Die Ehre der Königin
Testschaltkreise geben grünes Licht.«
»Gut gemacht, Andy!« Honor lächelte mit der rechten Mundhälfte. »Wenn Sie und James nun noch die Gravitationssensoren wieder hochfahren könnten …?«
Sie ließ den Satz in neckendem Ton verebben, und Venizelos schnitt eine Grimasse.
»Skipper, Unmögliches wird sofort erledigt; für Wunder brauchen wir eine Werft.«
»Das hab’ ich befürchtet.« Honor deutete auf einen Stuhl; der I.O. setzte sich und beobachtete sie dabei verstohlen.
Sie sah besser aus, nachdem die Schnellheilung nun die schreckliche Prellung, die ihr Gesicht verunstaltet hatte, zum Abschwellen brachte. Venizelos gewöhnte sich allmählich daran, daß die linke Hälfte leblos und schlaff blieb. Das Sehvermögen des linken Auges ließ sich, wie Montaya prophezeit hatte, nicht wiederherstellen, aber die schwarze Augenklappe, die den dicken Verband ersetzt hatte, verlieh der Kommandantin eine Aura verwegener Zäheit.
Aber es kommt nicht darauf an, wie sie aussieht , dachte er und ließ seine Gedanken weiterschweifen. Sie war fuchsteufelswild gewesen, als sie aus dem ersten Schlaf, den sie seit dreiundfünfzig Stunden bekommen hatte, aufwachte und begriff, daß Montaya und MacGuiness ihr im Kakao ein Schlafmittel untergejubelt hatten. Eine Weile lang hatte Venizelos geglaubt, daß nichts Honor davon abhalten konnte, die beiden in Eisen legen zu lassen, auch nicht der Schwur des Schiffsarztes, Honor binnen weniger als dreißig Minuten wieder auf den Beinen zu haben, falls die Donner Gottes auftauchte. Doch die kleine Verschwörung hatte ihr mehr als fünfzehn Stunden ununterbrochenen Schlafs verschafft, und tief im Innern mußte die Kommandantin wissen, wie dringend sie diese Ruhe benötigt hatte.
Venizelos hatte nichts von Montayas Vorhaben gewußt, sonst hätte er den Kakao eigenhändig mit dem Schlafmittel gespickt und den Steward aus der Sache herausgehalten. Captain Harrington war vor seinen Augen zerfallen, und er hatte es mit der Angst zu tun bekommen – mit der Angst um sie und um die Leute, die sie so dringend brauchten. Es war schlimm genug gewesen, als sie von Admiral Courvosiers Tod erfuhr; nachdem klar wurde, was mit den Madrigals geschehen war, war Honors Zustand unerträglich geworden. Er konnte ihr ihren Haß nicht verdenken, und er begriff ihr Schuldgefühl, wenn er auch ihre grausame Selbstverurteilung, sie habe den Admiral im Stich gelassen, nicht teilte. Aber er hatte gewußt, daß die Leute ihre Kommandantin in alter Form zurückhaben mußten. Wenn das geschah, worauf sie alle warteten, dann wurde Honor Harrington auf der Brücke der Fearless gebraucht, dann mußte sie erneut ihre Zauber wirken, und mit einem erschöpften Automaten in erstarrter Benommenheit wäre niemandem gedient gewesen.
Ihre Stimme riß den Ersten Offizier aus seinen Gedanken. »Also …« Sie lehnte sich zurück. »Ich nehme an, wir sind so weit, wie wir kommen können, bevor sie auftaucht.«
»Sie glauben, sie kommt wirklich, Skipper? Wir warten nun schon vier Tage. Wäre sie nicht schon hier, wenn die Masadaner noch etwas versuchen wollten?«
»Sollte man eigentlich annehmen.«
»Aber Sie tun’s nicht, stimmt’s?« fragte Venizelos. Als sie zur Antwort den Kopf schüttelte, kniff er die Augen zusammen. »Warum nicht, Skipper?«
»Ich kann Ihnen keinen logischen Grund nennen, Andy.« Sie verschränkte die Arme. Ihr Auge war dunkel und blickte in die Ferne. »Alles, was die Masadaner unter den gegebenen Umständen im Jelzin-System versuchen könnten, würde ihre Lage nur noch schlimmer machen. Wenn sie uns vernichten oder einen Nuklearangriff auf Grayson starten, dann wird die Flotte sie in eine Erinnerung verwandeln. Selbst wenn das den Masadanern nicht klar ist, die Havies wissen Bescheid. Und wenn die ›Wahren Gläubigen‹ etwas unternehmen wollten, dann hätten sie es schon lange beginnen sollen – ohne uns Zeit für Reparaturen und Vorbereitungen zu geben. Ganz zu schweigen davon, daß das Erscheinen einer Entsatzstreitmacht von Manticore immer näher rückt. Und doch …«
Ihre undeutliche Stimme war immer leiser geworden und verstummte ganz. Tief im Innern erschauerte Venizelos. Die Stille zog sich hin, bis er sich räusperte.
»Und doch, Ma’am?« fragte er leise.
»Sie ist irgendwo dort draußen«, antwortete Honor. »Sie ist dort draußen, und sie kommt hierher.« Sie begegnete seinem Blick, und als sie seine Miene sah, verzog sie den rechten Mundwinkel.
»Keine Sorge, Andy – ich
Weitere Kostenlose Bücher