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Die Eheprobe

Die Eheprobe

Titel: Die Eheprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Gideon
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Synonyme-Website die Definition von Problem lautet: eine Schwierigkeit, die gelöst werden muss?
    Ist das Ihre Vorstellung von Klartext reden, Forscher 101?
    Nach dem Informationsaustausch mit Ihnen während unserer gemeinsamen Zeit kann ich mit Nachdruck behaupten, dass Sie, Ehefrau 22, einiger Lösungen bedürfen.
    Dem kann ich nicht widersprechen.
    Und ich kann sagen (ein bisschen weniger nachdrücklich, aus Angst, Sie aus der Fassung zu bringen), dass ich gerne derjenige wäre, der Sie erlöst.

Kapitel 58
    64. Ich war seit drei Monaten mit Zoe schwanger. Mir war immerzu erbärmlich schlecht, womit ich erfolgreich hinterm Berg hielt. Ich hatte sogar drei Kilo wegen der Morgenübelkeit abgenommen, daher konnte niemand am Theater sehen, dass ich schwanger war – mit Ausnahme von Laser-Auge Bunny, die mein Geheimnis in dem Moment erahnte, in dem ich vor ihr stand. Wir hatten uns vorher nur einmal in Boston getroffen, nachdem sie sich mit der unglaublichen Nachricht bei mir gemeldet hatte, dass Die Bardame den Wettbewerb gewonnen hatte. Sie ließ mich sofort wissen, dass mein Stück, auch wenn es gewonnen hatte, noch bearbeitet werden müsse. Sie fragte mich, ob ich bereit sei, einiges umzuschreiben. Ich stimmte natürlich zu, ging aber davon aus, dass es um minimale Änderungen ging.
    Ich kam an einem Samstagnachmittag im Blue Hill an. Die letzten Wochen waren nicht einfach gewesen. William wollte mich nicht fahren lassen – auf gar keinen Fall, wo es mir doch so schlecht ging. Wir stritten uns am Frühstückstisch, und ich war mit den anklagenden Worten aus der Wohnung gestürmt, er wolle meine Karriere sabotieren. Während der gesamten Fahrt fühlte ich mich schrecklich, aber jetzt, als ich im Gang des Theaters stand und hinunter auf die Bühne blickte, war mir vor Aufregung schwindlig. Hier lag es also vor mir, mein Leben als richtige Theaterautorin, es begann genau in diesem Augenblick. Im Blue Hill Theater roch es genau so, wie es in einem Theater riechen sollte, in der Kopfnote nach Staub und Papier, in der Basisnote nach Popcorn und billigem Wein. Ich drückte mein Manuskript an meine Brust und ging den Flur entlang, um Bunny zu begrüßen.
    Â»Alice! Sie sind schwanger«, rief sie aus. »Herzlichen Glückwunsch! Hunger?« Sie streckte mir eine Schachtel Kekse entgegen.
    Â»Woher wissen Sie das? Ich bin erst in der zwölften Woche. Man sieht noch gar nichts.«
    Â»Ihre Nase. Sie ist geschwollen.«
    Â»Ach ja?« Ich tastete meine Nase ab.
    Â»Nicht abscheulich geschwollen, nur ein winziges bisschen. Ist bei den meisten Frauen so, fällt denen aber nicht auf, weil die Schleimhäute im Laufe der Schwangerschaft langsam anschwellen, nicht auf einen Schlag.«
    Â»Also, es wäre mir sehr recht, wenn Sie das niemandem sagen würden …«
    Der schwere, süße Duft aus Bunnys geöffneter Keksschachtel schwebte in meine Nasenlöcher, und ich hielt mir die Hand vor den Mund.
    Â»Eingangshalle, rechte Tür«, instruierte Bunny mich, und ich rannte den Flur entlang zu den Toiletten und übergab mich.
    Die folgenden wochenlangen Proben waren sehr intensiv. Tag für Tag saß ich neben Bunny in dem abgedunkelten Theater, und sie versuchte, mir beratend zur Seite zu stehen. Zuerst waren Bunnys Vorschläge so etwas wie Ermutigungen, mich von Klischees zu verabschieden. »Das klingt unglaubwürdig, Alice«, sagte sie öfter über eine Szene. »So redet kein Mensch im wirklichen Leben.« Je weiter die Proben voranschritten, desto strenger und hartnäckiger wurde sie, weil es für sie auf der Hand lag, dass irgendetwas nicht funktionierte. Sie trieb mich weiter an, um die Nuancen und Schattierungen herauszuarbeiten, die den Figuren fehlten. Aber ich war nicht ihrer Meinung. Ich fand, die Tiefe wäre sehr wohl vorhanden; sie erkannte sie einfach nur nicht.
    Eine Woche vor der Premiere stieg der Schauspieler in der Hauptrolle aus. Die erste Kostümprobe war ein Desaster, die zweite verlief etwas besser, und schließlich, in letzter Minute, sah ich Die Bardame mit Bunnys Augen und war entsetzt. Sie hatte recht. Das Stück war eine Karikatur. Eine freche, glitzernde Oberfläche, mit wenig dahinter. Pure Fassade, nichts dahinter.
    Zu diesem Zeitpunkt war es schon zu spät für weitere Änderungen. Ich musste das Stück loslassen. Es würde in eine steife Brise geraten oder von ganz

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