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Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Illusorisch. Die Tante würde einen hochkant rauswerfen. Und welche Fragen überhaupt?
    Sich als Staubsaugervertreterin ausgeben. Mist, sie hatte keinen Staubsauger dabei. Gasableserin, die Vorsitzende der Vereinigung »Wir sammeln für hungernde Kinder in Gelsenkirchen«? Naja. Erst einmal klingeln. Vielleicht war Madame gar nicht daheim, dann konnte man wieder gehen. Wenigstens hatte Hermine, so wie es Schriftsteller tun, die Atmosphäre aufgesogen. Den Odeur des Luxus, die Luft der wohlhabenden Kreise. Greise, hihi.
    War arschkalt. Hermine trug nicht die Angoraunterwäsche, immer noch den String, die dünne Strumpfhose, den engen langen Rock, unter dem sich der wollüstige Wind fingernd zu schaffen machte. Also klingeln, oder? Konnte ja nichts passieren, man hätte wenigstens ein greifbares Ergebnis: zu Hause / nicht zu Hause.
    Hermine ging noch eine Weile auf und ab. Nein, auf den Strich würde sie nicht gehen, einfach zu langweilig, immer hin und her. Klingeln. Sagte sie sich jetzt schon zum dritten Mal, mindestens. Hingehen und auf diesen Knopf...
    Das Tor ging auf. Huch. Hermine drehte sich um, machte ein paar Schritte zurück, tat so, als suche sie etwas. Ein Auto fuhr über den Bürgersteig auf die Straße, Hermine wagte einen Blick, ein Mann saß hinter dem Steuer, jung, gutaussehend – dieser Honig? Er beobachtete sie. Mein Gott, was jetzt? Sie sah sich um, ging noch ein paar Schritte bis zum Nachbargrundstück, auch hier hinter hoher Mauer nichts als Protz. Der Fahrer setzte den Blinker, fuhr langsam auf die Straße, Hermine ging jetzt schneller, das Auto holte auf, hielt an, ein Fenster wurde hinuntergekurbelt. »Suchen Sie etwas?«
    Er hatte das mit ehrlichem Interesse gesagt. Überlegen. »Ja, tue ich, Familie Berg, die sollen hier wohnen, aber ich weiß die Hausnummer nicht.« Er wusste sie auch nicht, wie nicht anders erwartet. »Hier in der Stauffenbergstraße?« Hermine machte »ach!« Sagte: »Stauffenbergstraße? Nee, da bin ich falsch aus dem Bus gestiegen. Na egal, nicht wichtig. Wart ich auf den nächsten und fahr wieder heim.« »Wenn Sie in die Stadt wollen, nehm ich Sie gerne mit.« Oh mein Gott. Tus nicht, Hermine. »Ja, danke, gerne.«

239
    Ich hatte nicht viel, aber es war besser als nichts. So tröstet man sich immer. Ich verdiene 6,50 die Stunde, aber ist besser als nichts, könnte weniger sein. Fünf Prozent Wählerstimmen? Egal, kann man mitregieren. Kein Grund zum Feiern, dennoch nahmen wir in Borsigs Kabäuschen eine letzte Runde Schnaps und Knabberzeug, bevor mich Katharina und der Chauffeur aus dem Haus lotsten, zurück in die Garage.
    »Is ja noch mal gutgegangen, Johann hat nix gemerkt.« Ich nickte Katharinas Feststellung mechanisch ab, nicht ahnend, wie sehr sie sich täuschte. »Fahr uns in die Stadt, Bo, ich will noch mit den Zwergen zocken gehen.« Der so apostrophierte Chauffeur setzte uns vor der Spielhölle ab. Ich überreichte den dort wartenden Jonas und Laura wortlos die traurigen Reste meines Münzgeldes und stromerte heimwärts durch die Nacht, den Kopf wie ein böhmischer Knödel gefüllt, allerdings nicht ganz so lecker. Dr? Konnte auch Doktor hei ßen, war sogar naheliegend. Der einzige in den Fall verwickelte Doktor indes weilte nicht mehr unter den Lebenden, überhaupt gab es immer weniger Doktores in unserem Land, nachdem man entdeckt hatte, dass es nicht nur die Copy- und Paste-Tasten gab, sondern auch die DEL-Taste. Doktor Unbekannt also.
    Zuhause fand ich die Lage als in jeder Hinsicht unverändert vor. Mein Kühlschrank war leer, die Nachrichtensituation zu Island dünn, dafür der Kaffee, den ich mir gebraut hatte, umso dicker. Ich informierte mich ein wenig über Island und seine Rolle während der Finanzkrise. Die dortigen Banken hatten eine Art Schneeballsystem ausbaldowert, Kettenbriefen nicht unähnlich. Verlockende Renditen, die aus den Neueinlagen bezahlt wurden, bis es keine mehr gab und der ganze schöne Schein ebenso weg war wie die Kohle. Staatsbankrott. Proteste der Bevölkerung, Sturz der Regierung, Untersuchungskommission, Anklage gegen den Ministerpräsidenten und die Seinen, Schadenersatzforderungen vor allem aus Großbritannien und den Niederlanden, Volksabstimmungen, bei denen abgelehnt wurde, das Volk bluten zu lassen. Und jetzt? Rückzug in die freiwillige Isolation? Okay, aber was hatte der Konsul damit zu tun? Was seine geldlose Osterhasentruppe? Welche Bombe sollte platzen? Und, nicht zu vergessen, lieber Moritz, wo war Georg

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