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Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Blicke zu, bis Jonas »so« sagte und Laura »yep«. Ich wiederholte im Stenogramm die Ereignisse des vergangenen Tages, wartete auf »cool«, »geil« oder wenigstens »oh leck!«, doch die Aussicht auf eine Bedrohung der globalen Verhältnisse und eine adäquate Weltrettung durch die Detektive Moritz Klein und Konsorten hatte die Junioren für einen Moment sprachlos werden lassen. »Die bösen Leute wollen der Mama den Arbeitsplatz klauen!«, klagte Hermine einen Grad zu infantil und Jonas überlegte. »Na, dann wirst halt die rechte Hand des Diktators oder was, ne?«, scherzte er, um sogleich mit seinem Bericht über eigene Nachforschungen und Erfolge zu beginnen.
    »Also die Katharina is schon so eine.« Laura nickte es spitzbübisch grinsend ab. »Die geht zwar selten zocken, aber sonst – wow! Ich glaub, die is Nymphomanin oder wie das heißt.« Dass er dabei quasi zur Worterklärung und Illustration seine Mutter anguckte, ließ diese erröten, was ihr sehr gut stand. »Ich glaub, die hat nen Vaterkomplex, weil sie is ständig mit so älteren Typen zugange.« Dabei sah er mich an und ich fragte mich, was diese Burschen heutzutage in der Schule alles lernen, von wegen Vaterkomplex.
    »Ok, dann mach ich mich an die Kleine ran«, versuchte ich nun meinerseits einen Scherz, der aber sofort in die Hose ging. »Ja, mach das mal«, zischte Hermine, »die wartet grade auf einen, der Orgasmus für so nen Zahnlosenbrei hält.« »Hihi«, lachte Laura, »oho!« kommentierte Jonas, »war ja nur ein Scherz«, resignierte ich zerknirscht, »will ich dir auch geraten haben«, beendete Hermine die Diskussion.
    »Aber eigentlich«, bemerkte nun Jonas, »find ich das mit dem Tauschen gar nicht so schlecht, ne? Also ich mein mal so: Ich bring der Alten in der Spielothek doch auch lieber unsere Mikrowelle vorbei als immer so zwanzig Europieces, ne?« Einem kräftigen Schlag seiner Mutter entging der freche Knabe nur um Haaresbreite. »War doch nur ein Beispiel, Ma, cool mal wieder ab.« »Nun, Jonas«, gab ich den Pädagogen, »das ist wohl zunächst einmal nicht das Problem. Aber um die Tauschwirtschaft einzuführen, muss man als erstes die Geldwirtschaft ausschalten. Du verstehst? Die Börsen kollabieren, Banken gehen pleite, die Märkte brechen zusammen oder spielen verrückt, kleine Sparer verlieren ihr Geld, große Vermögen lösen sich in Luft auf, Menschen arbeiten ohne zu wissen, wie sie entlohnt werden sollen – ok, das ist fast wie heute schon, aber nur noch schlimmer.«
    Das gab ihm zu denken. »Aber, ich mein ja nur, also jetzt mal nur so: Ihr habt keinen Schimmer, ob die das wirklich planen, ne? Und wenn, dann weiß der Geheimdienst oder wer auch schon davon, oder? Wieso machen die nix?« Darauf konnte ich ihm nichts erwidern. Geheimdienst? Wie ich die Brüder einschätzte, werteten sie noch immer die Position der russischen Atom-U-Boote während der Kubakrise aus. Aber Jonas hatte nicht ganz Unrecht. Wir spekulierten bloß.
    Die beiden Jungen verabschiedeten sich, um »am Ball zu bleiben«, und dieser Ball würde natürlich in der Spielhalle rollen, was mich auf der Stelle 20 Euro kostete, die ich zähneknirschend als »Betriebsausgaben« verbuchte. Hermine räumte den Frühstückstisch ab und sagte im Vorbeigehen, heute Abend werde sie den Wirtszwillingen auf die Zähne fühlen. Was ich täte? Ich wusste es noch nicht. Mir schwirrte der Kopf und immer deutlicher trat dabei eine Person in den Vordergrund: Sonja Weber. Die mysteriöse, zwischen naiv und durchtrieben wechselnde Sonja Weber.

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    In der Fußgängerzone saß ein junger Mann auf den kalten Steinplatten, zupfte ungelenk Gitarrensaiten und knödelte Dylansongs, war also eine perfekte Kopie des Meisters selbst. Ich veranstaltete Zielwerfen – zwei Fünfziger in einen Plastikbecher – und traf. Der Junge blickte kurz hoch und verspielte sich prompt. Welchen Obolus hätte ich entrichtet, wenn wir alles tauschen würden und das Wort »Geldbeutel« längst aus dem Vokabular verschwunden wäre so wie »Oheim« oder »Gesichtserker«? Ein paar Bonbons, einen Schraubenzieher, drei Hemdknöpfe.
    Andererseits: Wie konnten so viele Menschen so blöd sein und das Geld abschaffen wollen, gab es nicht eine Menge guter Gründe dafür? Wieder andererseits: Finden sich nicht für jede Blödheit »Fans«? Die eine Hälfte der Menschheit glaubt daran, dass der 11. September das Werk des Weltjudentums unter Rabbi Bin Laden war. Die andere Hälfte weist das entrüstet

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