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Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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gebracht, im Gegenteil. Jene unangenehme Schlaflosigkeit, den Kopf gedankenvoll, die Gedanken wie auf einem Jahrmarkt, überall wimmelte es, rumorte es, machte es Lärm. Dann der Anruf von Moritz, dem es nicht besser ergangen war, der von einem Komplott sprach. Hermine hatte genickt. Ja. Etwas Größeres steckte dahinter, ein Staatsverbrechen, wie man wohl sagte. Aber man konnte nichts tun. Nachher einkaufen gehen und heute Abend in die »Bauernschenke«, seine Arbeit machen und abwarten. Man würde sich dort wieder treffen, würde beratschlagen. Änderte nichts. Etwas lag in der Luft – und es war nichts Gutes.
    Mann, war das gut gewesen! Borsig betrachtete die Riesin neben sich, diesen vibrierenden Berg nackten Fleisches. Er hatte nicht gewusst, dass eine Frau doppelten Gewichts auch einen doppelten Orgasmus garantierte, jetzt wusste er es. Und heute am Vormittag würde sie von dem Objekt ihrer Begierde einen Gipsabdruck machen, wie die Groupies in den Sechzigern, die Plaster Casters oder wie die hießen. Mädels, die sich Jimi Hendrix und Mick Jagger und Jim Morrison geangelt und deren beste Stücke für die Nachwelt verewigt hatten. Cool, dachte Borsig, jetzt ich auch. Verdientermaßen. Ein richtiger Mann wächst an den Aufgaben – und der richtige Mann war gewachsen. Und wie. Bis sogar Nancy Halgrimsdottir, die von sich behauptete, ihre erotische Hitze bringe selbst Gletscher zum Schmelzen, bass erstaunt war und ihm ein »Is gut jetzt, Schatz, das reicht« ins Ohr geraunt hatte. Und dann war auch gut. Eine Stunde lang.
    Jetzt stand er vorsichtig auf, leise, um die Geliebte nicht zu wecken. Tappte küchenwärts, orientierte sich, fand alles, was er brauchte, kochte den stärksten nur vorstellbaren Kaffee, kramte nach seiner Geldbörse, hoffte auf eine offene Bäckerei in der Nähe, fand zuerst genügend Geld, dann die offene Bäckerei in einer Seitenstraße, pfiff sich eins und wandelte zurück. Es war noch dunkel draußen. Sehr still. Zu still. Er hörte auf zu pfeifen. Etwas Unangenehmes fasste ihn an, eine kalte Hand. Ihn schauderte. Unsinn. Einbildung. War doch niemand weit und breit. Eben. War doch niemand weit und breit. Das war es, das ihm Angst machte.

279
    Langsam gewöhnte sich Vika an die Insel. Ein reizender Ort zwischen den Kulturen, der englischen und der französischen, dem nördlichen gemäßigten Klima und dem angedeutet mediterranen, älteren Damen mit abgespreizten Teetassenfingern und gehetzten Bankern. Auch schneite es hier so gut wie nie.
    Doch was sollte sie hier noch. Schnüffel plus Ehefrau waren abgereist, man würde sich zu Hause auf die Spur des dubiosen Detektivs setzen müssen, denn Zufall konnte das alles nicht sein. Vika besuchte den Fried hof und das Grab Le Pernacs, stand lange davor, als warte sie auf einen Fingerzeig aus dem Jenseits. Der blieb aus. Sie traf sich mit Mareike, die viel zu tun hatte und deren Ärger über die Company milder geworden war. Das große Ereignis des Feen- und Trolltanzes durch die Straßen St. Heliers stand kurz bevor, sie mache doch wohl mit, fragte Mareike, alle machten doch mit und vertrieben die Wirklichkeit von der Insel. Wie bitte? Mareike lachte. »Deshalb machen wir das doch, Schätzchen. So wie man anderswo durch Hexentänze den Winter verjagt, so schicken wir hier durch unseren Tanz die Wirklichkeit zum Teufel. Für ein paar Stunden regiert auf Jersey die Illusion.«
    Sie könne nicht tanzen, sagte Vika. »Ach was«, ließ die andere den Einwand nicht gelten, »du bewegst deine Arme, lässt die Hüften kreisen und schaust verzückt in die Luft. Kommst morgen zu mir, ich geb dir ein schickes Kostüm.« Diese Aussicht gefiel Vika und sie nickte.
    Die Company schien harmlos zu sein. Keine Ahnung, welche Verbindung es zu Schnüffels Frau gab, eine ebenso harmlose, war zu vermuten. Geführt wurde die Company von einer Engländerin namens Estelle Winterbloom, »esoterische Tusse«, schimpfte Mareike, »hat schon in Stonehenge ihre Beschwörungstänze aufgeführt und glaubt an die Magie des Pankeltentums.« Und wer finanzierte das alles? »Die Inselregierung. Ist doch Kultur, Schätzchen, gut für den Tourismus. Außerdem treten wir auch im Ausland auf, nächsten Monat sogar in Island, stell dir das mal vor!«
    Island? Sei aber nach Lage der aktuellen Dinge kaum möglich, wandte Vika ein. »Ach so, du meinst... Nee, wir kommen schon durch. Charles sagt es jedenfalls. Das ist unser Tourmanager. Taffer Typ und schwul wie ich und du.« Das hörte

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