Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
Vom Netzwerk:
noch einmal ein Heer von Kreuzfahrern unsere Stadt angreift?«
    Seine Hand, die schwer auf dem Tisch ruhte, ballte sich zur Faust, wobei die Knöchel weiß hervortraten. »Seht Euch doch um!«, sagte er mit Nachdruck. »Was in unserem Leben ist schön, kostbar und aufrichtig? Was bewahrt uns vor der Sünde der Habgier, vor Grausamkeit und Gewalttat, die das Gute zugrunde richten? Sagt mir, Anastasios, was?«
    »Unser Wissen, dass es Gott gibt«, gab sie sogleich zurück. »Unsere Sehnsucht nach dem Licht, das wir gesehen haben und nie wirklich vergessen können. Wir müssen an seine Existenz glauben und daran, dass seiner am Ende teilhaftig wird, wer sich im Leben bewährt.«
    Er entspannte sich und atmete langsam aus. »Genau so ist es.« Ein Lächeln vertrieb die Müdigkeit von seinen Zügen. »Glauben. Erst vor zwei Tagen habe ich mich bemüht, das dem Kaiser klarzumachen. Ich habe ihm gesagt, dass das Volk von Byzanz nicht bereit ist, etwas von dem aufzugeben, was wir sind und woran wir von Anbeginn der Christenheit geglaubt haben. Ein Anschluss an Rom wäre gleichbedeutend damit, dass wir Gott sagen, wir seien bereit, unseren Glauben aufzugeben, wenn wir uns davon einen Vorteil versprechen.«

    Er sah am Ausdruck ihres Gesichts, dass sie ihn verstand und er ihr vielleicht auch etwas Frieden gebracht hatte.
    »Natürlich hat er mir Recht gegeben«, fuhr er fort, »aber dann gleich hinzugefügt, dass Charles von Anjou einen neuen Kreuzzug plant und wir keine Möglichkeit haben, uns zu verteidigen. Man wird uns abschlachten, unsere Stadt niederbrennen, und wer das überlebt, wird ins Exil gehen müssen – diesmal vielleicht auf immer.«
    Sie sah ihn aufmerksam an. »Gott kann uns davor bewahren, wenn das Sein Wille ist«, sagte sie leise.
    »Gott hat Sein Volk stets bewahrt, wird das aber weiterhin nur dann tun, wenn wir unverbrüchlich zu ihm stehen. « Er beugte sich über den Tisch zu ihr. »Wir dürfen nicht unserem Glauben entsagen, auf die Kraft der Arme vertrauen und uns, nachdem wir den Kampf verloren haben, Gott wieder zuwenden und von Ihm erwarten, dass Er uns rettet.«
    »Aber was können wir tun?«, fragte sie rasch, da sie nicht wollte, dass er zu sehr abschweifte. »Bessarion Komnenos hat sich entschieden gegen die Union und für die Heiligkeit der Kirche ausgesprochen, wie wir sie kennen. Ich habe sein Lob aus dem Mund vieler Menschen gehört, und alle sagen, dass er ein bedeutender Mann war. Welchen Plan hatte er?« Obwohl sie versuchte, das möglichst beiläufig klingen zu lassen, erstarrte Konstantinos wahrnehmbar. Plötzlich war es im Raum so still, dass sie die bloßen Füße eines Dieners auf den Fliesen im Gang hören konnte. Schließlich seufzte der Bischof und sagte mit auf den Tisch gesenktem Blick: »Ich fürchte, er war ein Träumer. Seine Pläne hätten sich wohl kaum so in die Praxis umsetzen lassen, wie die Leute angenommen hatten.«
    Anna war verblüfft. War sie endlich der Wahrheit nahe
gekommen? Mit unschuldiger Miene fragte sie: »Was haben die Leute denn angenommen?«
    »Er hat häufig davon gesprochen, dass uns die Heilige Jungfrau beschützen würde«, begann der Bischof.
    »Gewiss«, sagte sie rasch, »ich habe die Geschichte oft gehört, wie der Kaiser vor langer Zeit aus der von Barbaren belagerten Stadt ritt. Er hatte eine Ikone der Jungfrau bei sich, bei deren Anblick der Anführer der Barbaren tot zu Boden sank, woraufhin alle Belagerer flohen.«
    Konstantinos lächelte.
    »Meint Ihr, Kaiser Michael würde seinem Beispiel folgen? «, fragte sie. »Und würde das die Venezianer oder die Lateiner davon abhalten, uns vom Meer aus anzugreifen? In ihrer Seele mögen sie Barbaren sein«, fügte sie hinzu. »Aber sie haben einen scharfen Verstand.«
    »Nein, das würde er wohl nicht tun«, räumte Bischof Konstantinos zögernd ein.
    »Auch ich kann mir das von ihm nicht vorstellen«, gestand sie. »Und Bessarion war weder Kaiser noch Patriarch.«
    Hatte Bessarion das Amt des Patriarchen angestrebt? Er war ja nicht einmal Priester! Oder etwa doch? War das sein Geheimnis? Sie durfte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen. »Wenn Bessarion nur ein Träumer war, warum hat man es dann für nötig gehalten, ihn zu töten?«
    Diesmal kam die Antwort ohne jedes Zögern. »Ich weiß es nicht.«
    Damit hatte sie mehr oder weniger gerechnet, doch als sie sah, wie die Besorgnis allmählich von Bischof Konstantinos’ glattem Gesicht wich, glaubte sie ihm nicht ganz. Es gab etwas, was er

Weitere Kostenlose Bücher