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Die Eheprobe

Die Eheprobe

Titel: Die Eheprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Gideon
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alleine untergehen.
    Die Premiere verlief gut. Das Theater war brechend voll. Ich betete darum, dass sich alles heute Abend auf wundersame Weise fügen würde, und angesichts der enthusiastischen Theaterbesucher schien genau das der Fall zu sein. William war den ganzen Abend an meiner Seite. Ich hatte mittlerweile eine kleine Babykugel, was seinen Beschützerinstinkt zum Vorschein brachte: Seine Hand in meinem Kreuz war allgegenwärtig. Am nächsten Morgen erschien eine begeisterte Kritik im Portland Press Herald. Die ganze Besetzung feierte sich deshalb mit einer Bootsfahrt auf einem Hummerschiff. Einige von uns betranken sich. Andere (ich) übergaben sich. Keiner von uns ahnte, dass das der einzige Moment in der Sonne sein würde, den Die Bardame erleben würde, aber vermutet denn je irgendjemand, dass die Magie gleich enden wird, wenn sich das Magische gerade erst entfaltet?
    Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, William wäre froh über das Scheitern des Stückes gewesen, aber was ich sagen kann, ist, dass er froh darüber war, mich wieder zu Hause zu haben, in Erwartung des Babys. Er ging nicht so weit zu verkünden, er hätte es ja gesagt, aber jedes Mal, wenn Bunny mir einen weiteren Verriss mailte (sie gehörte nicht zu den Regisseuren, die daran glaubten, man solle seine Kritiker ignorieren – ganz im Gegenteil, sie gehörte dem Hast-du-genug-Verrisse-eingeheimst-bist-du-dagegen-geimpft-Lager an), bekam er diesen grimmigen Gesichtsausdruck, den ich nur als Scham deuten konnte. Irgendwie war mein öffentliches Scheitern zu seinem eigenen geworden. Er musste mir nicht raten, kein weiteres Stück zu schreiben: Zu dieser Entscheidung fand ich ganz allein. Ich sagte mir, auch in meiner Schwangerschaft gäbe es drei Akte: einen Anfang, eine Mitte und einen Schluss. Im Grunde war ich ein lebendes Theaterstück, und das musste vorläufig ausreichen.
    65. Ich weiß, dass Zimmergenosse ein Tabuwort ist, aber mir fällt Folgendes dazu ein: Was wäre, wenn Zimmergenossen zu sein das natürliche Stadium im mittleren Teil einer Ehe ist? Was wäre, wenn es genau so und nicht anders zu sein hat? Der einzig mögliche Zustand, solange wir uns abrackern, Kinder aufzuziehen, und versuchen, Geld für den Ruhestand zurückzulegen und uns damit zu arrangieren, dass es keinen Ruhestand mehr geben wird und wir arbeiten müssen, bis wir tot umfallen?
    66. Vor einer Viertelstunde.

Kapitel 59
    Â»Lecker«, sagt Caroline.
    Â»Das schmeckt gut«, sagt William.
    Â»Soll der denn nach Erde schmecken?«, frage ich und blicke suchend in mein Smoothie-Glas.
    Â»Ach Alice«, sagt Caroline, »du bist so ehrlich.«
    Â»Du meinst wohl eher, sie sagt alles ungefiltert«, präzisiert William.
    Â»Du solltest wirklich mit uns Joggen gehen«, sagt Caroline.
    Â»Ja, warum kommst du nie mit?«, fragt William und klingt dabei völlig unaufrichtig.
    Â»Weil irgendjemand ja schließlich arbeiten muss.«
    Â»Siehst du: ungefiltert«, sagt William.
    Â»Wie dem auch sei – ich muss jetzt duschen und mich fertigmachen. Ich habe heute Nachmittag ein zweites Vorstellungsgespräch bei Tipi. Es geht um ein Praktikum, aber wenigstens habe ich dann einen Fuß in der Tür«, sagt Caroline.
    Â»Moment mal, wer oder was ist Tipi?«, frage ich
    Â»Mikrokredite. Ein unglaubliches Unternehmen, Alice. Gibt es erst seit einem Jahr, aber sie haben bereits Darlehen im Wert von zweihundert Millionen Dollar an Frauen in der Dritten Welt vergeben.«
    Â»Hast du deiner Mutter von dem zweiten Gespräch erzählt? Sie muss begeistert sein.«
    Â»Nein, noch nicht. Und glaub mir, sie wird alles andere als begeistert sein«, sagt Caroline. »Sie findet, ich vergeude damit meinen IT-Abschluss. Wenn es um Paypal oder Facebook oder Google ginge, würde sie vor Begeisterung ein Rad schlagen.«
    Â»Das klingt nicht nach deiner Mutter.«
    Caroline zuckt mit den Achseln. »Das ist meine Mutter. Nur eben nicht der Teil meiner Mutter, den viele Leute je zu Gesicht bekommen. Ich muss los.« Sie schnappt sich eine Erdbeere und verlässt die Küche.
    Â»Tja, alle Achtung, sie rackert sich da draußen ab.«
    Â»Will heißen, dass ich mich nicht da draußen abrackere?«, fragt William. »Ich hatte zehn Vorstellungsgespräche. Ich rede nur nicht darüber.«
    Â»Du hattest zehn Vorstellungsgespräche?«
    Â»Ja, und keine

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