Die Eheprobe
mir.
»Ach Zoe, Liebes, du hast so ein groÃes Herz. Hattest du immer schon. Sogar als kleines Mädchen.« Zögerlich lege ich meinen Arm um sie.
»Ich hätte nicht solche Sachen zu dir sagen dürfen. Das stimmt nicht. Du machst dich nicht aus dem Staub«, sagt sie.
»Vielleicht stimmt es doch. Ein kleines bisschen.«
»Es tut mir leid.«
»Das weià ich.«
»Ich bin total bescheuert.«
»Das weià ich auch.« Ich versetze ihr einen leichten Knuff gegen die Schulter.
Zoe verzieht das Gesicht.
»Zoe, mein Schatz, sieh mich mal an.«
Sie dreht sich zu mir um und beiÃt sich auf die Unterlippe.
»Liebst du Jude?«
»Ich glaube schon.«
»Dann tu mir einen Gefallen.«
»Welchen?«
Ich lege eine Hand auf ihre Wange. »Warte keine Sekunde länger, Herrgott noch mal. Sag ihm, was du empfindest.«
Kapitel 88
»Wer ist die zweite Besetzung für die Hauptrolle?«, fragt Jack und schaut mit zusammengekniffenen Augen auf das Theaterprogramm. »Ich kann das nicht lesen. Alice, du?«
Ich starre mit zusammengekniffenen Augen auf das Programm. »Wie soll irgendjemand in der Lage sein, das zu lesen? Die Schrift ist winzig.«
»Hier, nimm.« Bunny reicht mir eine Lesebrille. Sie ist total hip â eckig und blaugrau-metallisch.
»Nein, danke«, sage ich.
»Ich habe sie für dich gekauft.«
»Für mich? Wieso das denn?«
»Weil du Kleingedrucktes nicht mehr lesen kannst und es für dich an der Zeit ist, dieser Realität ins Auge zu sehen.«
»Ich kann winzig klein Gedrucktes nicht mehr lesen. Das ist sehr nett von dir, aber ich brauche sie nicht.« Ich gebe ihr die Brille zurück.
»Gott, ich gehe so gerne ins Theater.« Ich beobachte die Leute beim Aufsuchen ihrer Plätze. »Berkeley Rep ist wirklich nicht weit von uns. Warum machen wir das nicht öfter?«
Die Lichter gehen aus, und ein Pst! jagt quer durch den Theatersaal, als ein paar Nachzügler ihre Plätze suchen. Jetzt kommt mein Lieblingsmoment. Kurz bevor der Vorhang aufgeht, wenn die ganze VerheiÃung des Abends vor einem liegt. Ich schiele zu William hinüber. Er trägt eine schmal geschnittene Khakihose, die seine muskulösen Beine betont. Ich schaue mir seine Oberschenkel an und werde von einem kleinen Schauder gepackt. Seine Lauferei zahlt sich aus.
»Und los gehtâs«, flüstert Bunny, als der Vorhang sich teilt.
»Danke für die Einladung«, sage ich und drücke ihren Arm.
»Da wäre ja Twittern mit Ho-Girl vergnüglicher gewesen«, sagt William eine Dreiviertelstunde später.
Es ist Pause. Wir stehen an der Bar an, zusammen mit Dutzenden von Leuten.
»Unglaublich, dass es so etwas auf die Bühne geschafft hat«, sagt Jack. »Das Stück war noch nicht so weit.«
»Es ist das Debüt der Theaterautorin«, sagt Bunny. »Ich hoffe, sie hat ein dickes Fell.«
Plötzlich schauen alle mich an.
»Oh, Alice, entschuldige. Das war furchtbar unsensibel«, sagt Bunny.
»Ach, findest du, Bunny? Es war glanzlos, langweilig und absurd, genau wie die Bardame , befürchte ich.«
Bunnys Augen leuchten vor Freude auf. »Alice, bravo! Das wurde auch Zeit, dass du dem stinkenden Fisch der Kritik ins Auge siehst. Schmeià ihn ins Boot, statt ihn Runde für Runde, Jahr für Jahr um dich herumschwimmen zu lassen. So verliert er seine Macht.«
Sie zwinkert mir zu. Heute Morgen habe ich endlich meinen ganzen Mut zusammengenommen und ihr ein paar Seiten überreicht. Jeden Tag nehme ich mir jetzt ein bisschen Zeit, um zu schreiben. Ich fange an, langsam meinen Rhythmus zu finden.
»Wie alt ist die Autorin?«, frage ich.
»Anfang dreiÃig, dem Foto nach zu urteilen«, sagt William und blättert durch das Programmheft.
»Arme Kleine«, sage ich.
»Nicht unbedingt«, meint Bunny. »Es ist doch nur deshalb so quälend, weil sich die Abgründe für die meisten von uns sonst im Privaten auftun, hinter verschlossenen Türen. Als Theaterautorin spielt sich das Drama in aller Ãffentlichkeit ab. Aber genau darin liegt eine echte Chance, wisst ihr? Diese Achterbahnfahrt vor Publikum durchzuziehen? Jeder darf dir beim Fallen zusehen, aber jeder darf auch dabei sein, wenn du aufstehst. Nichts geht über ein Comeback.«
»Was, wenn du fällst und fällst und fällst?«, frage ich und denke dabei an Williams
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