Die Ehre der MacKenzies (German Edition)
begegnet.
Militärs hatte sie nur bei den Botschaftsempfängen getroffen, meist ältere Offiziere, Generäle und Admiräle in Gala-Uniformen, nur die höchsten Ränge. Natürlich gab es in der Botschaft auch noch die Wachgarde, deren Uniformen ebenso makellos wie ihre Manieren waren. Barrie nahm an, diese Männer mussten hervorragende Soldaten sein, um als Botschaftswachen eingesetzt zu werden. Trotzdem hatten sie nichts mit dem Mann gemein, der sie jetzt so beschützend hielt. Sie waren Soldaten, er war ein Krieger. Er unterschied sich von ihnen wie das riesige, tödliche Messer, das an Zanes Schenkel im Schaft steckte, von einem Taschenmesser. Dieser Mann war selbst eine tödliche Waffe.
Nichtsdestotrotz … er war nicht unsterblich, und sie waren noch lange nicht in Sicherheit. Ihr Versteck konnte entdeckt werden, er konnte umkommen. Die Entführer konnten Barrie zurück in ihre Gewalt bringen. Diese Möglichkeiten konnte Barrie nicht ignorieren wie ihren Hunger und verkrampfte sich.
Nach endlos langer Zeit entfernten sich die Stimmen. Zane stand auf und ging zur Tür, um hinauszuschauen. Noch nie war Barrie jemandem begegnet, der sich mit solch geräuschloser Geschmeidigkeit bewegte. Wie eine Dschungelkatze auf Samtpfoten kam er ihr vor, nicht wie ein kampferprobter Krieger in schweren Stiefeln.
Sie rührte sich nicht, bis Zane sich zu ihr umdrehte. Seine gelöste Miene sagte ihr, dass die Gefahr vorüber war. „Was haben die da draußen gemacht?“, fragte sie leise.
„Baumaterial zusammengeklaubt, Steine, jedes Stück Holz, das sich noch verwerten lässt. Sie haben es mit einer Schubkarre abtransportiert. Hätten sie einen Vorschlaghammer gehabt, hätten sie die Wand rausgebrochen. Sie werden zurückkommen, wenn sie mehr brauchen.“
„Was machen wir jetzt?“
„Das, was wir bis jetzt getan haben – ruhig bleiben und warten.“
„Aber wenn sie hier hereinkommen …“
„Kümmere ich mich darum.“ Unverbrüchliche Zuversicht lag in seiner Stimme. „Ich habe etwas zu Essen und Wasser organisiert. Möchten Sie etwas?“
Barrie rappelte sich auf die Knie. „Wasser! Ich habe schrecklichen Durst.“ Sie hielt inne. „Aber wenn ich etwas trinke, wo soll ich dann hingehen, wenn ich … Sie wissen schon.“
Er betrachtete sie leicht amüsiert, und Barrie wurde rot. Mit solchen Problemen musste er sich wohl normalerweise nicht herumschlagen. Wenn er mit seinen Männern unterwegs war, erleichterten sie sich, wann und wo sie eben mussten.
„Keine Sorge, wir finden schon ein Plätzchen für Sie“, sagte er schließlich. „Lassen Sie sich davon nicht abhalten, Sie brauchen Flüssigkeit. Ich habe Ihnen auch etwas zum Anziehen besorgt, obwohl … so heiß, wie es jetzt ist, möchten Sie damit vielleicht bis zum Abend warten.“
Er deutete auf das schwarze Bündelneben seiner Ausrüstung. Ein langer Schleier, erkannte sie. Mit Dankbarkeit dachte sie daran, wie züchtig dieser Schleier sie verhüllen würde. Dann brauchte sie Zanes Männern nicht halb nackt, nur mit seinem Hemd bekleidet, gegenüberzutreten. Doch er hatte recht. Jetzt, während des Tages, in der Abgeschiedenheit ihres Refugiums, behielt Barrie lie ber nur das Hemd an. Sie bei de wuss ten, dass sie darunter nichts anderes am Leib trug, und er hatte sie schon komplett nackt gesehen. Es war unsinnig, die nächsten Stunden eingehüllt von Kopf bis Fuß zu verbringen und zu schwitzen.
Zane hob den Krug vom Boden und zog den Korken heraus. „Es schmeckt etwas eigenartig“, warnte er, als er ihn ihr reichte. „Da sind Reinigungstabletten drin.“
Es schmeckte wirklich seltsam – lauwarm und nach Chemie. Und es war wunderbar. Barrie trank mit langsamen Schlucken, nicht zu viel, damit ihr leerer Magen sich nicht verkrampfte. Währenddessen packte Zane das organisierte Essen aus – einen Laib Brot, ein Stück Käse, Orangen, Datteln. Ein wahres Festmahl.
Er breitete die Plane aus und zog sein Messer heraus, schnitt dünne Scheiben von Brot und Käse und reichte sie an Barrie weiter. Sie hatte sich auf die Plane gesetzt und wollte schon protestieren, dass sie mit ihrem Hunger viel mehr essen konnte, doch dann wurde ihr klar, wie lange dieser Proviant vielleicht noch für sie beide reichen musste. Nein, sie würde sich nicht beschweren, wenn man ihr etwas zu essen anbot.
Sie hatte nie eine besondere Vorliebe für Käse gehabt, und sie nahm an, dass sie, wäre sie nicht so hungrig gewesen, diesen hier niemals angerührt hätte, aber im
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