Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
Vom Netzwerk:
Robespierres jedoch übernahm das 1. Direktorium am 9. Brumaire des Jahres 4, sprich 1795, die Regentschaft und eines der Mitglieder dieser neuen Regierung, ein gewisser Barras, entpuppte sich als Knecht des Kapitals und wurde zu Strontiums ärgstem Widersacher. Dem er letztlich chancenlos ausgeliefert war. Am 12. Fructidor des Folgejahres stürmte nächtens ein Bataillon Revolutionsgarden das normannische Schloss«
    »des Grafen«, sagte der Rainer, nicht ohne ein gewaltiges Seufzen zulassen zu müssen, »und verhaftete die dort Anwesenden, neben Strontium selbst praktisch die Geistesgrößen der Nation, die Vordenker, die Visionäre und alles Schlosspersonal. Nur einer, so jedenfalls geht die Legende, entkam, ein Botenjunge namens Le Pernac, er flüchtete auf einem Fischerboot über den Ärmelkanal auf die Insel Jersey, einen Teil der Aufzeichnungen mit sich führend, die Strontium und die Seinen inzwischen erarbeitet hatten.«
    »Die Geschichte endet«, fuhr Regitz fort und wunderte sich, wie leicht es ihm fiel, Geschichtsfälschung zu betreiben, »damit, dass Strontium und der Rest der Ostergesellschaft nach Paris verbracht, dort eingekerkert und peinlich ver hört wurden, bevor, knapp zwei Wochen nach ihrer Verhaftung, 27 Köpfe – und zwar die besten! – in den Korb unter der Guillotine fielen.«
    »Und in den Körben hier sammeln wir die Kartoffeln!« Der Rainer wies auf einen Berg in Handarbeit geflochtener Behältnisse in einer Ecke des Stalles, der jetzt als Lager diente. »Aber komm mal mit, ich zeig dir die Kühe.«
    »Blöde Kuh«, dachte Regitz. Denn Vika hatte lauthals gegähnt und gesagt, das sei alles gut und schön, aber genug mit dem historischen Firlefanz, jetzt interessiere sie das Hier und Jetzt, aber pronto. Auch Klein hatte seinen Unmut über Regitzens Auslassungen kopfnickend kundgetan. Der so Gemaßregelte blickte sich vorsichtig um. Sie waren alleine auf der Mauer, es war windig, ungemütlich, unheimlich. Er musste hier verschwinden. Sofort. Irgendwie. Diskret, wenn es ging. Vika und Klein ganz locker von der Mauer stoßen? Nein, ein Mörder war er nicht. Fersengeld geben? Er grinste in sich hinein. Wie das wohl in einer geldlosen Gesellschaft heißen würde? Nein, nicht grinsen, zusammenreißen. Sich was einfallen lassen. Es wurde brenzlig.

197
    Gesunde Kühe, gesundes Federvieh. Vor lauter Daseinsglück japsende Ferkel, blitzsauber geduschte Salatgurken garantiert ohne EHEC-Bakterien, eingelagerte Kartoffeln, Gläsermeere mit Eingemachtem. »Und das tauscht ihr alles? Mit wem denn?« Irmi war schwer beeindruckt und Rainer blinzelte stolz ins Blaue, das wie ein Kitschpanorama durch die Fenster in den Kuhstall leuchtete.
    »Jo, ich will ganz ehrlich sein: Es gibt hier in der Nähe eine Tauschzentrale. Haben clevere Leutchen aufgezogen, keiner machts unter BWL-Studium und Auslandsaufenthalt und Master of Economy. Dort melden wir das, was wir anzubieten haben und das, was wir gerne dafür haben möchten. Die regeln das und kriegen ihre zehn Prozent.« Irmi schüttelte den Kopf. »Und die Protzküche? So was haben die auch im Angebot?« »Nee«, lachte der Rainer, »das ist über persönliche Beziehungen gelaufen. Irgendso ein Möbelheini hat Bankrott gemacht und sich plötzlich drauf beson nen, doch mal alternatives Landleben auszuprobieren. Küche gegen Kuh. Ganz einfach.«
    Ganz einfach würde es nicht werden, von hier zu verschwinden. Da vorne eine Art Turm. Weit und breit keine Menschenseele, was Regitz nicht verwun derte. Es wehte aufmüpfiger Wind durch eiskalte Luft, sah nach Schnee aus, außerdem weitab der Touristensaison. Und welcher Malois spazierte schon freiwillig über den Stadtwall? Also nur sie: die Kleine mit der Kanone, Klein mit der Hodenquetschung und er, Regitz, dem das Wasser bis zum Hals stand, wozu er nicht aufs Meer zu blicken brauchte, um sich die Konsequenzen auszumalen. Graf Strontium war tot, »aber seine Pläne, wisst ihr, die geistern noch heute durch die Zirkel. Es heißt, der Botenjunge habe die wichtigsten Unterlagen nach Jersey gerettet und dort vergraben. Seit gut 200 Jahren sucht man sie dort, allerdings ohne Erfolg bisher.« Vika und Klein wirkten langsam genervt. »Mach mal Butter bei die Fische«, forderte die Frau Regitz auf, aber der hatte keine Butter mehr. Konkretes ausplaudern? War er bescheuert? Nein, er musste verschwinden. Am besten auch aus St. Malo, aber nicht zu weit weg. Wieder Kontakt zu den anderen aufnehmen, wenigstens ein warmer

Weitere Kostenlose Bücher