Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman
Stücke hackte.
»Giuliano Dandolo«, sagte er und richtete sich auf. »Gerade aus Messina angekommen. Ich bringe Seiner Majestät gute Nachrichten. Führt mich zu Nikephoros.« Ihm kam zu Bewusstsein, dass er vermutlich ziemlich mitgenommen aussah.
Einer, ein Mann von Riesenwuchs mit hellem Haar und
wasserblauen Augen, sah ihn verblüfft an. »Gute Nachrichten? «
»Sogar ausgezeichnete. Erwartet Ihr etwa, dass ich sie Euch mitteile, bevor ich sie dem Kaiser vorgetragen habe?«
Nikephoros stand allein in der Mitte seines Gemachs neben einem Tisch mit Brot und Obst. Er sah älter aus als bei Giulianos vorigem Besuch und schien unendlich einsam zu sein.
»Darf ich Euch etwas zu essen anbieten? Etwas zu trinken? «, fragte er Giuliano.
Ohne auf das Angebot einzugehen, sagte dieser mit einem zufriedenen Lächeln, als sei das eine Antwort: »Die Kreuzfahrerflotte ist vernichtet, im Hafen von Messina in Flammen aufgegangen. Charles von Anjou wird mit ihr weder nach Byzanz noch nach Jerusalem oder sonstwohin segeln. Alle seine Schiffe liegen samt und sonders auf dem Meeresgrund. « Das befriedigte Lächeln auf seinem Gesicht zeigte deutlich, wie sehr er sich freute, dem Kaiser dieses Geschenk überbringen zu können.
Nikephoros sah ihn voll Staunen an. »Seid Ihr sicher?«, flüsterte er.
»Völlig sicher.« In Giulianos Stimme lag jubilierende Erregung. »Ich habe es mit eigenen Augen gesehen, denn ich war einer von denen, welche die Brandfackeln geschleudert haben. Ich werde das nie vergessen, solange ich lebe. Als das griechische Feuer in den Laderäumen explodierte, sah das Meer aus wie die Hölle.«
Nikephoros drückte ihm die Hand so fest, als wolle er sie zerquetschen. Giuliano hätte ihm diese Kraft nie zugetraut. Tränen traten dem Eunuchen in die Augen.
»Das müssen wir umgehend dem Kaiser sagen.«
Diesmal brauchten sie nicht zu warten, bis man sie unter
Einhaltung des Protokolls vor den Thron führte. Sie eilten an den Warägern vorbei, als gingen sie in der eigenen Wohnung von einem Zimmer ins andere.
Kaiser Michael, der sich wohl in aller Eile angekleidet hatte, war hellwach. In seinen dunklen Augen brannte ein Feuer. Die Leidenschaft darin stand im scharfen Gegensatz zu seinem abgezehrten Gesicht, dessen Knochen durch die pergamentdünne Haut hervorstanden.
»Majestät«, setzte Giuliano an.
»Sprecht!«
Er hob den Blick und sah dem Kaiser wie von gleich zu gleich in die Augen. »Charles von Anjou wird Byzanz nie wieder bedrohen, Majestät. Die Überreste seiner Flotte liegen verkohlt auf dem Grund der Bucht von Messina. Er ist erledigt. Ganz Sizilien wird aufatmen, weil die Unterdrückung durch ihn vorüber ist.«
Michael sah ihn aufmerksam an. »Habt Ihr das selbst gesehen? «
»Kapitän Dandolo hat eigenhändig die Fackeln entzündet, Majestät«, erläuterte Nikephoros.
»Ihr, ein Venezianer?«, fragte Kaiser Michael ungläubig.
»Venezianer bin ich nur zur Hälfte, Majestät. Meine Mutter stammte aus Byzanz.« In seiner Stimme lag Stolz.
Kaiser Michael nickte bedächtig. Man konnte sehen, wie die Anspannung von ihm wich, während sich ein Lächeln auf seinen Zügen ausbreitete. Ohne den Blick von Giuliano zu nehmen, winkte er Nikephoros herbei. »Gib dem Mann alles, was er haben will, Essen, Trinken, frische Kleidung und eine Gelegenheit, sich auszuruhen.« Dann nahm er den goldenen Smaragdring von seinem Finger und hielt ihn Giuliano hin.
»Er gehört Euch«, sagte er. »Und jetzt wollen wir den Jubel
der Menschen in der Stadt hören. Nikephoros! Zieh deine besten Gewänder an und verbreite die gute Nachricht. Die Leute sollen auf den Straßen tanzen, trinken und feiern. Musik und Gelächter wird sie erfüllen.« Er hielt inne und sah erneut zu Giuliano hin. »Wirklich schade, dass Zoe Chrysaphes tot ist. Wie hätte sie über diese ironische Wendung gelacht. Byzanz dankt Euch, Giuliano Dandolo. Jetzt geht und esst, trinkt und ruht Euch aus. Man wird Euch mit Gold belohnen.«
Giuliano verbeugte sich und zog sich zurück, trunken vor Siegesfreude.
Doch kaum war er auf den Gang hinausgetreten, als er das dringende Bedürfnis empfand, den Menschen, an denen ihm lag, davon zu berichten, allen voran Anastasios. Ihm musste er es zuerst sagen; die anderen konnten warten. Bald würden ohnehin alle die Nachricht erfahren, aber Anastasios musste er sie selbst überbringen, musste seine Freude und seine Erleichterung sehen.
»Entschuldigt mich, aber ich muss zuerst meinen Freunden davon
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