Die Edda - Die Edda
äußerst erregt und erkannten das als ihr Schicksal, daß sie nur dann die Möglichkeit hatten, ihr Leben zu retten, wenn sie siegten, und daß es wenig Zweck hätte, die Goten um Frieden zu bitten. Die Goten verteidigten ihre Freiheit und ihr Vaterland wider die Hunnen Sie hielten darum stand, und jeder reizte den andern auf. Als der Tag sich neigte, machten die Goten einen so heftigen Angriff, daß die Reihen der Hunnen zu wanken begannen. Und als Angantyr das sah, ging er aus der Schildburg vor und an die Spitze der Schlachtabteilung, hatte in der Hand den Tyrfing und hieb Männer und Rosse nieder. Da ward die Schildburg vor den Hunnenkönigen durchbrochen, und die Brüder wechselten Hiebe miteinander. Da fielen Hlöd und König Humli; und da brach die Flucht bei den Hunnen aus. Aber die Goten griffen an und fällten eine so große Schar, daß die Flüsse aufgehalten wurden und aus ihrem Lauf stürzten. Aber die Täler waren angefüllt mit Pferden und toten Männern und ihrem Blut. König Angantyr ging da, die Walstatt zu betrachten, und fand seinen Bruder Hlöd. Da sagte er:
28
»Ich bot dir, Bruder,
bruchfreie Ringe,
an Geld und Gut,
was du begehrtest zumeist.
Erlangt hast du nun
als Lohn des Kampfes
nicht Land noch Leute,
noch lichte Ringe.«
Und weiter sprach er:
29
»Böses traf uns, Bruder;
dein Blut hab ich vergossen.
Das bleibt unvergessen:
Arg ist der Nornenspruch.«
33. Das Alte Sigurdlied
M it diesem Liede kommen wir zu dem berühmten Nibelungenkreis. Ein Hauptstück davon war die tragische Liedfabel, die nach der Heldin Brünhildsage heißt. Sie füllt die erste Hälfte des deutschen Nibelungenbuchs. Wie sie Jahrhunderte früher, als gedrungenes Stabreimlied, aussah, davon gibt unser Bruchstück einen Begriff.
Heusler
Dieses Lied stellt die älteste uns erhaltene Form der Werbungssage dar. Seine erste Hälfte fällt in die Lücke der Eddahandschrift und ist daher verloren. Den Inhalt können wir mit Hilfe der Wölsungensaga feststellen, jedoch nur annähernd: er ist dort mit dem eines andern Liedes verwoben, das ebenfalls verloren ist. Wir geben ihn deshalb nur kurz wieder. Die ersten beiden Gesätze teilt die Wölsungensaga mit.
Brünhild ist hier keine Walküre, sondern eine Schildjungfrau. Sie scheint schon hier zur Schwester Atlis gemacht zu sein (Wölsungensaga, vgl. Str. 7). Damit stellt das Lied die Verbindung zur Sage vom Burgundenuntergang her, jedoch in anderer Weise als die deutsche Sage. Unklar bleibt, wie die irdische Maid zur Waberlohe kommt, die wir sonst nur bei außermenschlichen Wesen finden (Skirnirlied, Fjölswinnlied). Davon, daß Sigurd schon früher mit Brünhild zusammengetroffen sei oder sich gar mit ihr verlobt habe, läßt dieses Lied nichts erkennen. Aber Brünhild hat wohl damit gerechnet, daß nur Sigurd die Lohe werde durchreiten können. Als sie von dem Trug erfährt, verlangt sie Rache. Diese trifft zuerst Sigurd, dann aber auch Gunnar: Ihn hat Brünhild zu
dern er selbst meineidig geworden sei und daher untergehen müsse. Auch am Schluß des Liedes fehlt wohl etwas. Wahrscheinlich hat es damit geendet, daß Brünhild ihren Entschluß kundtut, nun selbst zu sterben. Der Sammler hat dies hier weggelassen, weil spätere Lieder (Jüngeres Sigurdlied, Brünhildens Helfahrt) es genauer erzählen.
Das Alte Sigurdlied scheint nicht vor der Jahrtausendwende geschaffen zu sein. Die Sprache ist nicht so verdichtet wie in den älteren Heldenliedern. Die Silbenzählung ist weitgehend durchgeführt.
Genzmer
Sigurd der Drachentöter hat Schwurbruderschaft mit Gunnar und Högni, den Söhnen Gjukis, geschlossen und hat ihre Schwester Gudrun zum Weibe bekommen. Gunnar beschließt, um Brünhild zu werben, die geschworen hat, nur den Besieger ihrer Waberlohe zu nehmen. Sigurd verspricht seine Hilfe. Umsonst versucht Gunnar, durch die Flammen zu reiten; als ihm Sigurd sein Roß leiht, geht dieses unter ihm nicht vorwärts. Da tauscht Sigurd mit Gunnar die Gestalt.
1
Der Brand raste,
der Boden wankte;
hohe Lohe
zum Himmel stieg.
Keiner wagte
von des Königs Schar,
hindurch zu reiten,
drüber zu setzen.
2
Sigurd Grani
mit Gram spornte;
die Rüstung blinkte,
die Regin schlug;
das Feuer sank
vor dem Fürstensohn;
die Lohe erlosch
vor dem Lobgierigen.
Sigurd tritt ein und nennt sich Gunnar. Brünhild ist enttäuscht und bekümmert. Aber getreu ihrem Schwur willigt sie in die Ehe ein und teilt drei Nächte das Lager mit ihm. Er legt sein blankes Schwert
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