Die Eheprobe

wochenlang nicht aus dem Bett. Meine Schwägerin musste vorbeikommen und beim Versorgen der Kinder helfen.«
    Â»Ich bin nicht deprimiert«, sage ich.
    Â»Das ist gut, sehr gut sogar«, sagt Pat.
    Â»Ich habe bei Lancôme gekündigt und als Vertreterin für Dr.-Hauschka-Produkte angefangen. Kannst du dir das vorstellen? Ich beim Verscherbeln von ganzheitlicher Kosmetik? Mein Hauptkunde war Whole Foods. Habt ihr schon mal versucht, nach neun Uhr morgens vor deren Laden in Berkeley einen Parkplatz zu bekommen? Ein Ding der Unmöglichkeit.«
    Â»Ich werde nicht kündigen«, sage ich. »Und selbst wenn ich es wollte, ginge das gar nicht, denn William ist degradiert worden.«
    Die Mumble Bumbles tauschen besorgte Siehst-du-ich-hab’s-dir-ja-gesagt-Blicke aus.
    Â»Nicht so schlimm. Er geht jetzt ein bisschen in sich. Ist so ein Midlife-Ding«, erkläre ich.
    Â»Alice«, sagt Tita, »es ist so: Man fängt vielleicht an, sich ein bisschen verrückt zu verhalten. Tut Dinge, die man normalerweise nicht tun würde. Klingelt da was bei dir? Ist dir so was in der Art passiert?«
    Â»Nein«, sage ich, »alles ist ganz normal. Außer der Tatsache, dass Zoe eine Essstörung hat. Und Peter schwul ist, aber es noch nicht weiß. Und ich nehme an dieser anonymen Umfrage über Erfüllung in der Ehe teil.«
    Was die Mumble Bumbles wussten, was zwischen uns ungesagt blieb, was niemals erklärt oder ausgesprochen werden musste, war, dass niemand uns je wieder so lieben würde wie unsere Mütter. Natürlich, wir würden geliebt werden, von unseren Vätern, unseren Freunden, unseren Geschwistern, unseren Tanten und Onkels und Großeltern und Ehepartnern – und unseren Kindern, wenn wir uns entschieden, welche zu bekommen. Aber niemals mehr würden wir diese bedingungslose, Egal-was-du-tust-ich-werde-dich-nie-verlassen-Art von Mutterliebe spüren.
    Wir versuchten, uns gegenseitig damit zu versorgen. Und wenn wir scheiterten, boten wir Schultern zum Anlehnen, Hände zum Halten und Ohren zum Zuhören an. Und wenn wir damit scheiterten, dann gab es noch Lumpias und Proben wasserfester Wimperntusche, Hinweise auf bestimmte Artikel und ja, auch das: Tomatensaft mit einem Schuss Wodka.
    Aber vor allem war da diese Leichtigkeit, die daher rührte, nicht so tun zu müssen, als hätte man es jemals überwunden. Die Welt erwartete, dass man weitermachte. Die Welt um einen herum funktionierte nur dann, wenn man weitermachte. Aber die Mumble Bumbles verstanden, dass der Soundtrack des Verlustes immer als Hintergrundmusik lief. Manchmal war die Musik stumm geschaltet – und manchmal war sie voll aufgedreht und machte dich taub.
    Â»Fang am Anfang an, Liebes, und erzähl uns alles«, sagte Tita.

Kapitel 34
    37. Und dann, eines Tages vor dem Charles Hotel, zog er meine Ohrstöpsel aus meinem Walkman und steckte sie in seinen Walkman ein, und es war das erste Mal, dass wir ein echtes Gespräch zu führen schienen, das folgendermaßen verlief:
    Lied 1: De La Soul, Ha Ha Hey : Ich bin ein weißer Kerl, der Hip-Hop mag. Gelegentlich, wenn ich genug gebechert habe, tanze ich auch.
    Lied 2: ’Til Tuesday, Voices Carry : Am besten wäre es, wir würden niemandem von unseren mittäglichen Läufen erzählen.
    Lied 3: Nena, 99 Luftballons : Ich war mit dreizehn drei Wochen lang ein Punk. Bist du beeindruckt?
    Lied 4: The Police, Don’t Stand So Close To Me : Doch, stell dich so dicht neben mich.
    Lied 5: Fine Young Cannibals, Good Thing : Du.
    Lied 6: Men Without Hats, The Safety Dance : Vorbei.
    Lied 7: The Knack, My Sharona : Du bringst meine Maschine in Fahrt, Maschine in Fahrt …
    Lied 8: Journey, Faithfully : Treu – das trifft auf mich nicht mehr zu.

Kapitel 35
    Von: Ehefrau 22
    Betreff: Freunde
    Datum: 4. Juni, 04:31 Uhr
    An: forscher101
    Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir Freunde werden. Was halten Sie davon, Facebook zu benutzen? Ich bin die ganze Zeit auf Facebook, ich mag diese Unmittelbarkeit. Und wäre es nicht nett, miteinander zu chatten? Wenn jeder von uns ein Profil einrichtet und wir nur uns beide als Freunde bestätigen, können wir anonym bleiben. Der einzige Haken daran ist, dass man einen richtigen Namen benutzen muss, also habe ich mir ein Profil unter dem Namen Lucy Pevensie eingerichtet. Kennen Sie Lucy Pevensie