Die Ehre der Königin
verwandle mich auf meine alten Tage schon nicht in eine Mystikerin. Aber überlegen Sie mal! Wenn die Masadaner sich rational verhalten würden, dann hätten sie sich in dem Augenblick zurückziehen müssen, als das Geschwader ins Jelzin-System zurückkehrte. Das haben sie nicht getan. Ganz sicher hätten sie fliehen müssen, als wir sie bei Blackbird stellen wollten! Sie haben gekämpft. Und dann …« – ihre Stimme wurde tiefer und wütender –, »die Art, wie sie die Madrigals behandelt haben.«
Sie schwieg und starrte brütend auf die Tischplatte, dann schüttelte sie sich.
»Alles läuft darauf hinaus, daß die Masadaner nicht rational handeln. Die leben nicht in der gleichen Galaxis wie wir. Ich kann keine nette, saubere Feindabsichtenanalyse aufbauen, aber nach allem, was wir bisher gesehen haben, glaube ich – nein, weiß ich –, daß sie sich auch jetzt nicht ändern werden.«
»Nicht einmal, wenn die Havies ihnen die Donner Gottes unter dem Hintern wegziehen?«
»Nun, das könnte sie natürlich aufhalten«, gab Honor zu. »Es ist aber die Frage, ob die VRH das Schiff wirklich so einfach abziehen kann . Nach allem, was bei Blackbird passiert ist, bin ich in dieser Hinsicht wenig optimistisch.« Wieder schüttelte sie den Kopf. »Nein, ich glaube, die Donner Gottes kommt. Und wenn es so ist, dann kommt sie bald. Sehr bald.«
30.
Die Männer in das Schiff zu zwängen war noch schwieriger gewesen, als Yu erwartet harte. Jede Abteilung, die freien Platz hatte, wurde bis unter die Decke mit masadanischen Soldaten und ihren Waffen vollgestopft. Man konnte sich kaum umdrehen, ohne auf einen davon zu treten, und Yu würde außerordentlich erleichtert sein, sobald sie die erste Ladung ausgeschifft hatten.
Die Anzahl der Passagiere belastete das Lebenserhaltungssystem der Donner Gottes an die Grenzen, und deswegen war das gegenwärtige Treffen anberaumt. Yu, Commander Valentine und Lieutenant Commander DeGeorge, der Zahlmeister der Donner , saßen im Arbeitszimmer des Kommandanten und befaßten sich mit den genauen Zahlen. DeGeorge war unglücklich.
»Aber am schlimmsten ist, daß die meisten von ihnen nicht einmal Vakuumanzüge haben. Wenn wir einen LE-Zusammenbruch haben, dann wird es häßlich. Sehr häßlich.«
»Die blöden Hunde«, grunzte Valentine. Yu warf ihm einen tadelnden Blick zu, doch es gelang ihm nicht, allzuviel Gewicht hineinzulegen, und der LI zuckte die Schultern. »Sie hätten die Kerle bloß für die Reise in Vakuumanzüge stecken müssen, Skipper. Ihre Ausrüstung ist zum Totlachen, und die armen Schweine hätten sich sicher sehr unwohl gefühlt, aber wenigstens hätten sie Anzüge dabeigehabt!« Er zog ein finsteres Gesicht. »Und noch eins: Wir bringen diese Stoppelhopser doch zu ihren Asteroidenbasen, oder nicht?« Yu nickte, und Valentine zuckte wieder mit den Achseln. »Nun, Sie können mir aber nicht erzählen, daß die Kerle dort so viele überzählige Raumanzüge auf Lager haben.«
Yu runzelte die Stirn, denn der LI hatte recht. Sie brachten diese Männer in eine feindliche Umgebung, und sie besaßen keine Schutzanzüge. Das war selbst für Masadaner außerordentlich dumm, und er fragte sich, warum diese Tatsache ihm nicht schon vorher aufgefallen war.
»Nun, jedenfalls behalte ich die Umweltmonitore stets im Auge«, sagte DeGeorge. »Bisher geht alles glatt. Ich hoffe, es bleibt so.«
George Manning saß im Zentrum der Brücke und konzentrierte sich darauf, die gleiche Zuversicht auszustrahlen wie der Captain. Nicht, daß er sonderlich zuversichtlich gewesen wäre, doch er hatte hinreichend Zeit besessen, sich an das innerliche Gefühl drohenden Untergangs zu gewöhnen, und im übrigen hatte er auch keine andere Wahl.
Er überprüfte die Uhrzeit. Sie waren mehr als eine halbe Stunde überfällig für die erste Zustellung. Er wandte den Kopf.
»Com, rufen Sie Basis Drei, und geben Sie unsere neue ETA durch.«
»Aye, Sir«, antwortete Lieutenant Hart, der masadanische Signaloffizier. Am Tonfall der Antwort war etwas, woran Manning Anstoß nahm. Harts Stimme hatte einen eigenartigen Unterton besessen, etwas, das tiefer ging als die Furcht, die jeder auf einer Feindfahrt empfand, und der I.O. musterte ihn eingehend.
Hart schien sich der Aufmerksamkeit Mannings nicht bewußt zu sein. Er beugte sich nach links, um die Com-Laser-Software hochzufahren, und Mannings Blick verharrte auf ihm. Unter der Jacke des Masadaners zeichnete sich ein eckiger Umriß ab, wo sich
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