Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)
gereizter Unterton schlich sich in die Stimme des Galeristen, „ich meine, du sollst aufhören, dich aufzuregen. Du hast ein Meisterwerk geschaffen. Das ist ein Grund zur Freude!“ Er wedelte mit der Zeitung. „Steht hier drin.“
Henryk sank zurück in den Sessel. Seine Wut verwehte und ließ Leere zurück. Er wusste nicht einmal, warum er eigentlich hergekommen war. Zur Rede wollte er Verhoeven stellen, ihn mit seinem Wortbruch konfrontieren. Aber was hatte er erwartet? Dass der Galerist zusammenbrach und bereute?
Und dann?
Was wollte er dann tun?
„Du hättest es mir sagen sollen.“
„Jetzt weißt du es ja.“
Schweigend sahen sie sich an. Henryk dachte an Baeskens und den Besitzerstolz in den Augen des Sammlers.
„Was hast du für das Bild bekommen?“
Verhoeven antwortete nicht.
„Was kostet so ein Vermeer, wenn er bei Sotheby’s versteigert wird? Acht Millionen?“
Die fleischigen Lippen des Galeristen pressten sich zu einem Strich zusammen.
„Ich will meinen Anteil haben. Die Hälfte. Vier Millionen.“
Auf Verhoevens Stirn erschien eine steile Falte. „Du bist für deine Arbeit gut bezahlt worden.“
„Aber wir hatten auch vereinbart, dass ihr die Fälschung nie als echten Vermeer ausgeben würdet. Die Dinge liegen jetzt anders.“
„Und was willst du tun?“ Verhoeven blieb dicht vor ihm stehen. Bedrohlich ragte seine massige Gestalt über ihm auf. „Du bist raus. Kein Mensch wird das Gemälde mit dir in Verbindung bringen.“
Henryk betrachtete seine Finger. Die Narbe auf seiner Handfläche schimmerte rötlich. „Ich habe Baeskens erzählt, dass ich das Bild restauriert habe“, sagte er, ohne aufzublicken. Er spürte mehr, als dass er es sah, wie Verhoeven sich versteifte. „Ich habe ihm noch gesagt, dass es zwei gibt. Zwei Vermeers, aus einer Privatsammlung, zwischen lauter drittklassigen Schinken.“ Eine ungekannte Gelassenheit überflutete ihn, als ihm bewusst wurde, dass Verhoeven ihm nichts anhaben konnte. Gar nichts. Dass er sich fügen musste, und dass seine Überlegenheit eine Farce war. „Baeskens wird dich sicher danach fragen. Er wirkte interessiert. Er wollte wissen, was für ein Motiv es ist.“
„Und was hast du geantwortet?“ Verhoevens Stimme klang flach.
Jetzt blickte er doch auf. „Dass du nicht willst, dass ich das sage, bevor das Bild nicht fertig ist. Um Spekulationen zu vermeiden.“
Verhoeven starrte ihn an. Die Gelassenheit war wie weggewischt. „Und was ist nun das Motiv?“
„Habe ich mir noch nicht überlegt.“ Henryk kostete den Geschmack noch etwas mehr aus. Sein Groll wich einer rauschhaften Euphorie, die er unbedingt festhalten wollte. Das Gefühl schmeckte wie der Triumph, der ihn erfasste, wenn ihm ein Bild besonders gut gelungen war. Oder die Abende mit Martha, diese bittere Süße. Doch es war viel stärker. So schmeckte Macht. Die Macht, Dinge einfach zu tun, und seinen Willen durchzusetzen, gegen alle Widerstände. In diesem Moment besaß er Macht über Verhoeven. Es stand ganz klar vor ihm, und Verhoeven wusste es auch.
„Malst du es?“, fragte der Galerist.
„Was ist mit den vier Millionen?“
„Zweieinhalb.“
„Du hast mehr dafür bekommen, oder? Mehr als acht Millionen.“
„Der Deal war legal, mit Steuern und allem. Vier Millionen nach Steuern und Unkosten. Also Zweieinhalb.“
Henryk murmelte sein Einverständnis, obwohl er immer noch das Gefühl hatte, dass Verhoeven log. Die Zahl war ohnehin so abstrakt, dass sie sein Vorstellungsvermögen überstieg.
Das Lächeln kehrte auf Verhoevens Gesicht zurück. „Du wirst eine Leinwand brauchen.“
Zweieinhalb Millionen. Das war eine Menge Geld. Genug für ein luxuriöses Leben, viele Jahre. Eine einschüchternde Vorstellung. Wie lebte man, wenn man zweieinhalb Millionen auf der hohen Kante hatte? Dann fragte er sich, ob die Bank nicht misstrauisch wurde, wenn plötzlich so viel Geld auf seinem Konto einging. Vielleicht würden sie ihn überprüfen, Verdacht auf Geldwäsche oder kriminelle Aktivitäten. Was sollte er dann erklären? Dass er für eine Fälschung bezahlt worden war?
„Wie lange wirst du brauchen?“
„Ich weiß nicht. Vielleicht drei Monate. Hängt von der Größe ab.“
„Ich hätte eine Leinwand für dich. Etwas kleiner als das Blumenmädchen , zweiundfünfzig auf vierundneunzig Zentimeter. Ein hochformatiges Altarbild. Wahrscheinlich musst du es beschneiden.“
„Wieder aus einer Dorfkirche?“
Der Galerist lachte. „Fürchtest du
Weitere Kostenlose Bücher