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Die Ecstasy-Affäre

Die Ecstasy-Affäre

Titel: Die Ecstasy-Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Spezialschlinge, dünner und kürzer, beweglicher und leichter. Damit umzugehen, mußte man lernen. Von hinten über den Kopf werfen, dann ein kräftiger Ruck mit gleichzeitigem Zuziehen. Das hört sich einfach an, aber Son begann zu fluchen.
    Die langen Haare, diese verdammten langen Haare! Sie bremsten wirklich.
    Tagelang warf Son seine Schlingen um den schmalen Holzkopf. Oft setzte er sich resignierend auf einen Stuhl zwischen seine Köpfe und fragte sich, ob es nicht besser und sicherer sei, von hinten mit einem fein geschliffenen Messer die Kehle durchzuschneiden. Dabei würde allerdings viel Blut fließen, und Blut hatte Son von jeher verabscheut. Er hatte in Vietnam zuviel davon gesehen und an seinen Händen kleben gehabt.
    Nur kurz, wirklich nur ganz kurz dachte er daran, seine Geschicklichkeit an seiner Frau Marika auszuprobieren, aber dann verwarf er diesen Gedanken. Bei einem gespaltenen Kehlkopfknorpel konnte man schlecht behaupten, Marika sei an einem Herzinfarkt gestorben. Man konnte sie hinterher nur noch aufhängen und erklären, sie sei immer unglücklich gewesen und hätte vom Tod gesprochen. Vor allem ihr linker Klumpfuß hätte sie über Jahre hinweg depressiv gemacht. Eine wahre Tragödie.
    Für Son war das alles zu kompliziert. Man soll vor einer Gefahr weglaufen, aber sie nicht ins Haus holen. Darum weiter üben, immer üben; ein Frauenhals ist ein Kunstwerk der Natur.
    Hua Dinh Son war deshalb sehr erfreut, als ihm die fremde Stimme eines Tages befahl, an die holländische Grenze zu fahren. Im Hotel Kerkenhof würden die üblichen Informationen liegen. Honorar: 7.000 Dollar.
    Die Höhe des Lohnes löste bei Son große Freude aus. Er kochte ein Huhn auf vietnamesische Art, wärmte eine Flasche Pflaumenwein, zündete acht Räucherkerzen an, weil acht eine Glückszahl war, das hatte er von den Chinesen erfahren, und berichtete seiner Marika jubelnd: »Wir werden ein großes Geschäft machen. Holz aus dem Norden! Ich werde morgen für zehn Tage verreisen.«
    Marika fragte nicht nach Einzelheiten, sie hatte das nie getan. Sons Reisen hatten immer Geld gebracht, und das war wichtig. Und ab und zu brachte er auch ein Schmuckstück mit, einmal sogar einen Rosenkranz aus rosa Quarz. Marika war eine gläubige Katholikin und fehlte an keinem Sonntag in der Kirche.
    Das alles war Franz von Gleichem unbekannt. Er wunderte sich nur, daß Lok die Tatsache, daß Dr. Habicht mit einem Foto nach Ulrike suchte, so gelassen hinnahm.
    Über den ›Fall Robert Habicht‹ hatte sich Schweigen gelegt. Längst gab es wichtigere Sensationen für Presse und Fernsehen. Prominente Steuersünder wurden unter die Journalistenlupe genommen, das Volk empörte sich über die geschröpften Lohntüten mit dem Weihnachtsgeld, Scheidungen von Berühmtheiten sorgten für Häme, die Pleitewelle animierte viele zu Protestmärschen, in Brüssel stritt man sich um so elementare Dinge wie den Krümmungsgrad der Bananen oder genmanipulierte Kartoffeln. Ein bekannter Filmschauspieler wurde in der Karibik nackt fotografiert und verklagte den Fotografen, was die Zeitungen zu dem Kommentar reizte: Soviel Lärm um ein Würstchen. Die Affäre Habicht war vergessen.
    Große Verwunderung herrschte auch in den Dezernaten von Wortke und Reiber. Die Verbreitung des Phantombildes war ein blamabler Schlag ins Wasser gewesen.
    Natürlich hatten sich eine Menge ›Zeugen‹ gemeldet, aus ganz Deutschland, nachdem das Fernsehen dazu aufgerufen hatte. Die Kriminalpolizei zählte 176 Hinweise, die allesamt unbrauchbar waren. Die geheimnisvolle Frau wollte man in Berlin, Hamburg, Hannover, Saarbrücken, Emden, Lübeck, Würzburg, Stuttgart und Leipzig gesehen haben. Sogar aus der Lüneburger Heide kam eine Meldung: »Diese Frau hat gestern im Supermarkt Brot, WC-Reiniger und vier Brühwürstchen gekauft.«
    »Es ist zum Kotzen!« rief Wortke enttäuscht und deshalb wütend. »Es muß doch unter fast achtzig Millionen Deutschen einen geben, dem das Gesicht dieser Frau aufgefallen ist. Und Bekannte muß sie auch haben; sie hat ja nicht in einer Höhle gelebt. Sie hat eine Wohnung, hat eingekauft, war beim Friseur, muß Freundinnen haben …«
    »Die werden die letzten sein, die sich melden. Wer will in einen Mordfall verwickelt werden«, gab Reiber zu bedenken.
    »Von Mord steht nichts unter dem Bild! Das kann also keiner wissen.«
    »Aber wer öffentlich gesucht wird, dazu noch von der Polizei, ist eine Person, von der man die Finger läßt.« Reiber konnte

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