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Die Ecstasy-Affäre

Die Ecstasy-Affäre

Titel: Die Ecstasy-Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ihn?«
    »Wo?« Sie warf den Kopf in den Nacken und starrte hinauf zum Mond. Er war seit ihrem letzten Treffen runder geworden. Die Krater hoben sich deutlich ab, die Ebenen und Täler aus Staub und Gestein.
    »Da ist er doch, Christa, der Mann im Mond. Sieh genau hin. Dort die Augen, das faltige Gesicht, der gebogene Mund, das runde Kinn. Er ist ein alter Mann, ein uralter Mann. Sieh nur, er lächelt dir zu. Er sieht dich an, er sieht dich tatsächlich an. Und wenn du ganz still bist, hörst du ihn auch. Er sagt zu dir: ›Christa, du bist ein hübsches Mädchen. Ich mag dich.‹«
    Sie nickte und lehnte den Kopf wieder an Roberts Schulter. »Ich höre ihn. Und er sagt noch mehr. Er sagt: ›Robert kannst du vertrauen.‹«
    »Wie gut der Mann im Mond mich kennt.«
    Sie schwiegen wieder, blickten in den Sternenhimmel, und es war ein großer Frieden um sie, eine ganz eigene Welt, die nur ihnen allein zu gehören schien.
    »Leg dein Gesicht ins Gras«, sagte Robert leise. »So, als wolltest du schlafen.«
    Sie tat es, legte sich auf die Erde, zog die Beine an und drückte das Gesicht in das Gras. Die Erde war noch warm von der Sonne, und diese Wärme strömte über die Pflanzen wieder zurück in die reine Nachtluft.
    »Spürst du den Atem der Erde?« fragte Robert.
    »Ja, sie atmet wirklich.« Es war für Christa ein fremdes, überwältigendes Erlebnis. »Sie atmet. Und … und es riecht nach Sonne.« Sie streckte sich ganz auf der Wiese aus und vergrub das Gesicht in den Gräsern. »Es ist wundervoll. Es ist toll! Ich habe das nicht gewußt.« Sie tastete nach Robert, und er ergriff ihre Hand und hielt sie fest. »Warum habe ich das nicht gewußt?«
    »Nur die wenigsten Menschen wissen es und können davon erzählen.«
    »Und wer hat es dir erzählt?«
    »Niemand. Ich habe es selbst entdeckt. Ich liege gern und oft im Gras, unter einem Baum, an einem See, an einem Flußufer, am Waldrand. Die Natur ist der wirkliche Freund der Menschen, aber der Mensch zerstört sie systematisch. Die Menschen werden seelenlos. Warum nennt der Russe sein Land Mütterchen Rußland? Weil er weiß, daß diese Erde die Quelle aller Kraft ist. Die Ureinwohner Australiens, die Aborigines, schlafen wie seit dreißigtausend Jahren auf der Erde. Man hat ihnen Hütten gebaut, wollte sie domestizieren, wie es so schön heißt. Sie haben die Hütten als Brennholz benutzt und schlafen weiter auf der Erde. Die Erde ist ihre Urmutter. Nichts kann sie ersetzen. Der Geruch der Erde ist ihr Lebenselixier. Dieses Gefühl haben wir alle verloren. Wir Menschen verrohen immer mehr, je weiter wir uns entwickeln. Fortschritt wird bei uns zum Seelensterben.«
    »Du redest wie ein Pfarrer.« Christa setzte sich wieder auf Roberts Jacke. »Aber eins bewundere ich: Du bist 'n kluger Junge. Ich bin eine dumme Nuß!«
    »Du hast noch viel Zeit, etwas zu lernen.«
    »Will ich das? Nee!« Sie legte sich wieder auf die Wiese und roch am Gras. »Was hab ich davon, wenn ich weiß, wieviel dieser Mozart zusammengeschrieben hat! Wenn ich im Kaufhaus BHs und Slips verkaufe, hab ich am Abend die Nase voll und will Remmidemmi um mich haben. So 'n richtiger Hammer-Sound. Was soll ich da mit so 'nem Scheiß wie ›Dies Bildnis ist bezaubernd schön …‹«
    »Zauberflöte. Woher kennst du das?«
    »Hab ich im Radio gehört. Mein Alter bekommt dann wässrige Augen.« Sie streckte sich wieder lang auf der Erde aus. »Du … ich könnte im Gras schlafen. Es riecht wirklich gut. Hast du schon mal auf 'ner Wiese geschlafen?«
    »Oft.«
    »Wo denn?«
    »Überall. Auf unseren Ausflügen schlafen wir Pfadfinder meist in Zelten.«
    »Du bist …« Sie hob den Kopf und umklammerte ihn, als stehe sie in einem starken Wind und müsse ihre Haare festhalten. »Das hältste ja im Kopf nicht aus. Du bist Pfadfinder? Jeden Tag eine gute Tat … Da jubelt der Hund in der Pfanne …«
    »Du hast doch zu Hause ein richtiges Bett«, wich er aus. Jeden Tag eine gute Tat? Jetzt verkaufte er jeden Tag Ecstasy-Pillen. Auch eine gute Tat? Für die jungen Käufer bestimmt … Er, Robert, lieferte ihnen ein Glücksgefühl, ein Schweben über dem Alltag, die Kraft, stundenlang durchzutanzen, ohne zu ermüden, den Rausch der Liebe, ein anderes, bisher verborgenes Leben. Es war eine gute Tat – Robert spürte sie ja am eigenen Leibe.
    »Ein Bett?« Christa blickte hoch. »So 'n Kastenbett, das man tagsüber in 'ne Couch verwandeln kann. Was soll ich mit 'ner Couch? Tagsüber stehe ich im Kaufhaus zwischen

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