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Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
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eines eigenschöpferischen Aktes bedarf. Wenn sie das Werk eines anderen ist, kann sie nie befriedigen, was denkst du?«
    »Gewiss. Der Schöpferakt ist die halbe Befriedigung. Aber natürlich nur, wenn das Vorhaben gelingt.«
    Er musterte sie aufmerksam. »Das muss es natürlich. Allerdings wäre ich von dir enttäuscht, wenn du annähmest, dass das unverzüglich der Fall sein muss. Das wäre so, als wenn man guten Wein einfach in sich hineinschüttete, statt ihn Schlückchen für Schlückchen zu genießen. Du warst noch nie eine Barbarin, warst nie auf Augenblickswonnen aus.«
    Er hatte sie also gar nicht umbringen wollen! Jedenfalls noch nicht. Zuvor wollte er spielen, eine Verletzung hier, eine da, bis ihre Zuversicht allmählich schwand. Für ihn zählte die Kränkung seines stolzen Namens, die Anmaßung,
mit der sie es gewagt hatte, einen Angehörigen seiner Familie zu töten – genau genommen sogar zwei, wenn man Georgios hinzunahm. Zwischen ihnen beiden herrschte Krieg. Sie lächelte ihn an.
    »Als echte Byzantinerin bin ich kultiviert und barbarisch zugleich«, gab sie zurück. »Bei allem, was ich tue, strebe ich das Äußerste an. Es überrascht mich, dass ich dich daran erinnern muss.« Sie maß ihn von Kopf bis Fuß mit Blicken. »Bist du etwa krank?«
    »Absolut nicht, und das werde ich auch nicht sein. Ich bin jünger als du.«
    Sie lachte. »Das warst du schon immer, mein Lieber. Das sind alle Männer. Damit müssen wir Frauen zu leben lernen. Aber es freut mich zu sehen, dass du das nicht vergessen hast. Genossene Freuden zu vergessen wäre eine Art Tod, jedenfalls ein wenig, Schritt für Schritt.« Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. »Mein Gedächtnis hat in keiner Weise gelitten.«
    Er gab keine Antwort, doch sie sah, dass sich seine Kiefermuskeln spannten. Ob er es sich eingestand oder nicht, sie besaß nach wie vor Macht über ihn, hatte die Fähigkeit, ihn zu erregen. Wirklich schade, dass er sterben musste.
    Er tat einen Schritt zurück, um zu zeigen, dass er Abstand von ihr gewinnen wollte.
    Ihr Lächeln erreichte ihre Augen. »Zu wenig oder zu viel?«, fragte sie leise.
    Zornesröte schoss ihm in die Wangen. Er umfasste ihren Arm so fest, dass es sie schmerzte. Sie hätte sich ihm nicht einmal dann entwinden können, wenn sie es gewollt hätte. Die Erinnerung an die Wollust, mit der sie sich einander hingegeben hatten, war in ihrem Körper mit einem Mal so gegenwärtig, dass es sie heiß überlief.

    Sie würde ihm nie verzeihen, wenn er der Versuchung widerstand und sie abwies. In dem Fall würde es ihr leichtfallen, ihn zu töten, und sie würde ihn kaum bedauern. Sofern er aber der Versuchung nachgab, und das mit der früheren Leidenschaft und Ausdauer, würde es ihr unendlich schwerfallen. Es wäre das Schwerste, was sie je im Leben hatte tun müssen.
    Ihren Arm weiterhin fest im Griff, ging er hinaus, wobei er sie halb hinter sich herzog, bis sie ein privates Gemach mit Sesseln und Kissen erreicht hatten. Einen Augenblick lang hatte sie Angst. Hier würde nicht einmal die Waräger-Wache ihr Schreien hören.
    Auf keinen Fall durfte sie ihm ihre Angst zeigen.
    Aber sie war ihm bereits aufgefallen, als könne er sie riechen. Erst lächelte er, dann lachte er laut und mit erkennbarer Lust.
    Sie sog den Atem ein und stieß ihn ganz langsam wieder aus. Die Zeit schien stillzustehen.
    Er ließ ihren Arm los, legte seine Hand auf ihre Brust und versetzte ihr einen Stoß. Überrascht und ein wenig beschämt, fiel sie rücklings auf die Kissen und blieb regungslos liegen.
    »Angst, Zoe?«, fragte er.
    Sie wusste immer noch nicht, ob er mit ihr schlafen oder sie umbringen wollte, wenn nicht gar beides. Was auch immer sie sagte, war womöglich falsch. Worauf wartete er nur?
    Sie stieß ihren Atem so aus, dass es wie ein gelangweilter Seufzer klang.
    Er riss ihr die Tunika vom Leib und küsste sie, immer wieder, wie einst in den Zeiten, da sie einander geliebt hatten. In diesem Augenblick begriff sie, dass er nicht fähig sein würde, sie zu töten, jedenfalls nicht jetzt gleich. Dafür
verlangte zu viel aufgestaute Begierde nach Befriedigung, trachtete zu viel Feuer danach zu brennen.
    Beiden fiel es leicht, als lägen nicht all die vielen Jahre dazwischen. Sie sagte nichts. Als sie einander anschließend küssten, nur ein einziges Mal, war beiden bewusst, dass es kein nächstes Mal geben würde.

KAPİTEL 49
    Zoe hatte nicht den geringsten Zweifel, dass sie nur eine einzige Gelegenheit

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