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Die Ecstasy-Affäre

Die Ecstasy-Affäre

Titel: Die Ecstasy-Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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es lächerlich, einem Kinderpsychologen zuzuhören, der von einem ungeordneten Elternhaus spricht, von Umwelteinflüssen und einer geistigen Minderentwicklung. Ein solcher Junge ist schuldfähig, weil er die Tat bewußt begangen hat! Ich weiß, ich greife damit heiße Eisen an, aber die bedrohliche Entwicklung in der Jugendszene fordert eine Gesetzesänderung. Wer aber kann nur die Gesetze ändern? Die Politiker! Und hier ist das Ende der Fahnenstange. Man wird sich in Bonn nie einig werden. Das große Wort, unsere Gesetze reichen aus, ist eine Lüge! – Ich danke Ihnen für Ihre Geduld, meine Damen und Herren.«
    Applaus begleitete Reiber ins Nebenzimmer. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und sehnte sich nach einem Bier. Er blieb sitzen, als der Oberbürgermeister, der Polizeipräsident und Wortke den Raum betraten.
    »Das haben Sie alles gut gesagt«, lobte der Polizeipräsident. »Das war – wie man so sagt – die Stimme des Volkes. Glauben Sie, daß sich etwas ändert?«
    »Nein, Herr Präsident. Ich habe es schon einmal gesagt: Der Krümmungsgrad der Banane ist wichtiger. Erlauben Sie mir ein ehrliches Wort?«

»Bitte …«
    »Es ist zum Kotzen!« stellte Reiber fest.
    Bertha Hellenkamp war eine rüstige Witwe von 63 Jahren, in St. Pauli geboren, in St. Pauli aufgewachsen, in St. Pauli verheiratet. Sie hatte drei Kinder geboren und in St. Pauli ihren Mann Eduard zu Grabe getragen. Es gab nichts, was sie erschüttern konnte. Wer St. Pauli so kannte wie sie, dessen Haut war zur Hornhaut geworden.
    Bertha bewohnte eine Vierzimmerwohnung in der Roosenstraße, also am Ende der vielbesungenen Großen Freiheit, ganz in der Nähe der Puff- und Vergnügungswelt. Zeit ihres Lebens hatte sie Huren gesehen, in den umliegenden Wohnungen hausten in möblierten Zimmern Heerscharen von ihnen und Strichjungen. Nach dem Tod von Eduard hatte Bertha ein Zimmer zuviel und vermietete es, aber nie an Zugehörige des horizontalen Gewerbes. Sie hielt ihre Wohnung rein, wie sie es nannte, und auch ihr letzter Mieter war ein Student gewesen, der nun ein neues Semester in Freiburg belegt hatte. Er hatte im Rahmen der Biologie Insektenkunde studiert und ihr erzählt, daß es etwa 750.000 verschiedene Insekten gäbe, die man kenne, aber Hunderttausende, die man noch erforschen müsse. Bertha Hellenkamp hatte nie begriffen, daß ein Mensch sich für so etwas interessieren und es auch noch studieren konnte.
    Nun war er ausgezogen, das Zimmer war frei, und Bertha hoffte auf einen neuen anständigen Mieter, der nicht gleich am nächsten Tag eine Bettgefährtin mitbrachte.
    Sie war etwas erstaunt, als ein Mann im mittleren Alter an ihrer Tür klingelte, sich höflich verbeugte und fragte:
    »Stimmt es, daß Sie ein Zimmer zu vermieten haben?«
    Es war drei Tage vor Weihnachten. In Berthas Wohnung roch es nach frisch gebackenem Zimtgebäck. Auch nach Eduards Tod backte sie Weihnachten ihre Plätzchen und brachte sie dann in ein Waisenhaus.
    »Es stimmt!« Bertha musterte den Frager und konnte sich nicht denken, daß ein so eleganter Herr ein möbliertes Zimmer auf St. Pauli sucht. »Woher wissen Sie das?«
    »Ich habe zwei Tage im Hotel gewohnt. Ein Hausdiener gab mir den Tip, als ich ihn danach fragte. Kann ich das Zimmer mal sehen?«
    »Sie wollen das Zimmer mieten?«
    »Ja. Ist das so ungewöhnlich?«
    »Ich hätte gedacht, daß Sie ein Vater sind, der für seinen Sohn ein Zimmer sucht. Einen Studenten vielleicht …«
    »Das ist lange her, daß ich ein Student war …«
    »Sie haben studiert?« Für Bertha war das schon wie eine Visitenkarte.
    »Ja.«
    »Aber keine Insektenkunde …«
    »Nein. Jura.«
    »Oh! Rechtsanwalt?«
    »So ähnlich.«
    »Und Sie wollen bei mir ein möbliertes Zimmer mieten? Als Rechtsanwalt?«
    Bertha sah ihn mit schief geneigtem Kopf an. Achtung! Da stimmt etwas nicht. Wie kann ein vornehmer Herr, der so etwas wie ein Rechtsanwalt ist, in St. Pauli ein Zimmer mieten? Umgeben von Nutten und Homos! Da steckt doch etwas anderes dahinter. Der wird etwas ausgefressen haben und muß sich jetzt verstecken! Und morgen hat man die Polizei am Hals! Nichts da, mein Herr … Bertha Hellenkamp hatte noch nie etwas mit der Davidswache zu tun gehabt.
    »Ich komme aus München.«
    »Das mag sein.« Berthas Stimme wurde energisch. »Das Zimmer ist nichts für Sie.«
    »Sie sind mißtrauisch, nicht wahr? Mit Recht. Darf ich mich Ihnen vorstellen. Ich bin Dr. Hubert Habicht aus München.«
    »Sogar ein Doktor!« Bertha wurde

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