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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Termin, wie gesagt.“ Annamarie nickte ebenfalls. „Ja, sagten Sie schon. Dann wünsche ich mal viel Glück.“
     
     
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    Das war wie Weiberfastnacht, wenn die Nichtschwanzträgerinnen schwer alkoholisiert, sexuell enthemmt und von sonstigen animalischen Lüsten getrieben mit Scheren bewaffnet durch die Straßen ziehen und unschuldige Schlipse abschneiden. Nein, es war viel schlimmer. Karl-Heinz trug keinen Schlips, er trug gar nichts mehr. Seine schöne teure Unterhose! Von sechs gierigen Frauenhänden buchstäblich in Fetzen gerissen! Und dann diese hämischen Kommentare! „Hä, hä, gibt’s den auch in groß? – Oops, ist der süüüüüß! – Wenn das ne Banane wäre, würde sie aber nicht die EU-Norm erfüllen!“ Mein Gott, es war direkt zynisch und karlheinzverachtend.
    Sie hatten ihn auf das Podest geschleift, ihn dort wie eine Trophäe zwischen sich genommen, das heißt in die riesigen Kissen ihrer Leiber gedrückt. Und jetzt machte die Alte Fotos! Sagte, er solle fein lächeln! Dieser Borsig stand daneben und bekam vor Lachen beinahe einen Orgasmus. „Aber hey, Mädels, nicht gleich hemmungslos vernaschen, den kleinen Karl-Heinz! Dafür habt ihr mich!“
    Er war verarscht worden. In eine Falle gelockt. Aber warum nur? Waren das die Typen, die ihn erpressten? Hatte er etwas falsch gemacht? Karl-Heinz ließ alles über sich ergehen. Wie sie ihn drapierten, als wäre er ein Stück Rindfleisch hinter dem Thekenglas der Metzgerei. Er schwitzte. Die Weiber schwitzten. Ihm war zu kotzen. Die Alte umrundete das Podest, sagte „Cheese!“ und knipste fröhlich.
    Endlich hörte sie auf. Borsig sammelte Karl-Heinzens Klamotten ein, hängte sie an eine Skulptur, eine Art Spinne aus Metall. Durchsuchte sämtliche Taschen vorher. Brachte, verdammt noch mal, den Zettel zum Vorschein, der Karl-Heinz am Vormittag auf der Toilette zugesteckt worden war. Faltete ihn auf, las, pfiff durch die Zähne. „Hört mal zu, Kinder, das ist ja mal interessant.“
    Die Kinder (ha, ha!) hörten zu. „Treffen morgen am alten Platz, 19 Uhr, Schmetterlingsmodus“. Die Alte machte „hm“ und sagte: „Schmetterlingsmodus? Erklär uns mal, was das ist, Karl-Heinz, und welcher alte Platz?“ Karl-Heinz schwieg. Hätte er nicht tun sollen. Er spürte sofort seinen linken Unterschenkel im Schraubstock der Beine einer der Walküren. „Aua!“ schrie er, es war das erste menschliche Wort, seit er in diese unerhörte Bedrängnis gekommen war.
    „Sag an, mein Prinz“, flüsterte die grausigste der Furien ihm ins Ohr. „Alter Platz? Schmetterlingsmodus?“ „Ich hab doch keine Ahnung! Ich bin doch nur der Bote!“ Borsig lachte. „Der Bote? Das ist der Titel des neuen Romans von Dieter Paul Rudolph, Untertitel: Ein Science-Fiction-Krimi aus der guten alten Zeit, Conte Verlag und so weiter. Also red hier keinen Scheiß, sag endlich die Wahrheit. Alter Platz? Schmetterlingsmodus? Nancy, nimm ihn in die Zange.“
    Nancy also hieß die. Egal. Sie umfing ihn mit ihren Armen, die einem Terminator von Rechts wegen zugestanden hätten, er hörte seine Knochen brechen, seine Haut platzen, sein Fleisch wie aus der Pelle einer Weißwurst hervorquellen. Er schrie gleich zweimal „Aua!“ und dieses schreckliche Weib lachte nur. „Macht dir das Spaß? Ist doch was anderes als so ein kleines dummes Mädchen, gelt?“
    Das immerhin stimmte. War etwas anderes. Etwas gänzlich anders. „Ich weiß es wirklich nicht!“ greinte Karl-Heinz, „die erpressen mich, ich muss ständig Zettel von A nach B bringen, wenn nicht, wollen sie BILDER an die Öffentlichkeit bringen!“ „Bilder?“ fragte Borsig, „Du meinst, so Bilder wie die von unserer Irmi?“ „Meine sind besser“, sagte Irmi und klopfte auf das Kameragehäuse. „Ich hab damals schon die Orgie in der Kommune 1 fotografiert, ich hab das drauf.“ Was redete die Alte da für wirres Zeug? Egal. Alles egal. Er wollte hier nur raus. Er wusste doch nichts! Er war doch nur Spielball! Von den anderen, von diesen, von diesen ganzen Karnevalsheinis, von der ganzen Welt.
     
     
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    Ein Glück, dass Marxer nicht hier war. In dieser heimeligen Hölle des Normalen, wo die windigen Worte auf Bieratem segelten. Was ist Krimi? Das hier NICHT, hätte Marxer kritisiert. Hätte er Unrecht gehabt? Nein. Das hier ist das abrupte Verstummen einer drohenden Melodie, der Geigen in Hitchcocks „Psycho“ vielleicht, dieser Schmalzgrinser André Rieu hat übernommen und fiedelt euch das Sperma durch die

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