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Die Edda - Die Edda

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Heerfahrt trieb
mit grimmigen Worten
Gudrun die Söhne.
     
    2
    »Versitzt ihr die Rache?
Versinnt ihr das Leben?
Erfreut euch noch
frohes Gespräch?
Zertreten von Rossen
ließ die traute Schwester,
jung an Jahren,
euch Jörmunrek,
hellen und dunkeln,
auf dem Heerwege,

grauen, gangschnellen
gotischen Hengsten.
     
    3
    Gunnars Geschlecht
gleicht ihr wenig;
nicht seid ihr beherzt,
wie Högni war.
Nicht ruhtet ihr,
bis sie gerächt wäre,
hättet ihr den Mut
meiner Brüder
und das harte Herz
der Hunnenkönige.«
     
    4
    Das sprach Hamdir,
der hochgemute:
»Nicht rühmtest so hoch
du Högnis Tat,
als die Gesippen
Sigurd weckten:
Deine Bettlinnen,
die blauweißen,
färbte Reckenblut,
rötete Wundtau.
     
    5
    Böses brachte
die Bruderrache,
schlimmen Schmerz,
daß du die Söhne erschlugst:
Vereint könnten wir
alle rächen
die junge Schwester
an Jörmunrek.
     
    6
    Das Heergewand holt
der Hunnenkönige!
Gereizt hast du uns
zum Rachewerk.«
     
    7
    Lachend ging
Gudrun zur Kammer,
nahm aus den Kisten
Königshelme,
lange Brünnen,
brachte sie ihnen;
Rosses Rücken
die Recken bestiegen.
     
    8
    Das sagte Hamdir,
der hochgemute:
»So kehrt später
der Speer-Njörd, gefällt
im Gotenvolk,
zu Gudrun heim,
daß du uns allen
das Erbmahl trinkst,
deinen Söhnen
und Sigurds Tochter.«
     
    9
    Es ging Gudrun,
Gjukis Tochter,
traurig weinend
am Tor zu sitzen
und zu erzählen,
zährenbenetzt,
trübe Mär
von mancherlei Harm.
     
    10
    »Sah drei Heime,
sah drei Herde,
ward drei Herrschern
ins Haus geführt.
Einzig war Sigurd
der allerbeste,
des Blut vergossen
die Brüder mein.
     
    11
    Schwereren Schmerz
schaut ich nimmer;
doch schienen sie mir
Schlimmres zu tun,
als die Edeln mich
Atli gaben.
     
    12
    Rasche Hunnen
rief ich heimlich:
so lange blieb
mir Buße versagt,
bis ich den Nacken zerhieb
den Niblungen.
     
    13
    Ich ging zum Strand,
gram den Nornen:
Fliehen wollt ich
ihren Fehdehaß;
sank nicht, mich hoben
hohe Wogen:
Ich stieg ans Land,
leben mußt ich.
     
    14
    Ins Bett kam ich -
Beßres hofft ich -
zum dritten Mal
mächtigem König;
auf zog ich Kinder,
Erbeshüter,
Jonakers Söhne
(und die junge Schwanhild).
     
    15
    Der Mägde Schar
um Schwanhild saß;
sie liebt ich zumeist
von meinen Kindern.
Allen schien sie
in unserm Saal
wie ein sieghafter
Sonnenstrahl.

     
    16
    Ich schenkte ihr Gold,
schmucke Kleider,
eh ich sie gab
ins Gotenvolk.
Der schärfste Schmerz
schien mir dieser,
um meiner Schwanhild
schimmerndes Haar,
in den Straßenstaub
von Hufen gestampft.
     
    17
    Der brennendste doch,
als im Bett sie mir
Sigurd erschlugen,
des Siegs beraubt;
der grimmste doch,
als dem Gunnar dann
lichte Schlangen
ans Leben krochen;
der herbste doch,
als zum Herzen sie
dem lebenden König,
dem kühnen, schnitten.
     
    18
    Bittres schaut ich,
(Böses schaut ich;
enden will ich
nun all mein Leid.)
     
    19
    Schirre, Sigurd,
das schwarze Roß,
den hurtigen Hengst,
lenk ihn her zu mir!
Nicht sitzt bei mir
Sohn noch Tochter,
die Gudrun Gold
geben könnten.
     
    20
    Gedenk, Sigurd,
was wir sagten,
als wir auf dem Bett
beide saßen:
Du wollest, kühner,
kommen zu mir,
zur Erde von Hel
und ich zu dir!
     
    21
    Schichtet, Edle,
Eichenscheite;
unterm Herrscher laßt
hoch sie sich türmen!
Die leidvolle Brust
brenne Feuer;
Harm im Herzen,
herber, schmelze!«
     
    22
    Am Tor tönte
Trauerklage

zur freudlosen Zeit
der Zwergennot.
Des Morgens früh
mehrt die Sorgen
aller Kummer
um Erdenleid.
     
    23
    Allen Männern
mindre den Harm,
allen Weibern
wende das Leid
der Trauer Trost,
der ertönt nun ist!
     
    Anmerkungen
     
    8 Speer-Njörd: Krieger; Hamdir meint sich selbst. 12 Diese Verse sind einem deutschen Liede entnommen, das die Sagenform des Nibelungenliedes hatte: Kriemhild läßt Gunther das Haupt abschlagen. Der nordische Nachdichter hat nicht bedacht, daß er hierdurch in Widerspruch mit seiner sonstigen Darstellung geriet. 22 Die Eddahandschrift hat dieses Gesätz, das an Str. 9 anknüpft, fehlerhaft in das unmittelbar folgende Hamdirlied gezogen; die Ausgaben und die meisten Übersetzungen sind ihr hierin gefolgt. Zeit der Zwergennot ist der Tagesanbruch. Die Sonne versteinert die Zwerge.

46. Gudruns Gottesurteil
    V erschiedenes überrascht an dem kleinen Gedicht. Unter die vertrauten Sagengestalten setzt es eine neue Handlung: die Wandersage, wie die des Ehebruchs beschuldigte Fürstin durch ein Gottesurteil gereinigt wird. Zweitens ragt hier ein deutscher Sagenkreis hinein, der sonst dem alten Norden ferne blieb, die Sagen von Thjodrek, das

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