Die Eheprobe
darum? Dass er quasi vom Stapel gelassen wird? Sollten Sie sich nicht darüber freuen?« Zu Hause berichtete ich William davon, und wir beide waren völlig verwirrt. Im Schützengraben junger Eltern hätten wir beide alles dafür getan, einen einzigen Nachmittag ganz für uns allein zu haben. Wir freuten uns auf das Flüggewerden unserer Kinder. »Stell dir bloà mal vor, so an seinen Kindern zu hängen, dass man sich total verloren fühlt, wenn sie aus dem Haus gehen«, sagten wir uns verwundert. Zehn Jahre später fange ich gerade erst an zu verstehen.
»Kommen die Barbedians heute Abend auch?«, fragt William.
»Ich glaube nicht. Sagten sie nicht, sie hätten Karten für die Giants?«
»Wirklich schade. Ich mag Bobby«, sagt William.
»HeiÃt das, Linda magst du nicht?«
William zuckt mit den Achseln. »Sie ist deine Freundin.«
»Na ja, sie ist auch deine Freundin.« Es irritiert mich, dass er versucht, Linda mir zuzuschieben.
Nedra und ich haben Linda kennengelernt, als unsere Kinder auf dieselbe Vorschule gingen. Als Familien-Trio veranstalten wir seit Jahren einmal im Monat ein gemeinsames Abendessen, zu dem jeder etwas beisteuert. Früher waren die Kinder immer mit von der Partie, aber mit zunehmendem Alter sprangen sie der Reihe nach ab, und jetzt sind es meistens nur noch die Erwachsenen (und gelegentlich Peter), die aufkreuzen. Ohne die Kinder als Puffer hat sich die Gruppendynamik der Abendessen verändert, womit ich sagen will, dass wir mit Linda nicht mehr sehr viel gemeinsam haben. Bobby dagegen finden alle toll.
William seufzt.
»Hör mal, fühl dich nicht verpflichtet mitzukommen, wenn ich meine Besorgungen mache. Das Letzte, wozu du Lust hast, ist wahrscheinlich, mit mir ein paar Gärtnereien abzuklappern.«
»Das macht mir nichts aus«, sagt William und wirkt irritiert.
»Wirklich? Also dann, gut. Sollen wir Caroline fragen, ob sie mitkommen will?«
»Warum sollten wir Caroline fragen?«
»Na ja, nur so eine Idee â also, vielleicht könntet ihr beiden, falls dir langweilig werden sollte, ein paar Runden ums Home Depot laufen, oder so.«
Nach meinem gescheiterten Laufausflug mit Caroline hat William angefangen, sie zu begleiten. Er hatte keine Kondition mehr, und die ersten paar Male waren hart gewesen. Aber jetzt liefen sie mehrmals in der Woche morgens acht Kilometer und mixten sich danach Spirulina-Mikroalgen-Smoothies, die Caroline auch mir anzudrehen versuchte, indem sie mir weniger Erkältungen und besseren Stuhlgang verhieÃ.
»Sehr witzig. Was ist verkehrt an nur uns beiden alleine?«, fragt William.
Verkehrt an nur uns beiden alleine ist, dass es zurzeit genauso gut nur einer alleine heiÃen könnte. Ich bin diejenige, die alle Gespräche ins Rollen bringt, die ihn darüber auf dem Laufenden hält, was mit den Kindern und dem Haus und unseren Finanzen los ist, und die ihn danach fragt, was in seinem Leben passiert. Er zeigt sich nie erkenntlich, und freiwillig rückt er mit keinerlei Informationen heraus.
»Nichts â natürlich gar nichts. Nur wir beide, das ist toll. Wir können tun und lassen, was wir wollen. Was für ein SpaÃ!«, säusele ich gezwungenermaÃen mit meiner allzu enthusiastisch klingenden Mary-Poppins-/Miss-Truly-Scrumptious-Stimme.
Ich sehne mich nach einem reicheren Leben mit ihm. Ich weiÃ, das ist möglich. Es gibt da drauÃen Leute, wie Nedra und Kate, die ein reicheres, erfüllteres Leben leben. Paare bereiten gemeinsam Moussaka zu, während im Hintergrund Jazz läuft. Sie kaufen gemeinsam im Bioladen ein. Natürlich tun sie das ganz gemächlich (Langsamkeit scheint ein Schlüsselbestandteil eines erfüllten Lebens zu sein), sie lassen kein Regal aus, probieren Steinobst, riechen an Kräutern, können Zitronengras von Zitronenmelisse unterscheiden, sitzen auf einer Treppenstufe und essen vegane Scones. Ich rede nicht von reich im Sinne von Geld. Ich verstehe unter reich und erfüllt die Fähigkeit, die Dinge dann zu genieÃen, wenn sie passieren, und nicht immer schon an die nächste Sache zu denken.
»Hey, Alice.« Caroline duzt mich mittlerweile. Sie kommt in die Küche und wedelt mit einem Buch herum.
Bis jetzt hatte Caroline noch kein Glück mit ihrer Jobsuche. Sie hatte viele Vorstellungsgespräche (in der Bay Area herrscht kein Mangel an IT -Start-ups), aber nur
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