Die Ehre der Königin
als hätte er seine militärischen Umgangsformen woanders gelernt.
Was selbstverständlich genau den Tatsachen entsprach.
»Guten Morgen, Sir. Welch unerwartete Ehre. Wie kann ich Ihnen dienen?«
»Begleiten Sie mich bitte in meinen Besprechungsraum«, antwortete Simonds, gegen seinen Willen von Yus unfehlbarer Höflichkeit ein wenig besänftigt.
»Selbstverständlich, Sir. Commander Manning, Sie haben die Wache.«
»Aye, Sir«, bestätigte der Commander zackig – ebenfalls kein Masadaner, wie Simonds mit neuerwachter Unleidlichkeit feststellte.
Yu folgte Simonds in den Besprechungsraum und sah ihn aufmerksam an, nachdem die Luke sich hinter ihnen geschlossen hatte.
Simonds musterte Yus freundliche, abwartende Miene und fragte sich nicht zum ersten Mal nach den Gedanken hinter diesen dunklen Augen. Yu mußte wissen, wie entscheidend er und sein Schiff für Masadas Pläne waren – oder wenigstens für die Pläne, von denen er wußte. Ein Drittel der Crew des Donner Gottes bestand noch immer aus Heiden, die Spezialaufgaben erfüllten, für die kein Masadaner qualifiziert war. Wenn Befehle erteilt wurden, sahen sie auf Yu und nicht auf Simonds, und das nicht nur, weil Yu der Kommandant des Schiffes war. Simonds hatte dreißig Jahre der internen politischen und doktrinellen Kriegführung innerhalb von Masadas Theokratie überlebt und wußte genau, daß, Yu eigene Vorgesetzte besaß und eigene Ziele verfolgte. Bisher hatten diese Ziele im Einklang mit denen der Wahren Gläubigen gestanden, doch was geschah an dem Tag, an dem dies nicht mehr der Fall wäre? Simonds dachte nicht gern über diese Frage nach, andererseits blieb ihm nichts anderes übrig, als sich damit zu beschäftigen – das war der Grund, warum es so wichtig war, Yu korrekt zu behandeln. Wenn es an der Zeit war, daß ihre Wege sich trennten, dann mußte es zu den Bedingungen der Wahren Gläubigen geschehen, nicht anders.
Er räusperte sich, drängte die bedrückenden Gedanken zurück und wies auf einen Stuhl.
»Setzen Sie sich, Captain, setzen Sie sich!« Yu wartete mit minutiöser Höflichkeit ab, bis Simonds Platz genommen hatte, dann erst ließ er sich auf den ihm zugewiesenen Stuhl sinken. Das Schwert schluckte die bittere Galle des Neids über die Leichtigkeit, mit der Yu sich bewegte. Der Captain war zehn Jahre älter als Simonds und sah aus, als wäre er halb so alt wie das Schwert. Sah aus? Körperlich war Yu in der Tat nur halb so alt wie Simonds, denn sein Volk war so sehr von Gott verlassen, daß es nichts Schlimmes daran fand, sich an Seinem Plan für ihre Spezies zu schaffen zu machen. Freigiebig gebrauchten sie den Lebensverlängerungsprozeß – zumindest innerhalb ihrer Offizierskaste und der herrschenden Familien –, und Simonds war beinahe verstört darüber, wie sehr er ihn ihnen mißgönnte. Doch die Versuchung, von diesem Jungbrunnen zu trinken, war das reinste Verderben! Vielleicht war es ganz gut, daß Masadas Mediziner außerstande waren, das Verfahren nachzuahmen. Dennoch stellte die Unfähigkeit einen weiteren Beweis dafür da, daß es vieles gab, was diese Ungläubigen tun konnten und die Wahren Gläubigen nicht.
»Captain, wir haben ein Problem«, sagte er schließlich.
»Ein Problem, Sir?« Yus Akzent – er sprach die Vokale länger und betonte die Konsonanten schärfer – hörte sich in Simonds’ Ohren noch immer fremdartig an.
»Allerdings. Unsere Agenten auf Grayson haben soeben herausgefunden, daß der Konvoi von einer starken Eskorte begleitet wird.«
Yu setzte sich auf. »Wie stark, Sir?« fragte er. Simonds grinste säuerlich.
»Das wissen wir noch nicht – wir wissen nur, daß sie ›stark‹ sein wird.« Er stieß ein Schnauben hervor. »Wir hätten damit rechnen müssen. Die Hurenkönigin wird ihre dreißig Silberlinge wohl behüten, bis Mayhew den Planeten Grayson an sie verkauft hat.«
Alfrede Yu nickte und verbarg sorgfältig seine Reaktion auf die Wildheit in Simonds’ Stimme. Allein die Vorstellung einer Frau als Staatsoberhaupt empörte die Masadaner – stand nicht schon in der Bibel, daß Evas Verderbtheit alle Menschen mit der Sünde befleckt habe? –, und Simonds’ Abscheu bei dem Gedanken, daß selbst Grayson so tief sinken könne, sich mit einem solch widernatürlichen, verwerflichen Regime zu verbinden, war offensichtlich. Dennoch mußte es ihm das Gefühl grauenerfüllter Befriedigung verschaffen, indem es sein Überlegenheitsgefühl durch einen weiteren Beweis für Graysons
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