «Lord Marldon», sagte sie mit feindlichem Ton in der Stimme.
    Clarissa spürte, wie ihr die Farbe aus dem Gesicht wich und ihre Wangen kalt und aschfahl wurden. Ihr Magen zog sich zusammen, und eine heftige Übelkeit ergriff sie. Ihr schwanden die Sinne. Dies konnte nicht ihr Ehemann sein. Das war unmöglich.
    «Wollt Ihr uns nicht vorstellen?», fragte der Mann und wies herablassend auf Clarissa. «Sie hat die Anlagen für eine gute Reiterin. Sitzt allerdings zu tief.»
    Seine Augen sahen aus wie pechschwarze Perlen, die sie unter schweren Lidern musterten. Sein Blick war kühl abschätzend und räuberisch. Clarissa fühlte sein Starren wie Ätherfinger, die sich zwischen ihre Haut und ihr Kleid zu schieben schienen. Doch sie konnte ihren Blick nicht von ihm abwenden, obwohl ihr Kopf es ihr befahl.
    Lucy dirigierte ihr Pferd einige Schritte zurück und brachte Clarissa dazu, näher heranzukommen. Ihr fiel der Ausdruck wieder ein, mit dem Alicia ihn beschrieben hatte: dunkel. Und, ja, genau so sah er aus. Aber seine dunkle Anmutung ging weit über das Aussehen hinaus. Sie lag als übelwollendes Blinzeln in seinen Augen und auf seinen Lippen als ein kaltes, grausames Lächeln. Und zweifellos drückte sie sich auch in dem verhärmten Zynismus aus, der sich in sein Gesicht eingeätzt hatte.
    Gabriel hatte die Wahrheit gesagt.
    Sie steckte ihre Hand aus und hoffte dabei, dass die schwarzen Ziegenlederhandschuhe ihr Zittern verstecken könnten.
    «Alexander van Ghent, der Earl of Marldon», sagte Lucy steif. «Erlaubt mir, dass ich Euch Miss Annabel Stanton vorstelle.»
    Clarissa spürte, wie sie vor Erleichterung fast in Ohnmacht fiel. Für jetzt und im Moment war sie gerettet, ihre Identität blieb unbekannt. Sie war nicht die

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