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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Brauchbareres als Stühle, also griff ich mir einen und hielt ihn vor mich. Kurz hatte ich die Vision, dass ich, wenn ich auch noch eine Peitsche hätte, diese Tigerin vielleicht zähmen könnte, aber tatsächlich vermochte ich mit dem sperrigen Möbelstück kaum mehr als sie irgendwie auf Abstand zu halten.
    Sie griff wieder an, tief und mit abgespreizten Armen, begann mit einer Finte in Richtung meines Gesichts. Als ich den Stuhl hob, um das Messer abzublocken, trat sie zu und traf mich so fest am Schienbein, dass ich seitwärts taumelte. Während ich mich noch zu fangen versuchte, drang sie schon wieder auf mich ein, aber ich drosch ihr ein Stuhlbein auf den hellen kleinen Fuß, und als sie fauchte und ihr Gewicht verlagerte, schaffte ich es, ohne vom Schwung des Stuhls umgerissen zu werden, ihr das andere Bein wegzuschlagen. Als sie hinfiel, erwog ich kurz, mit dem Möbelstück auf sie einzuhämmern, doch obwohl sie mir eben die Kehle hatte aufschlitzen wollen, spürte ich etwas Seltsames in ihrem Verhalten – sie kämpfte wie in Notwehr, obwohl ja sie es war, die mich angegriffen hatte. Ihr Blick war fern, ja verzweifelt, es lag etwas darin, was ein poetischerer Engel vielleicht resigniertes Entsetzen genannt hätte – jedenfalls nicht dieArt Emotion, die man erwarten würde, wenn einen ein altgedientes Höllenwesen zu schächten versucht.
    Sobald die Gräfin am Boden lag, stürzte ich mich auf sie, wobei ich sehr genau auf den langen Kukri achtete, der im Moment unter ihr eingeklemmt war. Als sie sich wegrollte und mit dem Ding einen Streich nach meinem Gesicht führte, wobei sie mich an Wange und Ohr erwischte, konnte ich ihren Arm packen und an mir vorbeiführen. Ich donnerte ihn auf den Boden und warf mich sofort mit dem Körper darauf, sodass sie nicht mehr an mich herankam, jedenfalls nicht mit dem Messer. Sie schaffte es, mich mit der anderen Hand kräftig zu kratzen, zog dann irgendwie die Beine an und hakte sie mir um den Hals. So schlank diese glatten weißen Beine auch waren, sie klemmten binnen Sekunden die Blutzufuhr zu meinem Gehirn weitgehend ab. Mir wurde schwarz vor Augen, und alles, was Bobby Dollar war, drohte in tosende Tiefen hinabzustürzen. Ich war mir nicht sicher, was es mit der Gräfin und ihrem verrückten Angriff auf sich hatte, aber mir war ziemlich klar, dass ich, wenn ich in Ohnmacht fiele, vielleicht nie wieder erwachen würde, also tat ich das Einzige, wozu ich in der Lage war – ich verpasste ihr mit aller Kraft, die mir blieb, einen Faustschlag an den Kopf. Ihr Schädel prallte auf den Teppichboden, und der unglaubliche Würgegriff ihrer Beine um meinen Hals lockerte sich. Ich nutzte den Moment, um so viel Luft wie irgend möglich in mich hineinzuschlingen, packte dann ihren Messerarm und verdrehte ihn, bis sie schließlich, fauchend und spuckend und mit einer Grimasse, die aussah wie wahnsinniger Hass, die Finger öffnete und das Messer fallen ließ. Ich kickte es möglichst weit weg, doch diese kurze Gewichtsverlagerung gab ihr die Möglichkeit, sich partiell unter mir hervor zu winden, und plötzlich war sie irgendwie in meinem Rücken, zog unsäglich schmerzhaft an meinem Haar und hieb mit der anderen Hand immer wieder auf mein ohnehin schon blutendes rechtes Ohr ein.
    Mit beiden Händen langte ich hinter mich, umfasste ihren Nacken und riss sie mit einem Ruck über meinen Kopf und meine Schultern, sodass sie ein weiteres Mal mit dem Kopf auf den Boden schlug, was doch trotz des dicken Teppichbodens allmählich Wirkung zeigen musste. Aber die Dämonin zögerte nicht, mich erneut mit den Beinen zu umschlingen, diesmal genau in Höhe meiner freien Rippen, die sie jetzt mit aller Macht zu brechen versuchte, während ich alles tat, um mich von ihr zu befreien. Wir erreichten beide unser Ziel nicht ganz, fügten uns aber gegenseitig beträchtlichen Schmerz zu. Das Ganze hatte jetzt etwas von einem Ringkampf zweier Besoffener: Keiner von uns wusste genau, wer im Vorteil war und warum wir überhaupt kämpften, und wir interessierten uns auch nicht sonderlich für solche Kleinigkeiten, sondern versuchten nur, uns gegenseitig kaputtzukriegen.
    Endlich hatte ich sie wieder unter mir, und obwohl sie ein Bein über meiner Schulter und das andere Knie in meinem Solarplexus hatte und mit den Fäusten auf mein Gesicht einhämmerte, schaffte ich es, den Schmerz lange genug zu ignorieren, um meinen Unterarm auf ihre Kehle zu pressen. Ich ließ ihn dort und beachtete ihre Hiebe nur

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