Die Echsenwelt: Ein Pip& Flinx Roman
neugierigen Militärs auf sich zog, konnte er weiter nach dem voraussichtlich bestens getarnten Landetrupp von der Crotase suchen.
Einstweilen jedoch stand die glühende Sonne Pyrassis' noch hoch am Himmel, und die beiden Wissenschaftler waren mit ihrer täglichen Arbeit beschäftigt. An einem schweren Vorratscontainer festgemacht, außerstande, sich zu entfernen, am Hals die ständige Bedrohung des explosiven Kragens, der im Nacken scheuerte, verschränkte Flinx die Arme vor der Brust, schloss die Augen und versuchte ein bisschen zu schlafen.
11
Als er erwachte, war es dunkel. Nur Pyrassis' große Monde erhellten die Nacht. Durch ein paar schlitzförmige, bodennahe Beobachtungsluken sickerte ihr matter, ätherischer Schimmer in den Raum. Doch weder die Dunkelheit noch der Mondschein hatten ihn geweckt. Es war Pip gewesen.
Sie war in höchster Aufregung und hellwach, den dreieckigen, smaragdgrünen Kopf nach oben gereckt, die Flügel halb aufgerichtet zum Flug. Ihre winzigen, klugen Augen waren auf eine Bewegung in den Schatten gerichtet. Kein AAnn, aber etwas anderes mit Beinen. Vielen Beinen. Zu vielen Beinen.
Nein, das waren keine Beine, befand Flinx, als mehr von deren schlangenartigem Besitzer aus dem Boden auftauchte. Eher Schwimmschaufeln, starre, flossenähnliche Anhängsel, die es der Kreatur gestatteten, sich durch den Sand anstatt darüber hinweg zu bewegen. Die lange, schmale Schnauze des Geschöpfes ließ keinerlei Zähne erkennen. An ihrer Stelle wand sich dort ein Quartett umhertastender Zungen. Jeder dieser dünnen Auswüchse besaß eine Länge von etwa einem Meter, oder zumindest der Teil, den die Kreatur zu zeigen beschlossen hatte. Alle vier verjüngten sich zu einer Spitze. Im Gegensatz zu der gelb-schwarz gefleckten Oberhaut des Eindringlings leuchteten seine inneren Fortsätze in einem auffälligen, feurigen Rot. Unablässig schnellten sie vor der augenlosen Schnauze hin und her und sondierten die Umgebung. Das Loch oder der Bau, aus dem das merkwürdige Tier hervorkroch, war, wie Flinx bemerkte, an dem harten, schwarz geriffelten Material des ominösen Transmitters vorbei in den Sand gegraben worden.
Flinx blieb ruhig, sagte sich, dass dieser Besucher aus den kühleren unterirdischen Regionen wahrscheinlich bloß neugierig war. Abgesehen von seiner Größe wirkte an ihm im Grunde nichts wirklich bedrohlich. Während er die Kreatur beobachtete, die über den Boden glitt und mit ihren Zungen an Behältern und Verpackungen, an Einrichtungsgegenständen und wissenschaftlichem Zubehör schnüffelte, wurde seine Aufmerksamkeit abermals auf das Loch im Boden gelenkt. Ein ringförmiger Wulst aus Sand hatte sich rund um die Öffnung gebildet, aus der der Besucher zum Vorschein kam. Und zum Vorschein kam und zum Vorschein kam und gar nicht wieder aufhören wollte, zum Vorschein zu kommen ...
Verdammt, wie lang war das Biest überhaupt?
Immer weiter schob sich das träge emporstrebende Kabel aus Fleisch und Blut aus seiner aufbrechenden Höhle, bis der dahockende, viel kleinere Bewohner der Abstellkammer zu dem Entschluss gelangte, dass es möglicherweise an der Zeit war, auf seine sorgsam bedachten Pläne zu pfeifen und schnellstmöglich zu verschwinden. Flinx konzentrierte seine Gedanken, fokussierte seine Emotionen und schreckte damit Pip von seiner Schulter auf. Augenblicklich schwang sie sich in die Höhe und schwebte erwartungsvoll vor ihm. Erleichtert stellte Flinx fest, dass das stete Sirren ihrer Flügel den Eindringling nicht von dessen Inspektion des Kammerinventars ablenkte.
Mit den Fingern der einen Hand über sein Halsband streichend, gab er mit der anderen ein entsprechendes Zeichen. Auf Moth hatte er sich als Kind oft einen Spaß daraus gemacht, seiner schlanken, geflügelten Freundin ein paar einfache Kunststückchen beizubringen. Wozu er sie jetzt bewegen wollte, hätte ein anderer vermutlich kaum als Kunststückchen bezeichnet, war aber auch nicht eben einfach. Es war zudem hochgradig gefährlich.
Pip erfasste die beredsame Geste ebenso rasch wie die Fingerhaltung ihres Gefährten. Sie schoss nach vorn, brachte sich sorgfältig in Position, zielte, und schon im nächsten Moment sickerten aus der fleischigen Aufwölbung, die an der Unterseite ihres Oberkiefers eine sich verengende Röhre bildete, einige Tropfen Gift auf den bezeichneten Punkt an dem Halsband um Flinx' Kehle. Sofort fing das elastische, maschinell gewebte fremdartige Material an zu zischen. Flinx wandte den Kopf
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