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Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
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haben würde, Grigorios zu töten. Wenn es ihr bei diesem Versuch nicht gelang, war alles verloren, denn ihm würde sein Vorhaben mit Sicherheit nicht misslingen.
    Diese Gedanken gingen ihr durch den Kopf, als sie aus den Bädern nach Hause zurückkehrte, mit einem Schritt Abstand von ihrem Diener Sabas gefolgt. Mit einem Mal wurde sie von einem Boten angerempelt, der einer Gruppe auf der Straße tratschender Frauen ausweichen musste. Sie verlor das Gleichgewicht und tat in dem Versuch, es wiederzugewinnen und nicht zu stürzen, einen Seitwärtsschritt auf die Fahrbahn. Dabei wurde sie von einem Fuhrwerk erfasst, das sich gerade in Bewegung gesetzt hatte, und fiel zu Boden. Sogleich spürte sie einen stechenden Schmerz im Unterschenkel.
    Um sie herum ertönten laute Rufe. Menschen eilten herbei, und zahlreiche Arme streckten sich ihr entgegen, um ihr zu helfen, während sich Sabas bemühte, das Fuhrwerk zurückzuschieben, ohne dass das Pferd scheute und durchging. Man hob sie auf, wobei ihr Gewand zerriss, und setzte
sie so, dass eine Hauswand ihren Rücken stützte. Kopfschüttelnd sah eine alte Frau zu, wie das Blut in den kostbaren Stoff ihrer Gewänder sickerte.
    Dann war Sabas wieder da, beugte sich über sie und riss, ohne ihre Erlaubnis abzuwarten, ein Stück von ihrer Tunika ab, um damit die Wunde zu verbinden.
    »Passt in Zukunft auf, wohin Ihr geht«, zischte ihr ein alter Mann giftig zu.
    Zu benommen für eine Erwiderung, prägte sie sich sein Gesicht ein, um ihm seine Unverschämtheit eines Tages heimzuzahlen. Er erkannte das in ihrem Blick und eilte mit einem unbehaglichen Gefühl davon.
    Sabas trieb eine Kutsche auf, half ihr hinein und sorgte dafür, dass sie nach Hause gebracht wurde. Dort angekommen, schickte sie ihn sogleich zu Anastasios, denn sie hatte große Schmerzen. Simonis führte Sabas zum Haus eines Patienten, den Anastasios behandelte, und schon bald machte sich Anastasios mit Sabas auf den Weg.
    Zwar war Zoe äußerst aufgebracht, dass man sie hatte warten lassen, doch sie litt starke Schmerzen und unterließ es daher, sich zu beklagen. Der von Sabas angelegte Behelfsverband war von Blut durchtränkt, und die Wunde pochte so stark, dass sie es bis hinauf in die Leiste spürte. Sie berichtete Anastasios den Vorfall und sah zu, wie er den Stoffstreifen abwickelte und die Wunde freilegte. Die Verletzung sah so fürchterlich aus, dass es Zoe den Magen umdrehte und ihr einen Angstschauer über den Rücken jagte. Doch sie wollte sich vor Anastasios auf keinen Fall eine Blöße geben und wandte den Blick nicht ab.
    Während er mit flinken Bewegungen seine Arbeit tat, fiel ihr auf, dass er schöne Hände hatte, wie die einer Frau, mit langen, schmalen Fingern, die er zugleich kräftig und
mit großem Feingefühl benutzte. Sie fragte sich, wie Anastasios wohl wäre, wenn man ihm die Möglichkeit gelassen hätte, als richtiger Mann heranzuwachsen. Etwas an der Art, wie er den Kopf bewegte, und selbst seine Stimme erinnerten sie an Ioustinianos. Das fiel ihr schlagartig auf, als er sich stirnrunzelnd vorbeugte, um die Wunde näher in Augenschein zu nehmen. Doch gleich darauf war die Ähnlichkeit schon wieder verflogen.
    »Ich muss die Wundränder zusammennähen«, teilte er ihr mit. »Sonst würde die Heilung zu lange dauern und eine üble Narbe zurückbleiben. Es tut mir leid, aber es wird nicht angenehm sein.«
    »Macht rasch«, gebot Zoe. »Ich will, dass es heilt und nicht alles voll Blut ist.«
    Er machte eine gebogene Nadel mit einem Seidenfaden bereit. »Jetzt haltet bitte ganz still. Ich möchte Euch nicht mehr Schmerzen zufügen, als unbedingt nötig ist. Soll Thomais Euch festhalten?«
    Zoe sah ihn an. Er hatte lange Wimpern, und der Blick seiner schönen grauen Augen war stetig. In ihnen erkannte sie eine Klugheit, die sie beunruhigte. Es kam ihr vor, als besitze er die Fähigkeit, in ihren Kopf hineinzusehen und ihre Gedanken genauer zu lesen, als ihr lieb war.
    Er hatte angefangen, die Wunde zu nähen, ohne dass sie etwas davon bemerkt hatte. Insgeheim bewunderte sie, mit welcher Geschicklichkeit und Gelassenheit er seiner Aufgabe nachging.
    »Ihr scheint viel zu tun zu haben«, sagte sie. »Euer Ruf hat sich verbreitet, und ich höre viele Leute Eure Fähigkeiten rühmen.«
    Er lächelte, ohne den Blick von seiner Arbeit zu nehmen. »Das verdanke ich Euch, denn Ihr wart die Erste, die mich
weiterempfohlen hat – nicht zuletzt an Irene Vatatzes, die inzwischen ebenfalls zu meinen

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