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Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Titel: Die dunklen Farben der Begierde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Lloyd
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«Wer wohl nicht?»
    Lucy drehte sich schwungvoll zu Gabriel um, und ihr Gesicht leuchtete vor Begeisterung. Sie wollte gerade anfangen zu sprechen, hielt dann aber inne und sah ihn gedankenvoll an.
    «Ich habe zwei Pläne», kündigte sie gedehnt an. «Mit beiden wird Marldon keinesfalls rechnen. Und für beide benötigen wir Olivia Hamiltons Unterstützung.»
    Gabriel ließ sich in seinen Sessel zurücksinken und stieß einen heftigen Seufzer aus. «Lucy», sagte er müde, «du hast meine ungeteilte Aufmerksamkeit.»

    Im Oktagonzimmer war es heiß und stickig. Clarissas blutleere Arme kribbelten, alles an ihr fühlte sich taub und schwer an.
    Der Anblick ihres Körpers, ausgestreckt und hilflos angebunden, ging ihr nicht aus dem Kopf. Selbst wenn sie ihre Augen schloss, um nicht in den Spiegel ihr gegenüber blicken zu müssen, sah sie sich selbst. Und der cremeweiße Phallus lag auf dem schwarzen Fußboden direkt vor ihr, grotesk, höhnisch.
    Clarissa wusste nicht, wie lange sie dort schon so gestanden hatte. Es fiel kein natürliches Licht in den Raum, nach dem sie den Verlauf der Stunden hätte beurteilen können, es gab keine Uhren, keine Geräusche aus dem Haus drangen zu ihr herein. Eine Kerze war bereits erloschen, und nun fing auch noch eine zweite an zu flackern. Ihre tanzende Flamme schien Licht und Schatten auf die bleiche Silhouette ihres Körpers zu werfen. Der ganze Raum schien zu beben.
    Clarissas Gefühle hatten sich zunächst von Zorn in Enttäuschung gewandelt und waren mittlerweile zu teilnahmsloser Verzweiflung geworden. Sie war durstig und schrecklich müde. Sie musste nur daran denken, dass sie sich hinsetzen wollte, dann begann sie vor kummervoller Sehnsucht zu schluchzen. Wenn sie bloß wüsste, wann Alec wiederkäme, dann ließe sich das alles besser ertragen. Würde es bald sein, morgen oder möglicherweise erst in einer Woche? Vielleicht wollte er sie so lange hungern lassen, bis sie sich ihm ergeben und unterwerfen würde. Und dann würde er ihr einen Heiratsantrag machen, wenn sie vor Hunger fast besinnungslos und verwirrt im Kopf wäre. Und dazu würde er dann, dachte sie verbittert, vor ihr auf die Knie sinken.
    Ein langer, schwerer Seufzer entwich ihren Lippen. Sie versuchte, ihren Körper ein wenig hängen und die Fesseln das Gewicht tragen zu lassen, aber das belastete ihre Arme zu sehr. Sie versuchte, sich an den Lederriemen festzuhalten, die sie an die Wand fesselten, aber wenige Sekunden waren das Längste, was sie so aushalten konnte.
    Wenn sie Kraft dazu gehabt hätte, hätte sie Marldon gehasst. Und sie würde dieses falsche französische Dienstmädchen hassen, diese Pascale. Wie gut sie ihr Verschwinden organisiert hatten – sie hatten sogar Kleidung hierhergeschickt, bevor sie überhaupt eingetroffen war. Und drüben in Chelsea verschleierte ein sorgsam gewebtes Tuch aus Lügen ihre Abwesenheit.
    Sie rief sich Gabriels Brief in ihr Gedächtnis zurück, und ihr Herz wurde ein klein wenig leichter. Marldon konnte sie nicht allzu lange so hier hängen lassen: Ihre Antwort wartete ja noch darauf, beendet zu werden. Er würde gewiss nicht das Risiko eingehen wollen, Gabriel argwöhnisch werden zu lassen.
    Zu ihrer Linken öffnete sich plötzlich langsam die Tür. Frische, kühle Luft drang in den Raum, und die flackernde Kerze ging schließlich aus. Clarissa drehte sich, und Hoffnung, vermischt mit Angst, lag ihr schwer im Magen. Eine Frau trat ein, eine Frau, an die sie eine entfernte Erinnerung hatte, mit rieselnden tiefbraunen Locken. Sie trug die blaue Tracht eines Dienstmädchens, und in ihrer Hand hatte sie eine Glaskaraffe, randvoll mit Wasser. Das bernsteinfarbene Dämmerlicht spiegelte sich in ihm wider, und Kondenstropfen perlten daran ab.
    Clarissa leckte sich über die Lippen.
    Die junge Frau sah sie mit griesgrämiger Unentschlossenheit an. «Müde?», fragte sie. «Durstig? Hungrig?»
    Clarissa nickte. «Könnte ich bitte etwas zu trinken haben?», fragte sie leise.
    Das Mädchen lächelte, und ihre jadefarbenen Augen glitzerten. «Das macht mir meine Aufgabe leichter», antwortete sie.
    Sie hob den Krug an Clarissas Mund und neigte ihn ein wenig. Die Flüssigkeit spülte durch ihren pergamenttrockenen Hals und bahnte sich einen kühlen, wundervollen Pfad in ihren Magen. Es tropfte von ihren Lippen, als sie trank, und süße, eiskalte Tropfen rannen über ihre Brüste. Sie schluckte, soviel sie konnte, und machte zufriedene Geräusche dabei, die immer lauter

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