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Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
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hast du es überhaupt zugegeben, Nikephoros, und die Gefahr auf dich genommen, meinen Zorn zu erregen? Wenn du es für dich behalten hättest, hätte ich es bestimmt nicht erfahren.«
    »Helena Komnena kennt die Zusammenhänge, Majestät. Gewiss wird sie nicht zögern, Euch das Geheimnis um den Eunuchen Anastasios zu offenbaren, um sich dafür zu rächen, dass er Euch ihren Plan verraten hat.«
    »Ich verstehe.« Er lehnte sich wieder in seinem Thronsessel zurück. »Natürlich wird sie das tun.«
    Er wandte sich erneut Anna zu. Der Blick seiner schwarzen Augen wirkte fasziniert. »Bestimmt seht Ihr als Frau gut aus. Ich kann mir vorstellen, dass Helena Euch hasst. Zoe konnte Euch gut leiden. Hat sie gewusst, dass Ihr eine Frau seid?«

    »Ja, Majestät.«
    »Das erklärt so manches, was mir eigenartig erschien. Wie byzantinisch das alles ist …« Seine Stimme brach vor Rührung, und seine Worte erstarben.
    Anna senkte den Blick. Ihn jetzt anzusehen, wäre ungehörig gewesen. Reglos blieb sie so stehen, weil er sie noch nicht entlassen hatte.
    Vor der Tür ertönten Geräusche, dann öffnete sie sich. Zwei Waräger brachten Helena herein. Wie in der Hagia Sophia trug sie eine nahezu purpurfarbene Dalmatika.
    »Sie soll vortreten«, gebot Kaiser Michael.
    Die Waräger führten sie vor den Thron, wobei sie sie fast schleppen mussten. Helenas Gesicht war gerötet, ihre kunstvolle Frisur hatte sich halb aufgelöst. Vermutlich hatte sie sich gegen ihre Festnahme gewehrt. Dies eine Mal lag in ihrer Wut ein Nachhall von Zoes Souveränität.
    Einer der Waräger öffnete die Faust und ließ einen Ring, ein Medaillon und ein kleines Kästchen in den Schoß des Kaisers fallen.
    Die aufgesetzte Gelassenheit wich aus Helenas Gesicht.
    »Die Beweise für deinen Pakt mit Charles von Anjou«, sagte der Kaiser beherrscht.
    Ihr Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. »Glaubt Ihr etwa dieser – Betrügerin da?« Sie wies mit dem Kopf zu Anna hin. Man sah ihr an, dass sie sich am liebsten losgerissen und auf sie gestürzt hätte. »Habt Ihr gewusst, dass Euer Arzt eine Frau ist, Majestät? Eine Frau wie ich, die sich schamlos an Eurem Körper zu schaffen gemacht hat? Und ihr glaubt Ihr mehr als mir?«
    Der Kaiser musterte Anna von Kopf bis Fuß. »Bist du sicher, dass sie eine Frau ist?«, fragte er. Seine Stimme klang, als sei er neugierig.

    Mit einem bösen Lachen stieß Helena hervor: »Natürlich. Reißt ihr die Tunika herunter, dann werdet Ihr es sehen.«
    »Seit wann weißt du das?«, fragte er.
    »Seit Jahren!«
    »Und trotzdem hast du es mir nie gesagt? Warum nicht, Helena Palaiologa?«
    Zu spät begriff sie ihren Fehler. Sie sah mit wilden Blicken um sich, wie ein Tier, das Blut und Tod wittert.
    Er fuhr fort: »Sie heißt Anna Laskaris. Das heißt, sie hat kaiserliches Blut, wie du – oder ich. Sie hat es mir selbst gesagt. Aber sie ist ein glänzender Arzt, und das habe ich von ihr erwartet. Das – und Treue.«
    Helena holte Luft, als ob sie etwas sagen wollte, begriff dann aber, dass sie damit nichts ändern würde, und atmete wieder aus.
    Kaiser Michael machte eine rasche, kaum sichtbare Handbewegung, woraufhin sich die Waräger abwandten und Helena mit sich zogen. Sie ließ sich ein wenig zu Boden sinken, als könne sie sich nicht mehr recht auf den Beinen halten.
    »Ich habe Zoe nie getraut«, sagte der Kaiser. In seiner Stimme lag leises Bedauern. »Aber ich konnte sie gut leiden. Sie war eine großartige Frau, voll Feuer und Leidenschaft, und sie hatte eine Art Ehrgefühl.« Er wandte sich zu Anna. »Ihr bekommt Euren Brief. Ihr solltet Euch beeilen, solange mein Wort noch gilt. Wenn die Stadt erst einmal gefallen ist, gibt möglicherweise niemand mehr etwas darauf. « Er lächelte trübselig. »Aber Helena hat Freunde. Es dürfte sich für Euch empfehlen, den Palast als Frau zu verlassen, damit diese Freunde den Eindruck gewinnen, dass sowohl Ihr als auch Helena hergekommen seid – und keiner von Euch beiden wieder hinausgelangt ist.«

    Es dauerte eine Weile, bis Anna ihrer Stimme einigermaßen mächtig war. »Ja, Majestät«, sagte sie, bemüht, sie nicht zittern zu lassen. »Danke.«
    Nikephoros führte sie am Ellbogen rückwärts aus der Gegenwart des Kaisers.
    Sobald sie in einem Korridor hinter dem Audienzsaal allein waren, fragte sie ihn: » Wird man Helena einkerkern? Was geschieht mit ihr, wenn die Stadt … fällt?«
    »Die Waräger werden ihr das Genick brechen«, teilte er ihr mit. »Jetzt, da die

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