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Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Titel: Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
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in diesen Tagen auf Aberdeen gerichtet«, sagte er in feierlichem Ton. »Mit jedem Tag gewinnen die Leute, die gegen Kindesmissbrauch demonstrieren, mehr an Zulauf. Und das ist auch ganz richtig so. Aber wir können nicht zulassen, dass einige wenige irregeleitete Individuen den Schutz unserer Kinder als Ausrede für Gewalt benutzen. Ich will, dass die ganze Aktion friedlich abläuft. Es werden keine Schutzschilde eingesetzt. Wir wollen hier bürgerorientierte Polizeiarbeit demonstrieren. Verstanden?«
    Hier und da wurde genickt.
    »Sie werden unsere stolze Stadt da draußen würdevoll vertreten. Und dafür sorgen, dass alle Welt erkennt, wie ernst Aberdeen die Belange von Recht und Ordnung nimmt!«
    Er hielt einen Moment inne, als ob er auf Beifall wartete, ehe er DI Steel das Podium überließ. Sie nahm die Einteilung der Teams vor, wobei sie ziemlich gestresst wirkte. Kein Wunder – sie war für den Cleaver-Fall verantwortlich gewesen.
    Logan gehörte nicht zu den Uniformierten, weshalb sein Name nicht auf der Liste stand, ebenso wenig wie die der anderen Kripo-Beamten. Dennoch trottete er hinter dem letzten Team drein. Vor der Eingangstür blieb er stehen und blickte hinaus auf die wütende Menge, die im Eisregen vor dem Sheriff Court stand.
    Es waren noch mehr, als Logan angenommen hatte: Rund fünfhundert Menschen drängten sich auf dem Platz vor dem Gerichtsgebäude und auf den Stufen, die zu dem Parkplatz für die Mitarbeiter des Bezirksgerichts hinunterführten. Die Fernsehteams wirkten wie Inseln der Ruhe inmitten des Meers von ergrimmten Gesichtern und der Plakate mit Parolen wie » Nieder mit Evil Cleaver !«, » Macht Cleaver einen Kopf kürzer !«, » Perverses Schwein! «, » Lebenslänglich heisst lebenslänglich !« oder » Tod dem pediphilen Abschaum !«
    Logan zuckte zusammen, als er das letzte Plakat las. So was kam dabei heraus, wenn Leute ohne Hirn in selbstgerechtem Zorn auf die Straße gingen und den Mob auf ihrer Seite wussten. Das letzte Mal, als die Volksseele wegen so etwas übergekocht war, waren drei Fachärzten für Pädiatrie die Praxisfenster eingeschlagen worden. Und jetzt hatten sie es offensichtlich auf die Fußfetischisten abgesehen.
    Schon jetzt nahm das Ganze ziemlich hässliche Formen an.
    Die Demonstranten skandierten Parolen und brüllten Schmähungen in Richtung des Gerichtsgebäudes – Männer und Frauen, Eltern und Großeltern, alle zusammen schrien sie nach Vergeltung. Es fehlten nur noch die Heugabeln und die brennenden Fackeln.
    Und dann wurde die Menge plötzlich still.
    Die großen Glastüren öffneten sich, und Sandy Moir-Farquharson trat hinaus in den Regen. Gerald Cleaver war nicht bei ihm – die Grampian Police dachte nicht daran, Cleaver diesem wütenden Mob in die Hände zu liefern, so sehr sie alle auch von seiner Schuld überzeugt sein mochten.
    Sandy die Schlange lächelte in die Menge, als wäre er von lauter alten Freunden umgeben. Das war sein großer Moment. Die Fernsehkameras übertrugen sein Bild in aller Herren Länder. Heute konnte er vor den Augen der Welt glänzen.
    Ein Wald von Mikrofonen reckte sich ihm entgegen.
    Logan trat hinaus in den Regen, getrieben von krankhafter Neugier, bis er nahe genug war, um die Worte des Anwalts verstehen zu können.
    »Meine Damen und Herren«, begann Moir-Farquharson und zog einen Stoß zusammengefalteter Papiere aus der Jackentasche, »mein Mandant steht vorläufig nicht für Interviews zur Verfügung, doch er hat mich gebeten, die folgende Stellungnahme zu verlesen: ›Ich möchte allen für ihre freundlichen Worte des Beistands während dieser für mich so schweren Tage danken. Ich habe von Anfang an meine Unschuld beteuert, und heute haben die guten Bürgerinnen und Bürger von Aberdeen mich rehabilitiert.‹«
    An dieser Stelle störten die ersten Unmutsäußerungen die gespannte Stille.
    »O Mann«, murmelte ein Uniformierter, der direkt neben Logan stand, »hätten sie ihm nicht sagen können, dass er den Mund halten soll?«
    »›Jetzt, da …‹« – Sandy die Schlange musste die Stimme erheben, um sich Gehör zu verschaffen – »›… Jetzt, da mein guter Ruf wiederhergestellt ist, werde ich …‹« Weiter kam er nicht.
    Ein hünenhafter, ungepflegt aussehender junger Mann stürzte sich aus der Menge nach vorn, schob sich durch den Ring von Reportern und versetzte dem Anwalt einen Boxhieb. Mitten auf die Nase. Sandy die Schlange taumelte zurück, strauchelte und fiel hin. Die Menge brach in

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