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Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
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mir
früher einmal erzählt hat, aber mir fällt nichts Genaues dazu ein.« Sie lächelte. »Es kann eine Weile dauern, aber es ist sicher interessant. Eure Stadt und meine sind einander in Liebe und Hass verbunden.« Einen Augenblick lang konnte er den Ausdruck ihres Gesichts nicht deuten, als verberge sich in ihrem Inneren ein von Schmerzen getriebenes unbekanntes Geschöpf. Dann war der Ausdruck verflogen, und sie lächelte, nach wie vor schön, nach wie vor bereit zu lachen und das Leben zu genießen. »Kommt in einem Monat wieder, dann werden wir sehen, was ich in Erfahrung gebracht habe.«

KAPİTEL 38
    Nachdem Giuliano gegangen war, blieb Zoe noch eine Weile am Fenster stehen. Der Mann hatte ihr gefallen. Er sah gut aus, und er war ein Mensch mit Herz, das wusste sie genau.
    Doch es war ihre Pflicht, ihn zu hassen, denn er war ein Venezianer und zu allem Überfluss ein Dandolo. – Das konnte der vollkommenste Racheakt werden, nach dem es sie verlangte.
    Nie durfte sie das Grauen vergessen, die Vorfälle, die den Menschen Herz und Seele zerrissen hatten. Ganz bewusst rief sie sich alles in Erinnerung, auch wenn es sie schmerzte, als stoße sie sich selbst ein Messer ins Fleisch.
    Mit geballten Fäusten stand Zoe da, bis ihre Glieder schmerzten. Ihre Fingernägel hatten sich so tief in die Handflächen gegraben, dass sie bluteten, ohne dass sie etwas davon merkte.

    Selbst wenn Giuliano tausend Tode starb, wäre das immer noch ein zu geringer Preis für all diese Ungeheuerlichkeiten. Niemals würde es Gnade geben, immer nur Blut und noch mehr Blut.

KAPİTEL 39
    Zwar war Giuliano begeistert von der Aussicht, dass Zoe Chrysaphes Nachfragen für ihn anstellen wollte, doch hinderte ihn das nicht daran, selbst in anderen Teilen der Stadt nach Menschen Ausschau zu halten, die wussten, wohin bestimmte Familien während des langen Exils gegangen waren. Das musste er in der Zeit tun, die er bei der Erledigung seiner Aufgaben für die Republik Venedig erübrigen konnte. In der zweiten Hälfte des Monats, den ihm Zoe als Zeitraum für einen erneuten Besuch genannt hatte, befand er sich auf dem Hügel, von dem Anastasios gesagt hatte, dass man von dort aus in jede Richtung sehen könne.
    Es war nicht schwer gewesen, die Stelle zu finden, und der Blick war in der Tat so herrlich, wie ihn Anastasios beschrieben hatte. Da der scharfe Westwind nicht dorthin gelangte, war die Luft lind. Ein Stück weiter unten blühten Schlinggewächse und schickten ihren süßen Duft empor. Es dauerte eine Weile, bis er merkte, was ihn dort an seine Heimat erinnerte: der ganz besondere Schimmer des schwindenden Tageslichts auf dem Meer.
    Als er am nächsten Abend erneut dorthin zurückkehrte, war auch Anastasios da. Er wandte sich mit einem Lächeln zu Giuliano um, sprach aber mehrere Minuten lang kein
Wort, als genüge die Beredsamkeit des Meeres, das vor ihren Augen lag.
    »Ein vollkommener Ort«, sagte Giuliano schließlich. »Vielleicht wäre es nicht richtig, wenn er einem einzelnen Menschen gehörte.«
    Anastasios lächelte erneut. »Das hatte ich nicht im Sinn. Ihr habt Recht, jedem, der zu sehen versteht, sollte die Möglichkeit dazu gegeben werden, nicht aber Dummköpfen mit stumpfen Augen.« Dann schüttelte er den Kopf. »Das ist zu hart. Ich hatte den ganzen Tag mit solchen Leuten zu tun und bin deshalb ein wenig gereizt. Es tut mir leid.«
    Es bereitete Giuliano eine merkwürdige Freude zu sehen, dass Anastasios Schwächen hatte. Zuvor war er ihm einschüchternd vorgekommen, auch wenn ihm das erst jetzt aufging. Er merkte, dass er lächelte. »Habt Ihr in Nikaia eine Familie Agallon gekannt?«, fragte er, ohne zu überlegen.
    Einen Augenblick dachte Anastasios nach. »Ich kann mich erinnern, dass mein Vater einmal diesen Namen genannt hat. Er hat viele Menschen behandelt.«
    »War er ebenfalls Arzt?«
    Anastasios hielt den Blick auf das Wasser gerichtet. »Ja. Fast alles, was ich weiß, habe ich von ihm gelernt.«
    Giuliano spürte, dass in diesen Worten mehr lag, vielleicht eine schmerzliche Erinnerung an etwas, was unwiederbringlich dahin war. »Und habt Ihr gern gelernt?«, fragte er, statt darauf einzugehen.
    »Aber ja!« Anastasios’ Gesicht wurde lebendig, seine Augen leuchteten, die Lippen öffneten sich leicht. »Und wie! Schon solange ich mich erinnern kann. In der Zeit unmittelbar nach meiner Geburt hat er sich nicht für mich interessiert,
aber kaum hatte ich reden gelernt, hat er mir allerlei Dinge beigebracht. Ich

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