Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)
lautete die Botschaft, Cameron?« Die mysteriöse Botschaft, von der laut Simon McLeod ganz Aberdeen wusste. Nur nicht die Polizei.
»Er hat mich angespuckt …« Cameron schluchzte auf, und ein silbrig glänzender Faden seilte sich aus seiner Nase ab. »Er hat Geordie aus der Wohnung gezerrt. Er sagte, er würde bald wiederkommen und sich mich vorknöpfen! Ich hab geglaubt, Sie wären er!«
Logan betrachtete den Mann, der vor ihm auf der Bettkante saß, mit dem Oberkörper wippte und Rotz und Wasser heulte. Er log. Er hatte aus dem Fenster geschaut und Logan und Watson vor dem Haus in ihrem Wagen sitzen sehen. Er wusste, dass es nicht Desperate Doug war, der gekommen war, um ihn zu erledigen. »Wie lautete die Botschaft?«
Cameron vollführte fahrige Gesten mit seiner verletzten Hand. Der rote Fleck auf dem Verband wurde immer größer. »Ich weiß es nicht. Er sagte nur, dass er wiederkommen würde!«
»Und was war mit dem kleinen Mädchen?«, fragte Logan.
Anderson reagierte, als ob Logan ihm eine Ohrfeige verpasst hätte. Es dauerte zehn Sekunden, bis er sich so weit gefangen hatte, dass er zurückfragen konnte: »Mädchen?«
»Das Mädchen, Cameron. Die Kleine, die als Leiche in einem Müllsack endete, der Ihrem Nachbarn aus der Wohnung über Ihnen gehörte. Erinnern Sie sich an sie? Da war doch so ein netter Herr von der Polizei bei Ihnen an der Tür und hat Ihre Aussage aufgenommen.«
Anderson biss sich auf die Unterlippe und wich Logans Blick aus.
Sie brachten nichts weiter aus ihm heraus. Und so saßen sie sich nur schweigend gegenüber, bis schließlich zwei Constables in Uniform kamen, um ihn abzuführen.
Der Constable, der in Desperate Doug MacDuffs Krankenzimmer Wache schob, hatte seinen Krimi schon halb ausgelesen, als Logan und Watson zur Tür hereinkamen. Er hatte einen langweiligen Tag hinter sich, hatte nur ab und zu ein bisschen mit den Krankenschwestern geflirtet. Logan schickte ihn wieder Kaffee holen.
In Dougs Zimmer war es düster wie in einer Gruft; nur der flimmernde Fernsehschirm verbreitete einen graugrünen Schein, in dem die Schatten zuckten und tanzten. Es war, als wären sie wieder im Turf ’n Track gelandet, nur dass diesmal niemand versuchte, sie zusammenzuschlagen. Die einzigen Geräusche waren das leise Rauschen der Klimaanlage, das Summen der Apparate und der pfeifende Atem des bleichen Mannes, der im Bett lag und zu dem stummen Fernseher hinaufstarrte. Logan setzte sich wieder ans Fußende des Betts. »’n Abend, Dougie«, sagte er mit einem Lächeln. »Wir haben dir Trauben mitgebracht.« Er stellte die Papiertüte neben sich auf die Bettdecke.
Der alte Mann rümpfte die Nase und starrte weiter den Bildschirm an.
»Wir hatten gerade eine sehr interessante Unterhaltung, Dougie. Es ging um dich!« Logan beugte sich vor und nahm sich eine Traube aus der Tüte. Im Schein des Fernsehschirms sahen sie aus wie Hasenköttel. »Die Person, mit der wir gesprochen haben, hat dich beschuldigt, Geordie Stephenson selig tätlich angegriffen und entführt zu haben. Er hat dich dabei beobachtet! Was sagst du dazu, Dougie? Zuerst das ganze Beweismaterial, und jetzt haben wir auch noch einen Zeugen!«
Keine Reaktion.
Logan nahm sich noch eine Traube. »Unser Zeuge sagt auch, dass du das kleine Mädchen auf dem Gewissen hast.« Das war gelogen, aber vielleicht konnte er ja einen Glückstreffer landen. »Die Kleine, die wir in dem Müllsack gefunden haben.«
Damit war es ihm endlich gelungen, Dougs Aufmerksamkeit von der Kiste abzulenken. Von einem halben Dutzend Kissen gestützt, saß er da und fixierte Logan mit seinem einen gesunden Auge. Und dann wanderte sein Blick zurück zum Fernseher. »Dieses kleine Arschloch.«
Das Schweigen dehnte sich in dem düsteren Raum aus. Im gespenstischen Schein des Fernsehschirms glich Desperate Doug mit seinen eingefallenen Wangen und den dunklen Ringen um die Augenhöhlen einem lebenden Skelett. Seine Zähne schwammen immer noch in dem Wasserglas.
»Warum hast du sie getötet, Dougie?«
»Ich will dir mal was sagen«, erwiderte der alte Mann mit schwacher, heiserer Stimme, ein Flüstern wie durch Glasscherben gefiltert. »Ich war ein richtig geiler Bock, als ich noch jünger war. Nicht so viel jünger, versteh mich nicht falsch. Die Weiber haben Schlange gestanden, um es sich mal so richtig von Dougie besorgen zu lassen. Und ich red von Frauen, kapiert? Frauen. Nicht so wie diese perversen Wichser.«
Logan saß da und wartete, während Doug
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