Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
Vom Netzwerk:
bewirken will, Majestät«, gab ihm Bischof Konstantinos Recht. »Zugleich aber seid Ihr, wie ich weiß, ein zu guter Sohn der Kirche, als dass Ihr die Meinung vertreten würdet, der Glaube an Gott bewirke nichts.«

    Palombara trat unwillkürlich ein Lächeln auf die Züge, aber niemand sah zu ihm hin.
    »Sollte ich mich entscheiden, Kyrillos um seine Mitwirkung zu ersuchen«, sagte der Kaiser gemessen mit festem Blick, »werdet Ihr der Mann sein, den ich zu ihm schicke. Bis dahin erwarte ich, dass Ihr Eure Herde dazu bringt, sowohl auf Gott als auch auf Euren Kaiser zu vertrauen.«
    Bischof Konstantinos verneigte sich, doch lag darin nur wenig Ehrerbietigkeit. Kurz darauf wurde Palombara und Vicenze bedeutet, dass die Audienz zu Ende sei.
    »Der Eunuch könnte uns Ärger machen«, sagte Vicenze auf Italienisch, während die Waräger-Wache sie aus dem Palast geleitete. Er kräuselte angewidert die Oberlippe. » Wenn wir so jemanden nicht bekehren können«, es war offenkundig, dass er das Wort Mann betont vermied, »müssen wir nach Mitteln und Wegen suchen, seine Macht zu untergraben.«
    »Auf dem Höhepunkt ihrer Macht haben einst die Palasteunuchen bestimmt, was am Hof und weitgehend auch, was in der Regierung geschah«, teilte ihm Palombara mit hämischer Befriedigung mit. »Sie waren Bischöfe, Generäle, Minister, Rechtsgelehrte, Mathematiker, Philosophen und auch Ärzte.«
    »Nun, dem wird Rom ein Ende bereiten!«, gab ihm Vicenze mit tiefer Befriedigung zu verstehen. »Wir sind gerade noch rechtzeitig gekommen.« Er schritt kräftig aus, so dass Palombara rascher gehen musste, um ihn wieder einzuholen.

KAPİTEL 13
    Eifrig bemühte sich Palombara, mehr darüber zu erfahren, auf welche Weise der Kaiser seine Stellung in den Augen seiner Untertanen stärken konnte. Sofern sie ihn tatsächlich als ›auf einer Stufe mit den Aposteln stehend‹ ansahen, war es ohne weiteres vorstellbar, dass sie überzeugt waren, er werde ihnen auch in religiösen Fragen auf dem rechten Weg vorangehen, so, wie er es als Feldherr und dann als weltlicher Herrscher getan hatte.
    Palombara suchte die Hagia Sophia auf, aber nicht, um dort zu beten oder gar am Messopfer teilzunehmen. Ihm lag daran, die Unterschiede zwischen dem Ritus der orthodoxen und der römischen Kirche aus erster Hand kennenzulernen.
    Die Messfeier bewegte ihn innerlich stärker, als er erwartet hatte. Dieser uralte Bau mit seinen Mosaiken, Ikonen und Säulen, den mit Gold ausgekleideten Nischen, in denen herrliche Statuen von Heiligen, der Madonna und Christi standen, verlieh ihr eine feierliche Erhabenheit. Die Standbilder schienen im flackernden Licht der Kerzen von Leben erfüllt, und unwillkürlich überwältigte ihn die Schönheit des Ganzen. Die gewaltige Kuppel erweckte den Eindruck, als ruhe sie nicht auf steinernem Mauerwerk, sondern schwebe über den Fenstern. Er kannte die Legende, derzufolge sich die Menschen außerstande gesehen hatten, sie zu errichten, woraufhin Engel sie an einer goldenen Kette vom Himmel herabgehalten hatten, bis die Pfeiler darunter errichtet waren. Ursprünglich hatte er die Geschichte für ziemlich einfältig gehalten, doch an Ort und Stelle kam ihm die Sache mit einem Mal nicht mehr unmöglich vor.

    Als er hinausging, sah er auf der Treppe eine ungewöhnlich hochgewachsene Dame, die sich von der Menge abseits hielt. Ihr Gesicht schien ihm bemerkenswert. Seiner Schätzung nach war sie sicherlich über sechzig Jahre alt, doch hielt sie sich auf eine Weise aufrecht, die nicht einfach stolz, sondern geradezu hochmütig wirkte. Sie hatte hohe Wangenknochen, einen etwas zu breiten und zu sinnlichen Mund und goldfarbene Augen mit schweren Lidern. Sie sah zu ihm hin, und als sie auf ihn zukam, fühlte er sich zugleich geschmeichelt und unbehaglich.
    »Ihr seid der Legat aus Rom.« Ihre Stimme war kräftig. Aus ihren Zügen sprach große Willenskraft.
    »Ja«, bestätigte er. »Enrico Palombara.«
    Sie zuckte die Achseln leicht mit einer Bewegung, die beinahe sinnlich wirkte. »Zoe Chrysaphes«, gab sie zur Antwort. »Seid Ihr gekommen, um den Sitz der Heiligen Weisheit zu sehen, bevor Ihr darangeht, ihn zu zerstören? Berührt seine Schönheit Eure Seele, oder erreicht sie nur Eure Augen?«
    Nichts an ihr gab Anlass, sie zu bedauern. Sie stellte einen Aspekt von Byzanz dar, dem er bis dahin nicht begegnet war – möglicherweise hatte in ihr der alte Geist die Zeit der Barbarei nach dem Fall Roms überdauert: ungestüm, gefährlich

Weitere Kostenlose Bücher