Die Eheprobe
geschlafen hatte, brachten sie ihn zu mir. Es war mitten in der Nacht. William war nach Hause gegangen, um bei Zoe zu sein.
Ich wickelte ihn aus den Windeltüchern. Er war eines dieser Babys, die wie ein nörgeliger alter Mann aussehen, womit ich sagen will, dass er das hübscheste Baby war, das ich je gesehen hatte (die GröÃe seiner Stirn bereitete mir allerdings Sorgen).
»Seine Ehefrau hasse ich bereits jetzt«, verkündete ich der Krankenschwester.
74. Glückseligkeit. Erschöpfung. Willkommen-zu-Hause-Party. Zu müde zum Aufräumen. Zu müde für Sex. Zu müde, um William zu begrüÃen, wenn er nach der Arbeit durch die Tür kommt. Zoe versucht, Peter zu ersticken. Peter himmelt Zoe an, obwohl sie jeden Tag neue Wege ausfindig macht, um ihn abzumurksen. Vierzig und mehr Windeln pro Woche. Ist eine Schwester mit drei Jahren alt genug, um ihrem Bruder die Windeln zu wechseln? Nachmittage auf dem Sofa, den schlafenden Peter auf meinem Bauch. Zoe, die vier Stunden lang für sie völlig ungeeignete Sendungen im Fernsehen ansieht. Streit mit Ehemann, ob Oprah eine ungeeignete Sendung ist. In Babykotze getauchte Blusen. Eine dreiköpfige Familie, von morgens sechs bis abends sieben. Eine vierköpfige Familie von abends sieben bis abends zehn. Eine zweiköpfige Familie (Peter und ich) von abends zehn bis morgens um sechs. Mach dir keine Sorgen, sagen die ganzen Ratgeber. Die Distanz zwischen dir und deinem Ehemann ist nur ein Zwischenspiel. Wenn das Baby erst mal vier Monate alt ist, die Nacht durchschläft, feste Nahrung zu sich nimmt, ein Jahr alt ist, die ersten beiden schrecklichen Jahre vorbei sind, im Kindergarten ist, liest, mehr Pipi gezielt in der Toilette landet als auf dem Boden, sich vom Kuscheln mit der Gifteiche erholt hat, die sogar den Weg unter seine Vorhaut gefunden hat, Rückenschwimmen gelernt hat, gegen Tetanus geimpft ist, aufhört, Mädchen zu beiÃen, seine Socken alleine anziehen kann, dich in Sachen Zähneputzen nicht länger anlügt, keine Gute-Nacht-Lieder mehr einfordert, auf die Middle School geht, in die Pubertät kommt, sein Coming-out als stolzer schwuler Teenager hat â dann werden du und William wieder zur Normalität zurückkehren. Dann wird dieses distanzierte Gefühl auf wundersame Weise verschwinden.
75. Lieber Peter,
die Wahrheit ist: Ich war entsetzt, als ich herausfand, dass du ein Junge werden würdest. Hauptsächlich, weil ich keine Ahnung hatte, wie man einen Jungen bemuttert. Ich bildete mir ein, es wäre viel schwieriger, als die Mutter eines Mädchens zu sein, weil ich natürlich alles darüber wusste, wie es sich anfühlte, ein Mädchen zu sein, allein aufgrund der Tatsache, dass ich eins war. In Wirklichkeit immer noch bin. Das Mädchen in mir ist quicklebendig. Ich glaube, du bist ihr ab und zu begegnet. Sie ist diejenige, die den Reiz von erfolgreichem Nasepopeln nachempfinden kann â machâs einfach, wenn du allein bist, und wasch dir danach die Hände.
Ein paar Dinge, die du vielleicht nicht weiÃt oder an die du dich nicht erinnerst:
1. Als du mit zwei Jahren eine furchtbare Ohrentzündung hattest und nicht aufhören wolltest zu schreien, war ich so verzweifelt, dich mit diesen Schmerzen zu sehen, dass ich in dein Kinderbett geklettert bin und dich festgehalten habe, bis du eingeschlafen warst. Du bist zehn Stunden lang nicht aufgewacht, auch dann nicht, als das Kinderbett zusammengebrochen ist.
2. Als du drei Jahre alt warst, standen nur zwei Dinge auf deinem Wunschzettel für Weihnachten: eine Kartoffel und eine Karotte.
3. Ein witziger Spruch von dir, als ich dir zum Abendessen Ravioli mit Butter gemacht habe (uns war die TomatensoÃe ausgegangen): Das kann ich nicht essen. Diese Ravioli haben kein Herz.
4. Eine unmöglich zu beantwortende Frage von dir, als du mir beim Wäschezusammenlegen geholfen hast: Wo war ich, als du ein kleines Mädchen warst?
5. Ein Spruch von dir, der mir das Herz gebrochen hat: Selbst wenn ich sterbe, werde ich dein Junge sein.
Es war mir eine unglaubliche Freude, deine Mutter zu sein. Du bist mein lustigster, liebster, strahlendster Augenstern.
Deine dich liebende Mama
76. Erster Teil der Frage: Ich weià es nicht; zweiter Teil der Frage: bis zu einem gewissen Grad.
Kapitel 71
»Oh, meine Liebe, das ist toll. Ist das nicht toll? Warum machen wir das nicht öfters?«, fragt Nedra.
Nedra will
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