Die Echsenwelt: Ein Pip& Flinx Roman
wahrnehmen, sondern auch ihre eigenen verbergen konnte. Er hatte sich so sehr daran gewöhnt, die Feindseligkeit anderer und damit die von ihnen ausgehende Bedrohung zu spüren, dass er unvorsichtig geworden war. Da war auch die Erkenntnis kein Trost, dass Pip die Gefahr offenbar ebenfalls nicht erkannt hatte. Als der Hass schließlich mit unverwässerter Macht aus ihr herausgeströmt war, war es für eine Reaktion bereits zu spät gewesen.
Als er sich endlich wieder aufgerappelt hatte, leicht lahm auf seinem schmerzenden Bein, war das Verdeck schon geschlossen. Über ihm schoss aufgeregt Pip hin und her und suchte nach einem Feind, den sie angreifen konnte. Doch dieser Feind war von einer Schicht aus transparentem, photosensitivem Plexalum geschützt, die nicht einmal das Gift des Minidrachen zu durchdringen vermochte.
Eine Hand auf sein schmerzendes Knie gepresst, starrte er zu ihr hinein. Natürlich konnte er sie nicht mehr hören, doch er las es von ihren Lippen ab, die sie rücksichtsvollerweise übertrieben bewegte, als sie ihn mit ein paar letzten Worten bedachte.
»Tut mir leid – das brauche ich.« Und gleichsam wie ein spöttisches Lebewohl setzte sie hinzu: »Bruder.«
»Warum«, brüllte er sie an. Sie konnte ihn ebenfalls nicht hören, und falls sie es ihm von den Lippen ablesen konnte, hatte sie beschlossen, keine Antwort zu geben. Wie schrecklich musste ihre Angst sein, dachte er. Wie entsetzlich ihr Argwohn und Misstrauen, die sie dazu trieben, jeden in ihrer Umgebung zu fürchten – insbesondere die einzige Person im besiedelten Arm der Galaxis, die vielleicht so etwas wie Mitgefühl und Verständnis für sie aufbrachte.
Mit leisem Schnurren fuhr der Antrieb des Transportmoduls hoch und zwang ihn zurückzutreten, um sich aus dem Wirkungsbereich des Triebwerks zu bringen. Kaum hatte sich das Vehikel aus seinem vorübergehenden Nest zwischen den seltsamen Kugeln und Rechtecken erhoben, da war auf beiden Shuttles auch schon ein deutlicher Anstieg von Aktivität zu verzeichnen. Flinx hatte keine Zeit mehr zum Dastehen und Glotzen.
Er schaffte es, zum nächsten Innentor zurückzugelangen, ohne dass seine Anwesenheit von den AAnn auf einem der beiden Transporter bemerkt wurde. Falls Verblüffung und Verwirrung zu einer Verlangsamung der Reaktionszeit der Wachposten führten, mochte es Mahnahmi durchaus gelingen, aus der Raumstation herauszukommen. Über ihr weiteres Vorgehen wagte er keine Prognose abzugeben, außer dass es mit Sicherheit ziemlich unorthodox sein würde. Sie würde es, eine einzelne, unbewaffnete junge Frau, mit einem gekaperten KK-Frachter und einem waffenstrotzenden Kaiserlichen Kriegsschiff aufnehmen müssen.
Die nichtsahnenden AAnn taten ihm beinahe schon leid.
Nunmehr sämtlicher Fluchtmittel beraubt und mit einer Horde wütender AAnn-Soldaten im Nacken, blieb ihm jedoch wenig Zeit, sich über die Vorgehensweisen anderer den Kopf zu zerbrechen. Eines stand allerdings außer Frage: Er konnte schlecht einfach dastehen und hoffen, dass irgendein Wunder ihn wieder zurück zur wartenden Teacher beförderte. Wenig begeistert von der einzigen Chance, die ihm noch blieb, doch ohne eine andere Option oder auch nur hinreichend Zeit, seine Möglichkeiten zu erwägen, kehrte er der Schleuse den Rücken und zog sich wieder in die unbekannten Tiefen der rätselhaften Raumstation zurück.
18
Kommandantin Voocim war ganz und gar nicht erfreut. Schon jetzt hatte sie zwei ihrer Soldaten verloren und war ein weiterer außer Gefecht gesetzt, und dies allein aufgrund des unvorhersehbaren Verhaltens eines einzelnen, von Selbstmordgelüsten getriebenen Menschen. Nunmehr lief mindestens noch einer von ihnen frei herum, während ein dritter es geschafft hatte, der Falle, die man den Flüchtigen in der Andockbucht gestellt hatte, auf irgendeine Weise zu entkommen.
Nissasst, sagte sie sich. Der Ärger würde nur von kurzer Dauer sein. Der Mensch, der sich noch in dem Objekt aufhielt, würde alsbald schon gefasst sein, und der eine, der das bemerkenswerte Kunststück vollbracht hatte, in den Weltraum zu entfliehen, rasch einsehen, dass seine Anstrengungen zu nichts führten. Voocim war bereits darüber in Kenntnis gesetzt, dass einer der Menschen die Flucht mittels einer kleinen Wartungseinheit ergriffen hatte, die lediglich imstande war, Entfernungen zwischen Schiffen im Orbit zurückzulegen. Ihr einziger Passagier würde binnen Kurzem schon längsseits der Sstakoun oder des gekaperten
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