Die Ehre der MacLaughlins (German Edition)
ich sie schon seit Jahren, sie war die Frau eines Torfstechers. Als der
vor zwei Jahren von einem Pferd tot getreten wurde, klopfte Brigid an meine Tür
und fragte nach Arbeit. Ihr Mann hatte ihr keinen Penny hinterlassen, und aus
der armseligen Kate, in der sie gehaust hatte, wurde sie geworfen, weil sie die
Miete nicht mehr bezahlen konnte.“ Stirnrunzelnd blickte John über den Tisch
hinweg. „Anfangs wollte ich sie nicht um mich haben, vertraute ihr nicht. Doch
dann bekam ich einen Schwächeanfall; sie war zur Stelle, holte den Doktor und
vertrat mich in der Schankstube. Als ich später nachsah, fehlte nichts – du
weißt, dass ich niemandem traue, und Engländern schon gar nicht.“
„Aber
das ist dummes Zeug, John. Ewan MacLaughlins Frau ist doch auch Engländerin ...
und glaube mir, sie hasst die Sasannach genauso sehr wie jeder andere
gebürtige Schotte.“
Die
beiden Männer wechselten einen Blick. Auch John hatte mittlerweile begriffen,
dass nicht alle Engländer arrogante und ignorante Schnösel waren.
„Du
hast recht“, sagte er schließlich und hob erneut den Bierhumpen an. „Brigid ist
tatsächlich eine ganz normale Frau ... bis auf ihre gelegentlichen Alpträume.“
Fragend
hob Robin die Brauen.
„Bisweilen
schreit und weint sie im Schlaf, fuchtelt um sich und gebärdet sich wie eine
Wilde. Manchmal ruft sie verzweifelt: ‚Rettet meine Kinder!’ Wenn sie dann
aufwacht, ist sie stets völlig schweißgebadet. Als ich sie einmal nach diesen
Kindern fragte, gab sie keine Antwort, sie wollte nicht darüber reden.“ John
schüttelte nachdenklich den Kopf. „Merkwürdig, denn ich weiß ganz genau, dass
die Ehe mit dem Torfstecher kinderlos blieb.“
Robin
dachte nicht weiter darüber nach. Wenn Brigid irgendwelche Geheimnisse vor
ihrem Mann hatte, so ging es ihn selbst nichts an. Mehr Sorgen machte er sich
um den Gesundheitszustand seines alten Freundes, dessen Lippen einen bläulichen
Ton hatten.
„Du
solltest dich zur Ruhe setzen“, schlug Robin vor. „Stell noch eine Schankmaid
ein, Brigid wird ein Auge darauf haben.“
Davon
wollte John jedoch nichts wissen. „Nein, das könnte ich nicht. Was soll ich
oben in meinem Bett, wenn sich hier das Leben abspielt.“ Er fuhr sich flüchtig
mit der Zunge über die bläulich verfärbten Lippen. „Wenn ich tot umkippe, soll
das hier in der Schankstube geschehen und nicht einsam in meinem Kämmerlein.“
„Da
könnt Ihr so viel reden, wie Ihr wollt, Mr Lamont.“ Brigid trat mit zwei gut
gefüllten Steinguttellern an den Tisch. „John hört auf niemanden, und wenn man
es noch so gut mit ihm meint.“ Noch bevor Robin reagieren konnte, nahm sie die
leeren Bierhumpen an sich, um sie ereut zu füllen.
John
beugte sich leicht vor und flüsterte augenzwinkernd: „Sie kann ein richtiger
Drachen sein, aber ich liebe sie trotzdem.“
„Sie
hat nur dein Wohl im Sinne, glaube mir.“
„Aye,
und deshalb greife ordentlich zu. Keine andere Frau versteht es besser als mein
Weib, Hammelkeulen zuzubereiten.“
Und
Robin griff herzhaft zu. Sein Freund hatte nicht übertrieben – Brigids
Kochkünste stellten sogar die des Burgkochs Ogur in den Schatten.
*
Bis
spät in die Nacht hinein saßen die beiden Männer zusammen. Brigid hatte die
letzten Gäste aus der Schankstube gescheucht und ging zu Bett, nachdem sie
Robins Schlafkammer hergerichtet hatte.
Robin
musste viel über Glenbharr Castle und seine Bewohner erzählen, und das tat er
voller Inbrunst. Leises Heimweh beschlich ihn dabei; er vermisste den oft
gutmütig brummenden Laird ebenso wie die lebenslustige Joan, den stets gut
gelaunten Ewan und Dòmhnalls entzückende Enkelkinder, als wären sie ein Teil
seiner eigener Familie. Auch Marions helles Lachen fehlte ihm; mit ihr verband
ihn eine ganz besondere Freundschaft. Sie war ihm vertrauensvoll in ein anderes
Jahrhundert gefolgt, obwohl sie nicht recht an Zeitreisen geglaubt hatte.
„Ich
hoffe, du bleibst etwas länger in Inverness“, sagte John weit nach Mitternacht,
während er sich leicht schwankend erhob. „Es ist schön, sich mal nicht nur mit
betrunkenen Gästen zu unterhalten.“
Robin
stützte ihn und führte ihn sicher die schmale Stiege hinauf. „Eine Woche
mindestens. Vorher habe ich allerdings noch für die Frauen von Glenbharr Castle
eine ellenlange Einkaufsliste abzuarbeiten. Ich weiß gar nicht, wo ich all das
Zeugs herbekommen soll.“
John,
nicht mehr ganz nüchtern, kicherte verhalten. „Lass dich doch von Brigid
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