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Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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plötzlich Oxanas Handy klingelte, Marxer selbstverständlich, der sich mitten in der Nacht so ganz allein in seiner Villa fürchtete und seine Angestellte anwies, nach Hause zu kommen.
    »Tja«, sagte Oxana und nahm ihren Mund endgültig von meinem Ohr, »du weißt jetzt eh alles und wenn du willst, bleib noch hier und krieg die Fernsehansagerin rum. Den Idioten von Sparkassendirektor stichst du mit links aus.«
    Oxana ließ mich kusslos zurück, jetzt, am Morgen danach, starrte ich in der Stille meines Zimmers an die Decke und versuchte, die Worte der Kasachin, die sie mir mit erheblicher erotischer Energie ins Ohr geflüstert hatte, zu verstehen.
    Sie hatte den Gastgeber Bruggink aus einem Nebenraum kommen sehen, in seiner Spur wie ein artiges Hündchen der kriecherische Honig. Der sei, berichtete Oxana weiter, von einem Mädchen gebeten worden, es in die Stadt mitzunehmen, »so Typ renitente Jungstudentin. Bruggink ist der in die Parade gefah ren, so ein Asket, musst dir vorstellen, könnte jederzeit den Julius Caesar spielen, aber nur auf RTL 2.«
    Das Mädchen setzte sich durch, sie und Honig zogen von dannen. »Ich hab nach den Erfrischungsräumen gefragt – Klos kennen feine Leute ja nicht – und bin dann durch eine andere Tür in das Zimmer geschlichen, aus dem die beiden gekommen waren. Eine Art Bibliothek, also viele Bücher und ein riesiger Schreibtisch, auf dem lag die Tüte und ein plüschi Häschen streckte seinen Kopf raus. Es waren zwei davon drin. Ihre Sprüchlein konnte ich mir nicht anhören, zu gefährlich.«
    Also doch, Osterhase und Osterinseln. Ihrem fetten Galan hatte Oxana alle Informationen über Bruggink aus der Nase gezogen, mit dem Gastgeber selbst nicht gesprochen, der habe ihr nur einmal wohlgefällig zugenickt, nebst routiniertem Nacktscannen ihres Leibes. »Tourismuswerbung und bissel Lobbyarbeit, das macht so ein Honorarkonsul mehr oder weniger. Besuchen Sie die Osterinseln und betrachten Sie die großen Steinköppe.«
    Okay, das mit den Köpfen wusste sogar ich. Und dass James Cook, der Entdecker, die Osterinseln auf seiner zweiten Reise besucht hatte, in seinem Gefolge der intellektuelle Großkopf Georg Forster, noch minderjährig zwar, aber so etwas wird heute in unserem Bildungssystem gar nicht mehr hergestellt. Ich quälte mich in die Senkrechte und sah auf die Uhr, halb elf, ging ja noch. Suchte, ähm, die Erfrischungsräume auf, machte Kaffee und Toast, das Telefon klingelte, Borsig. »Äh, die Kohle, wann kann ich damit rechnen? Miete wird fällig und so.« Ich sagte ihm, was Sache war: 1000 für jeden, 1000 Spesen, 5000 erst einmal eingefroren. Er knurrte, aber akzeptierte schließlich. Wir verabredeten uns für 16 Uhr bei Hermine.
    Hermine. Oxana. Sonja. Was hatte Sonja Marxer erzählt? Was diesen veranlasst, Oxana zur Beschattung des Gebhardtschen Anwesens abzustellen? Wieder Telefon, Hermine. »Wo warst du? Ich hab gestern Abend versucht, dich anzurufen.« Ich erzählte es in groben Umrissen. »Okay«, sagte sie, »Oxana ist voll in Ordnung und außerdem lesbisch. Da beißt du dir die Zähne aus, Schluri. 16 Uhr? Geht klar. Ich stell eine Sahnetorte in die Mikrowelle.«
    Auflegen, am Kaffee nippen, Telefon, Oxana. »Die Kleine von gestern Abend, weißt schon, das ist Brugginks Tochter. Gibt Bilder von ihr im Netz, bei Facebook ist sie auch, Katharina Bruggink. 16 Uhr bei Hermi? Ok, ich komme.« Ende des fernmündlichen Vormittags.

111
    Mein Mittagessen bestand aus Knäckebrot, einem Stück Leberkäse und warmen Gedanken, leidlich nahrhaft sowie kalorien- und erkenntnisarm. Osterhasen und Osterinseln, sehr witzig. Was, wenn Bruggink Honorarkonsul auf den Weihnachtsinseln gewesen wäre? Klar, ne? Oder auf dem Bikiniatoll? Nein, ging nicht, das strahlt ja noch ein paar hunderttausend Jahre. Lieber die Jungfraueninseln, aber es gab gewiss mehr Plüschosterhasen als intakte Jungfrauen.
    Bei Facebook war ich inzwischen stolzer Besitzer von 59 »Freunden«, darunter eine große Firma, die sich der Herstellung von Kartoffelklößen widmete, ein Aktionsbündnis zur Rettung des Konjunktivs und des Dativs, eine wohl konkurrierende Bewegung zur Tilgung des verbindenden »s« in Wortkombinationen wie »Sekretariatsassistentin« (sie bezogen sich übrigens auf den großen Jean Paul, der einen dicken Text darüber verfasst hatte) sowie, ich traute meinen Augen kaum (aber wann tue ich das schon), Katharina Bruggink. Ich klickte ihr Profil an und sah, dass sie seit jüngstem auch mit

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