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Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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sie schließlich gewollt. Aber andererseits... irgendeine Stimme in ihr warnte. Tu das nicht, Irmi.
    Aber wozu war sie so alt geworden? Um jetzt wie ein Schulmädchen den Schwanz einzuziehen? Okay, kein gutes Bild. Aber passte. »Na klar«, sagte sie und zündete sich eine weitere Zigarette, die dritte oder vierte oder fünfte an, dabei rauchte sie eigentlich gar nicht. Sie hörte, wie der Konrad nach seiner Unterhose tastete, keuchend hineinschlüpfte, wieder raus. »Is deine.« Sie sagte »Dank dir« und zog sich an, immer noch im Dunkeln, bis sie soweit waren, das Licht wieder anknipsen zu können. Auf des Konrads Gesicht lag noch die Seligkeit eines frischen Orgasmus, auf dem ihren – Irmi wollte lieber nicht dran denken. Zu nochmaligem Duschen war der Konrad nicht mehr zu überreden, er kam ihr argumentativ mit Ressourcenverschwendung, Energie und Wasser und so und sie solle mal nach Sierra Leone gucken, da würden sie sich mit Sand waschen, nein echt, wäre sowieso besser.
    Gegen ein Frühstück hatte der Konrad nichts einzuwenden. Sie nahmen es wortlos zu sich, Irmi kochte zweimal Kaffee, »nach dem Sex brauch ich mein Koffein«, brüstete sich der Konrad und langte auch bei den aufgebackenen Brötchen zu. »Wirst staunen«, versprach er, »der Rainer hat dir allerhand zu erzählen.« Irmi nickte. Sie würde staunen. Und wie.

241
    Ein hellblauer, nicht mehr ganz neuer Lieferwagen brummte an diesem Morgen gemütlich über Land. Er lag ziemlich tief, als hätte er schwere Materialien geladen –und so war es auch. Fünf Frauen saßen im Wagen, drei von enormem Gewicht, alle in bequemer Kleidung, dicken taubengrauen Overalls, die beiden anderen schlank und im Vergleich zu dem gewichtigen Trio wie aus dem Modejournal gehüpft. Sie schwiegen. Eine, Nancy Halgrimsdottir, lenkte das Gefährt über die kurvenreichen Nebenstraßen, ein Kaugummi kauend. Neben ihr saß Oxana und schwieg. Hinten im Laderaum hockte Sonja Weber auf einer Pritsche und fühlte sich so beschützt wie niemals zuvor in ihrem Leben, denn links und rechts von ihr drängten sich Ester und Karla doppelzentnerschwer an den schmächtigen Körper Sonjas, dem plötzlich sehr warm war.
    Etwas Nebel lag auf der Landschaft und machte die Hähnchenmastfarm, an der sie gerade vorbeifuhren, zu einem endgültig bizarren Ort. Eine Art Summen, fortwährend und monoton, das Mantra der eingepferchten Kreatur, es prallte gegen das unruhige Brummen des Motors, rieb sich an ihm, bis es in den Ohren wehtat. Dann öffnete sich das Tal und Großmuschelbach lag vor den Reisenden.
    »Leck mich am Arsch«, sagte Nancy, »das hier ist nicht der Ort, an dem man lebendig begraben sein möchte.« Oxana nickte. Dieser Platz war ein Friedhof, die Leichen hockten in ihren Häusern, niemand auf den Straßen. Sicher wurden jetzt Köpfe hinter die Gardinen geschoben, verfolgte man das fremde Auto ein Stück, bis es außer Sichtweite geriet. Es hielt vor Krauses Geschäft, sofort sah Oxana das Schild an der Tür, wusste, obwohl sie es nicht lesen konnte, dass so etwas wie »Heute geschlossen!« darauf stand. Sie seufzte. Sollten sie den Weg umsonst gemacht haben? Das Quintett atmete hörbar aus und verließ den Transporter. Hinter den Vor hängen hielt man die Luft an. Was waren das für merkwürdige Gestalten? Fünf Frauen (eine kam den meisten bekannt vor), drei davon in wagneresken Walküredimensionen, fremd und bedrohlich, hoffentlich würden sie nicht anfangen, in Stabreimen zu singen. Sie gingen auf die Tür des Fotoladens zu, eine rüttelte an der Klinke, die störrisch blieb, nichts öffnete. Da kramte eine andere in der Tasche ihres sackartigen Mantels, zog einen spitzen Gegenstand heraus und steckte ihn ins Schloss, rührte ein wenig darin – und die Tür ließ sich öffnen. Das war Einbruch, kein Zweifel, aber niemand kam auf den Gedanken, die Polizei zu rufen. Es gab hier auch keine, man brauchte sie nicht.
    Die Beobachter in den Häusern sahen die Fünf im Inneren des Ladens verschwinden und rührten sich nicht von ihren billigen Plätzen. Besser als Fernsehen war das hier allemal, besser als die Botschaften aus einer Welt, die nicht die ihre war, all der Glamour und die Katastrophen, der Wirbel um Island, wo lag das eigentlich?, kannten sie nicht, waren sie nie gewesen. Schade, dass man nicht erkennen konnte, was sich im Laden abspielte. Krause hatte sein Geschäft geschlossen, aber er war daheim. Heute Morgen Licht in seinem Haus, der Schatten des Alten im

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