Die effektive Fuehrungspersoenlichkeit
verlieren wollten, oder es war einfach ein Gesprächspartner da, der zuhören konnte. Menschen, die uns so führen, glauben an uns – mit dem Ergebnis, dass wir wiederum mit Respekt, Loyalität, |76| Engagement und einer fast bedingungslosen Bereitschaft, ihre Autorität anzuerkennen, reagieren.
Die beschriebenen drei Arten der Stärke und Einflussnahme haben unterschiedliche Grundlagen und führen zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Was bewirkt die Stärke?
Grundlage der Stärke durch Zwang ist auf beiden Seiten die Angst. Meist nehmen Führende zu dieser Art der Machtausübung dann Zuflucht, wenn sie befürchten, dass ihre Mitarbeiter ihre Autorität nicht anerkennen. Eigentlich handelt es sich um eine mit der Prügelstrafe vergleichbare Methode. Nur wenige sprechen sich offen für sie aus, viele wenden sie aber trotzdem an. Entweder erscheint sie den Führenden angesichts noch größerer Gefahren gerechtfertigt, oder sie erscheint ihnen einfach zweckmäßig, und außerdem funktioniert sie doch so gut. Aber es ist eine Illusion zu glauben, dass sie wirklich dauerhaft effektiv ist.
Vorgesetzte, die ihre Mitarbeiter durch Angst unter Kontrolle halten, stellen früher oder später fest, dass ihre vermeintliche Autorität keinen Bestand hat. Sobald sie abwesend sind oder das Kontrollsystem nicht mehr greift, ist auch ihr Einfluss dahin. Oft führt übermäßige Kontrolle auch zur Bündelung vieler Kräfte und Energien der Mitarbeiter, die damit neue, möglichst nicht kontrollierbare Widerstandsformen suchen. Macht durch Zwang erlegt beiden Seiten eine psychologische und emotionale Bürde auf. Sie begünstigt Misstrauen, Täuschung, Verlogenheit und führt, auf lange Sicht gesehen, zu Auflösungserscheinungen.
Die meisten Unternehmen wenden jedoch das Prinzip des beiderseitigen Nutzens an. Diese Art der Einflussnahme setzt ein gewisses Gerechtigkeitsdenken voraus. Solange die Geführten das Gefühl haben, dass Geben und Nehmen sich die Waage halten, sind sie mit der Beziehung zu ihrem Vorgesetzten zufrieden – und umgekehrt. Ihre Beziehung ist eher das Ergebnis einer gelungenen Einflussnahme denn starrer Kontrolle. Die Geführten werden ausschließlich ihrer beruflichen Leistungen wegen respektiert. Sie lassen sich führen, weil es ihnen nützt. Sie können ein klein wenig teilhaben an dem, was die Macht des Führenden ausmacht: Position, Fachwissen oder Charisma. So basieren Führungsleistungen nach dem Prinzip des beiderseitigen Nutzens zwar immer noch auf reaktiven Verhaltensweisen, aber zumindest handelt es sich um eher positive Reaktionen.
|77| Immer mehr setzt sich jedoch auch die Meinung durch, dass Beziehungen, die auf Einflussnahme durch beiderseitigen Nutzen beruhen, eher zu Individualisierung statt zu effektiver Teamarbeit führen. Denn schließlich wird der Einzelne ausgerechnet dafür belohnt, dass er sich auf die eigene Perspektive und die eigenen Interessen konzentriert. Wechselnde Wünsche und Bedürfnisse wirken sich direkt auf das Verhalten des Mitarbeiters aus. Statistiken deuten darauf hin, dass langfristige Loyalität, ob von Führenden oder Geführten, die Ausnahme ist.
Darüber hinaus wird eine Situationsethik gefördert, in der ständig wichtige Entscheidungen fallen, ohne dass jemals ein Konsens darüber herbeigeführt wurde, was im Unternehmen überhaupt als richtig, gerecht und wünschenswert gilt. Im schlimmsten Fall reflektiert die Einflussnahme durch beiderseitigen Nutzen die Werte einer geradezu gerichtsprozesssüchtigen Gesellschaft, in der Gerechtigkeit bei Firmenübernahmen, Ehescheidungen und Konkursverfahren durch Richter erzwungen wird. Im besten Fall spiegelt sie die Bereitschaft, eine Beziehung – ob eine geschäftliche oder eine private – so lange aufrechtzuerhalten, wie sie sich für beide Seiten auszahlt.
Die prinzipienorientierte Führungsstärke kommt selten vor. Sie ist jedoch der Maßstab für die Qualität aller Beziehungen. Ihre Grundlage ist gegenseitiger Respekt. Dieser Respekt, und nichts anderes, veranlasst den Geführten dazu, einen Beitrag zum Wohl des Unternehmens oder der Allgemeinheit zu leisten. Jede prinzipienorientierte Führungsstärke ist daher eng mit einer pro-aktiven Haltung verknüpft, die aber nichts damit zu tun hat, ob dem Geführten, wenn er sich führen lässt, ein unmittelbarer Vorteil entsteht. Vielmehr bedeutet Pro-Aktivität, dass Entscheidungen ausschließlich auf der Grundlage anerkannter Werte getroffen werden. Prinzipienorientierte
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